Im Sportfachgeschäft Pais-Sport in einem Industriegebiet im Osten von St. Gallen steht seit ein paar Monaten ein Touchscreen-Bildschirm. Hier können sich Kunden beim Warten darüber informieren, welches Modell für sie geeignet wäre. Dabei handelt es sich jedoch eher um eine Spielerei.
Grösseres Sortiment dank Anbindung an das Lager des Herstellers
Der Kernpunkt des Systems ist laut Pais-Sport-Geschäftsführer Patrick Sparr der direkte Zugriff auf das komplette Lager von Lowa Schweiz. Ein Beispiel: Im Sportgeschäft hat es ein Modell nur in Schwarz, der Kunde möchte die Schuhe jedoch in Gelb. Zusammen mit dem Verkäufer kann der Kunde das entsprechende Modell direkt am Bildschirm bestellen. Wahlweise wird der Schuh bis am nächsten Tag ins Geschäft geliefert, wo er nochmals anprobiert werden kann, oder er wird direkt zum Kunden heimgeliefert.
«Der Kunde hat nach wie vor die Beratung durch uns, wir können ihm so jedoch ein viel grösseres Sortiment anbieten», hebt Patrick Sparr den Vorteil der Verknüpfung von Laden- und Online-Geschäft hervor. Zwar sei das System schon einige Wochen in Betrieb, ob es sich so richtig bewährt, zeige nun aber erst der Frühling, wenn die Wandersaison langsam losgehe.
Massnahme gegen die Konkurrenz des reinen Online-Handels
Die Idee zum System hatte René Urfer, der Geschäftsführer von Lowa Schweiz. Ihm wurde vor zwei Jahren bewusst, dass für die Zukunft seines Unternehmens ein solches Tool nötig ist. Im Gegensatz zum stationären Händler führen Online-Shops meist die ganze Kollektion eines Herstellers. Die Gefahr: Kunden lassen sich im Geschäft beraten, wenn die gewünschte Farbe oder Grösse nicht sofort verfügbar ist, bestellen sie nach dem Besuch im Laden die Schuhe einfach im Netz.
Mit dem neuen System soll den Kunden diese Möglichkeit bereits im Laden gegeben werden. Den Kunden dort das volle Sortiment anzubieten, ist der wichtigste Aspekt des Systems, erklärt auch Mitentwickler Patrick Minder von der IT-Firma Mons. In Zusammenarbeit mit der Swisscom hat Patrick Minder im Auftrag der Lowa Schweiz die Technik entwickelt.
Technologie kann den Mensch nicht ersetzen
Service:
Trotz Touchscreen-Bildschirm und direkter Verbindung mit dem Lager von Lowa Schweiz – Patrick Minder streicht den Faktor Mensch heraus: «Es ist ein Irrglaube, Technologie könne den Menschen ersetzen. Die Technik soll lediglich den Fachhändler beim Verkauf und beim Beratungsgespräch unterstützen.»
Die Wichtigkeit des persönlichen Kontakts für inhabergeführte Läden betonen auch Detailhandels- und Marketingexperten im Gespräch mit «Espresso». Dieser Kontakt sei im Gegensatz etwa zu grossen Ketten die Stärke des Einzelhandels und dürfe auf keine Fall wegen Computern oder Tablets vernachlässigt werden. Andreas Lucco von der Zürcherischen Hochschule für angewandte Wissenschaften (ZHAW) lobt grundsätzlich die Bemühungen des Wanderschuhherstellers.
Der Kunde muss einen spürbaren Mehrwert haben
Link:
Die Verknüpfung des Online-Handels mit dem Verkauf im Laden sei die Zukunft. Dabei sei alles gefragt, was den Einkauf für die Kunden erleichtere. Dies zeigt auch das Beispiel von Ex Libris, die Kunden Bücher oder DVDs online bestellen und sie nachher im Laden abholen lassen (Siehe Link). Dies sei ein echter Mehrwert für den Kunden. Einen Mehrwert, den Andreas Lucco beim System der Lowa noch etwas vermisst.
Es sei jedoch der richtige Ansatz für den Detailhandel, sich bereits jetzt grundsätzliche Gedanken zur Verknüpfung von Laden- und Onlinegeschäft zu machen. Wer nicht jetzt damit experimentiere und Erfahrungen sammle, könne sich für die Zukunft einen wichtigen Vorteil erarbeiten.