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Konsum Skrupellos: Gänse für Daunen qualvoll gerupft

Detailhändler und Bettwarenfabrikanten versprechen: Die Federn in Daunen-Duvets stammen von toten Gänsen. Doch im Ausland ist das Rupfen von lebendigen Gänsen nach wie vor verbreitet. «Kassensturz» deckt auf: Ikea verkauft in der Schweiz Daunenduvets von qualvoll gerupften Gänsen.

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Ihr Federkleid ist begehrt: es ist leicht, absorbiert Feuchtigkeit und wärmt. Beim Schlachten wird das Gefieder meist maschinell gerupft. Doch Gänse liefern auch lebend alle paar Wochen Daunen: dann, wenn sie mausern und ihr Federkleid erneuern.

Einfach ausgerissen

Der Tierschutzausschuss-Vorsitzende der deutschen Bundestierärztekammer Karl Fikuart hat sich ausgiebig mit der Daunengewinnung befasst. Während der Mauserzeit belastet es die Tiere nicht, wenn ihre reifen Federn geerntet werden. «Man streift dann nur mit den Händen die reifen Federn ab», sagt Fikuart.

Daunen und Federn von Gänsen und Enten wärmen uns in Bettwaren, Jacken und Schlafsäcken. Schätzungsweise 300'000 Daunenduvets und 550'000 -kissen wurden in der Schweiz im letzten Jahr verkauft. In einer Decke stecken Daunen von rund 50 Tieren. Nicht auf allen Produkten ist deklariert, ob die Daunen von toten Tieren stammen, aus sogenanntem Totrupf. «Kassensturz» gegenüber schreiben alle angefragten Detailhändler, sie würden ausschliesslich Daunen aus Totrupf verwenden.

Verdeckte Aufnahmen auf einer Gänsefarm in der Gegend von Kiskunmajsa in Ungarn belegen, Bauern halten dort Herden mit tausenden von Gänsen für die Fleischproduktion. Bis zu vier Mal während des Sommers verdienen viele Betriebe zusätzlich Geld – mit dem Lebendrupf von Daunen. Und zwar auch dann, wenn die Gänse gar nicht in der Mauser sind. Ihre Federn werden einfach ausgerissen.

Leid und Schmerzen

Das hat Markus Müller von der Tierschutzorganisation Vier Pfoten beobachtet. Er hat sich im letzten August verdeckt einer Rupfertruppe angeschlossen und sie beim Akkordrupfen gefilmt. Was er dort gesehen habe, sei der Alltag bei der ungarischen Gänseproduktion. «Da kommt eine Truppe von 20 Leuten mit dem Autobus, die quer durch die Puszta fahren und nichts anderes machen, als mit Gewalt die Federn und Daunen auszureissen», sagt Müller.

Diese Art von Lebendrupf ist faktisch überall in Europa verboten. Mit gutem Grund: «Lebendrupf ist Tierquälerei, weil die Tiere ohne Rücksicht auf den Reifungszustand der Federn oder Daunen zum Rupf hergenommen werden und so in grossem Umfang Verletzungen, Blutungen und damit Leid und Schmerzen entstehen», sagt Tierarzt Karl Fikuart.

Verletzte Tiere verarzten die Rupfer selbst, sagt die Chefin der Rupfertruppe: «Wenn die Beine ausgerenkt werden, renke ich sie regelmässig wieder ein. Wenn die Flügel zufällig brechen, binde ich sie hoch. Wir können also jede Behandlung selber durchführen.»

Mehrfache Nutzung

Dass einige Tiere dabei verenden, nimmt die Gänsefarm in Kauf. In Ungarn und Polen habe der Lebendrupf Tradition. Tierarzt Fikuart: «Leider ist es als gesichert anzusehen, dass der Lebendrupf verbreitet ist. Und zwar, weil auf diese Art und Weise die Gans mehrfach genutzt werden kann.»

Schweizer Bettwarenfabriken verarbeiten Federn und Daunen aus fast allen Produktionsländern: aus Polen, Deutschland, Ungarn, China oder Frankreich. Nur an der Rohware kann der Fachmann erkennen, ob die Gänse lebend oder tot gerupft wurden. Wenn die Daunen bearbeitet, gewaschen und sortiert sind, lässt sich das nicht mehr feststellen.

Seit 1996 verpflichtet sich der Verband der Schweizer Bettwarenfabrikanten, ausschliesslich Totrupfware zu verarbeiten, um jegliche Vermischung von legalem Mauser und tierquälerisch durchgeführtem Lebendrupf in seinen Produkten zu verhindern. Paul Konrad, Präsident des Bettwarenfabrikantenverbandes, ist überzeugt, dass die Mitglieder nur Daunen aus Totrupf einkaufen.

Lebendrupfware mache einen sehr geringen Marktanteil aus. Und die angelieferte Rohware werde regelmässig kontrolliert. Ein Lebendrupf werde nicht beigemischt, das gehe betriebswirtschaftlich gar nicht auf: «Weil ein Lebendrupf, sprich ein Mauserrupf, viel teurer ist als ein Totrupf», sagt Paul Konrad.

Lebendrupf zugegeben

Das Problem: Auch Daunen aus Totrupf können von Gänsen stammen, die zuvor bereits mehrmals lebend gerupft worden sind. Eine Garantie für ein artgerechtes Leben der Gänse vor der Schlachtung könne niemand geben, sagt der Verband. Paul Konrad räumt allerdings ein: «Was wir nicht nachvollziehen können, ist, wie das Tier gelebt hat. Auch Tierärzte bestätigen mir, dass das nicht nachvollziehbar ist.»

Auch Ikea hat ihren Kunden garantiert, dass sie für ihre Gänsedaunenprodukte nur Totrupfware verwenden würde – hergestellt in China. Die Geflügelindustrie in China ist gigantisch. Sie beliefert fast die Hälfte des Weltmarktes mit Daunen und exportiert über Zwischenhändler auch in die Schweiz.

Reporter des schwedischen Fernsehens TV4 haben bei Chongqing mit versteckter Kamera einen Daunenproduzenten getroffen, der eine Ikea-Bettwarenfabrik in China beliefert. Er gibt zu, seine Gänse lebendig zu rupfen. Weitere 8000 Gänsefarmen würden seiner Fabrik Daunen liefern, darunter auch Lebendrupf.

Unabhängige Kontrollen

Der Möbelkonzern ging den Vorwürfen nach und musste zugeben, dass für seine Daunenduvets auch Lebendrupfware verarbeitet wird. Ikea handelte sofort: Sie entfernte bei allen Gänsedaunenprodukten die Deklaration Totrupf. Tierquälerei akzeptiere der Möbelkonzern nicht. «Wir haben das in unseren Verträgen mit unseren Lieferanten explizit vermerkt», sagt Sonja Blöchlinger von Ikea. Nach dem Interview mit «Kassensturz» hat Ikea entschieden, künftig ganz auf Gänsedaunenbettwaren zu verzichten.

Der Schweizer Bettwarenfabrikantenverband ist nach wie vor davon überzeugt, dass seine Produkte keinerlei Lebendrupfware enthalten. Trotzdem haben die Verbandsmitglieder nun auf Grund der «Kassensturz»-Recherchen beschlossen, unabhängige Kontrollen einzuführen.

Der Verband schreibt: «Wir verstehen das wachsende Bedürfnis nach der Rückverfolgbarkeit von Produkten. Der Verband hat daher beschlossen, ein unabhängiges Kontroll- und Rückverfolgbarkeitssystem für Gänsefedern und -Daunen aufzubauen von der Schlachterei bis zum fertigen Endprodukt.»

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