Liquidationen: Beschiss mit teuren Teppichen
Kein Abend wie jeder andere in Grindelwald, denn heute hält der Geldadel Einzug im Dorf – am Teppichverkauf im Kongresszentrum. Die Veranstalter werben mit Kontakten zu weltberühmten Sammlern: zu den Rockefellers, steinreiche Industrielle aus Amerika, zu Henry Ford, Begründer der US-Auto-Werke oder Sir Ernest Oppenheimer, Patron der Diamanten-Dynastie De Beers.
Enttäuscht reagiert
Edle, alte Teppiche im Kongresssaal von Grindelwald? Schwer zu glauben – auch für Bruno Meier, Präsident der Interessengemeinschaft Orientteppich (Igot). Der Branchenvertreter stört sich seit Jahren an Inseraten mit solch vollmundigen Ankündigungen. Bruno Meier: «Auf dem Sekretariat haben wir regelmässig Konsumenten, die sich melden wegen solchen Inseraten. Sie sind an diesen Anlässen gewesen und sind vielfach enttäuscht, weil nicht gehalten wurde, was versprochen worden war.»
Ein Inserat, das kürzlich in verschiedenen Zeitungen erschienen ist, wirbt beispielsweise für Liquidationen in Schaffhausen, Bern oder Grindelwald. Immer der gleiche Text: kostbare Teppiche für Kenner, eine erstaunliche Sammlung. Aufgebaut dank Kontakten zu den Rockefellers, der Familie Henry Ford, oder Sir Ernest Oppenheimer. Nur zwei Tage lang erhältlich. Als Liquidator tritt immer wieder dieselbe Firma auf: AMSF mit Sitz in Zug.
In Grindelwald prüft «Kassensturz» die vollmundig angepriesenen Teppiche. Das Interesse hält sich in Grenzen. Besucher wundern sich: Die Firma gibt unglaublich grosse Rabatte auf die angeschriebenen Preise. Der Sachverständige Bruno Meier besuchte den Verkauf am Nachmittag anonym. Auch ihm ist aufgefallen, dass die Preise auf den Etiketten überhöht sind. Die Teppiche, die AMSF zu angeblichen Liquidationspreisen verkauft, sind gar nicht billiger als im Detailhandel. «Ich bin enttäuscht. Es hat einige schöne, alte Teppiche darunter, aber die Mehrheit der Teppiche sind neue Teppiche, die man in jedem Detailgeschäft bekommt.»
Kein Kommentar
Wir konfrontieren die Verkäufer mit dieser Einschätzung der Experten. Doch die Verantwortlichen weisen «Kassensturz» aus der Halle und verweigern jede Stellungnahme. Zuständig sei die Geschäftsstelle des Liquidators AMSF in Zug. AMSF führt Kunden mit ihren Inseraten und mit angeblichen Schnäppchen in die Irre. Doch die Verantwortlichen schweigen. Der Geschäftsführer von AMSF reagiert nicht auf Telefonate und Briefe der Redaktion. AMSF sagte bisher weder den Berner Behörden noch «Kassensturz, welches Betreibungsamt sie mit der Liquidation beauftragt hat.
Bruno Meier rät den Konsumenten, den Teppichkauf nicht zu überhasten und genau hinzusehen: «Nehmen sie den Teppich nach Hause, schauen sie auch einmal am Abend im indirekten Licht, wie er aussieht und bedingen sie sich ein Rückgaberecht aus.»