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Konsum Werbelüge: So schwindelt die Nahrungsindustrie

Der Mangosaft enthält vor allem Traubensaft und die Portion Milch im Pausensnack ist nichts Weiteres als eine magere Dosis Milchpulver: Nahrungsmittelhersteller tragen auf den Verpackungen dick auf. Doch was drauf steht, muss auch drin sein. «Kassensturz» zeigt besonders dreiste Werbelügen.

So etwa das Erdbeer-Joghurt aus der Coop-Kinderlinie «Jamadu». Leuchtend rot prangen die Erdbeeren auf dem Becher. Tatsächlich finden sich im Joghurt aber keine Erdbeeren, sondern lediglich 0,8 Prozent Erdbeerkonzentrat. Das erfährt der Kunde aber erst, wenn er das Kleingedruckte in der Deklaration durchliest. Ein ähnliches Beispiel: «Fantastic Cherry», ein Kirschentee der Migros. Trotz den vielen Kirschen auf der Packung enthält der Tee effektiv keine Kirschfrüchte, nur Kirschenstiele. Der Geschmack kommt von Aromen.

An der Nase herumgeführt werden Konsumentinnen und Konsumenten auch von den «Vinegar Chips» von Zweifel. Nebst der englischen Bezeichnung wird der Essig-Geschmack auf der Packung zusätzlich mit einer Essigflasche dargestellt. Tatsächlich sind die Kartoffel-Chips nie mit flüssigem Essig in Berührung gekommen. Der Essig-Geschmack kommt vom Zusatzstoff E262 (Natriumacetat), einer Art Essig in Pulverform.

Konsumentinnen und Konsumenten fühlen sich von solchen Beispielen in die Irre geführt. «Wenn etwas auf der Packung abgebildet ist, sollte es auch im Produkt drin sein», lautet der Tenor.

Regeln gelockert

Erstaunlich: Vom Gesetz her sind solche «Mogelpackungen» erlaubt. Es gibt zwar das sogenannte Täuschungsverbot. Dieses besagt, dass «Anpreisung, Aufmachung und Verpackung der Lebensmittel Konsumenten nicht täuschen dürfen». Nur: Wenn die Text-Deklaration stimme, würden die Käufer nicht getäuscht. Dies sagt etwa Rolf Etter, Zürcher Kantonschemiker. Er und seine Kollegen sind für die Einhaltung des Täuschungsverbotes bei Lebensmitteln verantwortlich.

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Zwar sind die Text-Deklarationen in den letzten Jahren ausführlicher geworden. Konsumenten finden also mehr Informationen als noch vor einigen Jahren. Gleichzeitig wurden die Regeln bei den Abbildungen aber gelockert. So hat der Bund letztes Jahr das Gesetz der EU angepasst und Artikel 34 der Kennzeichnungsverordnung gestrichen. Damit dürfen bei einem Produkt auch Erdbeeren oder Aprikosen auf der Etikette abgebildet sein, wenn der Geschmack allein von Aromen stammt. Früher waren Frucht-Abbildungen nur erlaubt, wenn der Geschmack auch tatsächlich und überwiegend von den Früchten stammte.

Gar nicht möglich

Die von «Kassensturz» kritisierten Hersteller sagen, ihre Verpackungen seien nicht täuschend. Zweifel wendet ein, es sei herstellungstechnisch gar nicht möglich, mit richtigem, flüssigen Essig zu produzieren. Auch Ferrero, Hersteller der Kinder Riegel, verteidigt sich: Mit der Extra-Portion Milch wolle man sagen, dass der Riegel vergleichsweise viel Milch enthalte. «Dies bedeutet selbstverständlich nicht, dass mit Kinder Riegel ein Glas Milch ersetzt werden soll.» Und Coop sagt zu «Jamadu»: Das Rezept habe eine Kinderjury ausgewählt. Die Kinder hätten keine ganzen Erdbeerstücke gewollt, sondern ein Joghurt mit tiefem Erdbeeranteil.

Es gilt also: Wenn die Deklaration korrekt ist, sind den Herstellern bei den Abbildungen kaum Grenzen gesetzt. Wer wissen will, was tatsächlich im Produkt ist, muss die Deklaration lesen.

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