Schweizer Gemeinden und Städte können «Energiestadt», «Gesundheitsstadt» oder «Grünstadt» werden – und nun eben auch «Fair Trade Town». Wenn sich aber nicht einmal eine Handvoll Gemeinden dafür bewerben, scheint diese Auszeichnung unnötig zu sein.
Die Kampagnenleiterin Toya Krummenacher von der Organisation Swiss Fair Trade sieht dies anders: «Das darf man nicht so verstehen. Einerseits läuft die Kampagne noch nicht sehr lange. Andererseits dauere es eben rund ein Jahr bis ein Gemeinderat oder ein Parlament einen entsprechenden Vorstoss behandle.»
Wenige Produkte reichen für die Auszeichnung
Denn um sich als «Fair Trade Town» zu bewerben, schreiben die Initianten einen offiziellen Behördenbeschluss vor. Weitere Bedingungen sind, dass die Gemeinde eine Arbeitsgruppe zum Thema einsetzt, welche mindestens einen Anlass pro Jahr zu «Fair Trade» organisiert.
Zudem müssen die Gemeindeverwaltung, aber auch ein bestimmter Anteil der Läden, Restaurants und Institutionen der Gemeinde rund drei Fair-Trade-Produkte anbieten oder verwenden, beispielsweise Kaffee.
Etwas wenig, um sich gleich «Fair Trade Town» nennen zu dürfen? «In einem ersten Schritt mag dies nach wenig aussehen», meint Toya Krummenacher, «aber der Sinn ist, dass in einem ersten Schritt der Dialog und das Bewusstsein der Bevölkerung gefördert werden.»
Deshalb der relativ niederschwellige Einstieg für einzelne Betriebe. Ein unschöner Nebeneffekt davon kann sein, dass auf der Gemeindeverwaltung zwar fair gehandelter Kaffee getrunken wird, die Kinder im Schulturnen aber trotzdem mit Fussbällen aus Kinderarbeit spielen.
Gemeinden machen Werbung für Fair-Trade-Produkte
In erster Linie will Swiss Fair Trade mit der Kampagne erreichen, dass mehr über fair gehandelte Produkte geredet wird. Dafür verpflichten sich die ausgezeichneten Gemeinden, mehrmals jährlich Bevölkerung und Medien über ihre Aktivitäten und Fortschritte in diesem Bereich zu informieren. Die Initianten erhalten durch die Gemeinden also eine regelmässige Werbeplattform für Fair-Trade-Produkte.
Einige Gemeinden wollen sich wegen des Aufwands nicht als «Fair Trade Town» bewerben. So zum Beispiel die Stadt Winterthur, welche wegen der schlechten Finanzlage darauf verzichtete. Toya Krummenacher entgegnet: «Die Mehrausgaben halten sich in Grenzen. Man muss keine Angst haben, dass diese ein Budget sprengen.»
Dies bestätigt Martin Laupper, Gemeindepräsident von Glarus Nord, einer der bisher vier Gemeinden, die sich offiziell um die Auszeichnung bemühen. Der bisherige Aufwand sei bescheiden. Er sehe nicht ein, weshalb sich eine Gemeinde deshalb nicht bewerben sollte: «Es ist heute an der Zeit, dass man insbesondere auch als öffentliche Hand bestimmte Signale geben soll.»
Also, dass man die Bürger motiviere, fair gehandelte Produkte zu kaufen. So könnten sie die Arbeitsbedingungen in anderen Ländern verbessern.
Trotz magerem Echo: unverändertes Ziel
Das bisher eher geringe Echo auf «Fair Trade Town» lässt Kampagnenleiterin Toya Krummenacher nicht resignieren. Noch in diesem Jahr würden erste Gemeinden die Auszeichnung erhalten. Es bleibe das Ziel von Swiss Fair Trade, dass bis in drei Jahren 55 Schweizer Städte und Gemeinden den Titel tragen würden. Und später liesse sich die Auszeichnung auch erweitern: auf Fair-Trade-Kantone, Fair-Trade-Regionen und Fair-Trade-Schulen.