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Konsum Quälerei für Pferdefleisch: Branche beschönigt Zustände

Pferdefleisch könne problemlos verkauft werden, behauptet der grösste Importeur. Eigene Kontrolleure hätten in den Schlachtbetrieben einwandfreie Zustände vorgefunden. Die Tierschützer sind skeptisch.

Es sind qualvolle Bilder: Kranke und sterbende Pferde erhalten keine medizinische Hilfe. Arbeiter schlagen Tiere und transportieren sie tagelang ohne Wasser auf engstem Raum. «Kassensturz» berichtete im Februar über die Recherchen des Tierschutzbundes Zürich. Die Zustände im Pferdehandel in Kanada, Mexiko und Argentinien haben die Konsumenten und die Fleischbranche aufgeschreckt. Daraufhin nahmen mehrere Detailhändler Pferdefleisch aus den Regalen.

Importeur zweifelt an den Recherchen

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Doch der Verkaufsstopp dauerte nicht lange: Aldi und Denner führen nun wieder Pferdefleisch aus den umstrittenen Ländern im Angebot – und verweisen auf einen Brief von GVFI International, dem Schweizer Hauptimporteur für Pferdefleisch. Man habe die Partner vor Ort kontrolliert, schreibt GVFI an ihre Kunden und Aktionäre. Es seien dort weder Tiere geschlagen noch sonst wie misshandelt worden. Zudem handle es sich um veraltete und aus dem Internet zusammengeschnittene Bilder. Der Importeur zieht die Recherchen des Tierschutzbundes Zürich in Zweifel – zu Unrecht.

Marktführer räumt Fehler ein

Tierschützerin Sabrina Gurtner war in den USA und in Kanada selbst vor Ort und hat viele der Videos selbst gefilmt. «Unser Bildmaterial ist nicht älter als ein Jahr und selber recherchiert. Wenn man Bildmaterial von uns im Internet findet, dann weil wir das selber ins Internet gestellt haben.» Auf den Brief angesprochen räumt die GVFI gegenüber «Kassensturz» Fehler ein. Man habe fälschlicherweise angenommen, dass es sich um altes und zusammengeschnittenes Bildmaterial handle. Weiterhin aber betont GVFI, die gezeigten Tierquälereien hätten nichts mit ihrer Lieferkette zu tun.

Kontrollen sind angekündigt

Sabrina Gurtner steht den angemeldeten Kontrollen der Fleischbranche skeptisch gegenüber. Angekündigte Audits seien nicht objektiv, sagt sie. Zudem legt der Tierschutzbund aktuelle Bilder vor, die Verstösse im Pferdehandel in Übersee belegen. Viele Tiere, die in Mexiko oder in Kanada geschlachtet werden, stammen ursprünglich aus den USA. Dort haben Tierschützer jüngst Misshandlungen an Auktionen in Ohio und Tennessee gefilmt. Solange die Tierschutzvorschriften in diesen Ländern unter dem europäischen oder Schweizer Standard liegen, soll die Branche auf Pferdefleischimport verzichten, fordert der Tierschutzbund Zürich.

Migros im Gespräch mit Lieferanten

Daran halten sich etwa Coop und Lidl. Coop verkauft kein Pferdefleisch mehr aus Übersee, Lidl verbannte das gesamte Angebot aus dem Sortiment. Migros hingegen hat den Verkauf von kanadischem Pferdefleisch nie gestoppt, obwohl der Grossverteiler sein Fleisch vom Schlachthof Bouvry in Kanada bezieht, auf dem die Tierschützer grobe Verstösse dokumentierten. Man stehe seit dem «Kassensturz»-Bericht in intensiven Gesprächen mit den Verantwortlichen und habe Massnahmen, wie etwa bauliche Anpassungen, gefordert, heisst es bei Migros.

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