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Konsum Waffengesetz: Justiz verfolgt junge Frau wegen einer Handyhülle

Eine Handyhülle ist mittlerweile für viele auch zum Mode-Accessoire geworden. Je auffälliger, desto besser. Aber Vorsicht: Wenn die das Accessoire zu auffällig ist, kann sie gegen das Waffengesetz verstossen. «Espresso» über eine eine Rechtsposse aus dem Kanton Schaffhausen.

Eine junge lächelnde Frau mit einem Handy in Schlagringhülle in der Hand.
Legende: Popsängerin und Stil-Ikone Rhianna mit der besonderen Handyhülle. ebay

Eine extravagante Handyhülle ist heutzutage für manche ein modisches Muss. Viele Prominente, wie zum Beispiel die amerikanische Pop-Sängerin Rhianna haben eine und lassen sich gerne damit fotografieren. Und da sie als Stil-Ikone gilt, wollen ihr viele junge Frauen nacheifern.

Auch Sophie S. aus dem Klettgau fand: «Eine solche Rhianna-Hülle muss ich haben!» Ihre Mutter kann auch nachvollziehen, warum: «Sie dachte einfach, es sei ein cooles, witziges Accessoire und gleichzeitig sei das Handy versorgt.» Im Internet wurde Sophie schnell fündig und bestellte. Das war 2013. Bis heute hat sie das Handy-Accessoire aber nicht erhalten. Dafür flatterte eine Vorladung der Polizei ins Haus. Wegen Verstoss gegen das Waffengesetz. Sophie S. und Ihre Mutter waren wie vor den Kopf gestossen, hatten keine Ahnung, was die junge Frau gemacht haben soll. Die Mutter erinnerte sich: «Wir fragten bei der Polizei nach und dort hiess es, es ginge um eine Handyhülle, die aussieht wie ein Schlagring.»

«Sie hätte hellhörig werden sollen»

Was ist eine Waffe? Was nicht?

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Je nach Umständen kann ein Hammer oder eine Axt gegen das Waffengesetz verstossen. Es drohen eine Geld- oder Freiheitsstrafe und ein Eintrag im Strafregister. Erfahren Sie hier , wie das Waffengesetz Gegenstände klassiert.

Nun war klar: Es geht um die Handyhülle, die Sophie S. vor zwei Jahren bestellt, aber nie erhalten hat. Die Handyhülle besteht aus einem Rahmen, der das Smartphone schützen soll. Auf der linken Seite ist ein Griff angebracht. Dieser sieht aus wie ein Schlagring. Die gesamte Hülle inkl. Griff ist aus einfachem Plastik. Trotzdem: Für die Polizei ist das Handy-Accessoire eine Waffe. Und auch wenn Sophie S. die Hülle gar nie erhalten hat, muss sie zum Verhör. Die Akte liegt nun bei der Staatsanwaltschaft Schaffhausen, die über den Fall zu entscheiden hat. Sophie S. und ihre Mutter können das bis heute nicht verstehen. Sie habe sich wirklich nichts Böses dabei gedacht, fand die Hülle einfach nur cool. Die zuständige Staatsanwältin Monika Jehli sagt dem Konsumentenmagazin «Espresso» von Radio SRF 1, das könne durchaus sein, doch: «Unwissen schützt nicht vor Strafe. Und der Artikel ist klar mit Schlagring-Handyhülle gekennzeichnet. Da hätte man hellhörig werden und sich erkundigen sollen.»

Erkundigen kann man sich im Waffengesetz Artikel 4. Dort heisst es, Geräte, die dazu bestimmt sind, Menschen zu verletzen, gelten als Waffe. Namentlich erwähnt sind auch die Schlagringe.

Handyhülle mit Schlagring in einer Verpackung mit einem untrainierten Mann, der in kurzen Hosen eine Pose macht.
Legende: Ein Beispiel für eine solche Handyhülle: Die Verpackung deutet nicht wirklich auf etwas gefährliches hin. SRF

Trotzdem: Sophie’s Mutter findet das bei dieser Handyhülle aus Plastik übertrieben. Nur schon mit ganz normalen Haushaltsgegenständen könne man schliesslich viel Schlimmeres anstellen: «Dann müsste man ja Sackmesser oder Küchenmesser ebenfalls verbieten», meint sie.

«Ein Küchenmesser ist viel gefährlicher»

Doch hier unterscheidet das Gesetz klar zwischen eindeutigen Waffen und Gegenständen vom täglichen Gebrauch. Martin Killias, Professor für Strafrecht, erklärt es so: «Ein Schlagring ist jetzt nicht etwas, das man zum Brot abschneiden verwendet, ohne ein Küchenmesser hingegen können Sie Brot nicht zerschneiden.» Er kann deshalb nachvollziehen, dass die Polizei die Handyhülle, die Sophie S. bestellt hat, als Waffe betrachtet. Gerade auch, weil Schlagringe gefährliche Waffen seien und in der Gewaltszene eine verheerende Rolle spielen würden. Doch er sieht auch Sophies Seite: «Umgekehrt finde ich es aber nicht sinnvoll, wenn Leute verfolgt werden, die offensichtlich keinerlei Bezug zur Gewaltszene haben. Das ist vermutlich in den meisten Fällen ein Overkill, also übertrieben.»

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Die Staatsanwaltschaft sagt aber, sobald es um Waffendelikte gehe, müsse sie dies von Amtes wegen verfolgen. Immerhin: Weil Sophie S. die Hülle nie erhalten hat, könnte es sich deshalb nur um einen Versuch einer Straftat handeln. Dies würde sich dann auf die Höhe der Strafe auswirken.

Laut Staatsanwältin Monika Jehli kann im schlimmsten Fall eine Geldstrafe und eine Busse von 200 Franken auf Sophie S. zukommen. Und: Ein Eintrag ins Strafregister. Doch es bestehe durchaus auch die Möglichkeit, dass das Verfahren eingestellt wird und die junge Frau ganz ohne Strafe davonkomme. Nämlich dann, wenn man ihr glaubt, dass sie keine böse Absichten hatte.

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