Es passierte auf der Fahrt im ICE von Wil nach Lausanne: Beim Aussteigen in Winterthur vergass der Medizinstudent seine Lederjacke. Sobald er das Malheur wenige Minuten später realisierte, zückte er sein Smartphone und rief auf die Service-Hotline der SBB an, für 1.19 Franken pro Minute. Er wollte den Verlust möglichst schnell melden, damit seine Jacke möglichst schnell in die richtigen Hände kommt. Rund elf Minuten später waren alle Angaben gemacht. Kostenpunkt des Anrufs: 13 Franken.
Suchauftrag: 50 Franken
Am Telefon wurde er dann darüber informiert, dass er einen Suchauftrag aufgeben kann. Für 50 Franken würden sich Angestellte der SBB um den Fall kümmern und das Zugpersonal informieren. Mit der Kreditkarte lasse sich die Rechnung sofort begleichen und der Suchauftrag würde sofort ausgeführt. Genau so machte es der «Espresso»-Hörer. Schliesslich die erlösende Nachricht: Die Lederjacke wurde gefunden.
Rückgabegebühr: 20 Franken
Nun konnte der junge Mann wählen, an welchen Bahnhof die gefundene Lederjacke transportiert werden sollte. Er wünschte, die Lederjacke in Wil abzuholen. Aber halt: Nun folgte noch die Rückgabegebühr. 20 Franken für Kunden ohne GA, Halbtax oder Streckenabo. Mit Halbtax oder Streckenabo beträgt die Gebühr 10 Franken, mit GA nur 5 Franken.
Dem Medizinstudenten reicht es. Er schreibt dem Konsumentenmagazin «Espresso » von Radio SRF 1. Die 50 Franken für den Suchauftrag könne er verstehen, aber: «Die zusätzlich erhobene Abholgebühr ist für mich willkürlich. Wäre eine derartige Gebühr nicht bereits in der üppig ausgelegten Grundgebühr enthalten?» Und weiter schreibt er: «Aus meiner Optik profitiert hier die SBB von der Notlage, in welcher man sich als Passagier befindet, und kassiert schamlos ab.»
Preisüberwacher: «Kulant wäre anders»
Ob eine solche Gebühr missbräuchlich ist oder nicht, entscheidet der Preisüberwacher Stefan Meierhans. Auf Anfrage von «Espresso» erklärt er, dass sich Kundinnen und Kunden auch bei ihm gemeldet hätten wegen der SBB-Gebühren im Zusammenhang mit Suchaufträgen. Die Erklärung der SBB hätte ihn zwar überzeugt, denn sie betreibe einen erheblichen Aufwand, allerdings findet auch er zur Rückgabegebühr: «Kulant wäre anders. Aus meiner Sicht gehört es schon zum Service dazu, dass ein Kunde rundum betreut wird. Auf der anderen Seite entstehen tatsächlich Kosten, gerade bei der Rückgabe.» Weil die Kunden eben auswählen könnten, an welchen Bahnhof sie ihren Gegenstand geschickt haben wollen.
SBB: «Fundservice ist bei weitem nicht kostendecken»
Die Medienstelle der SBB ist auf die Fragen von «Espresso» nach der Rückgabegebühr im Einzelnen nicht eingegangen, schreibt aber: «Der Fundservice ist eine Dienstleistung, welche die SBB ihren Kundinnen und Kunden anbietet, obwohl sie bei weitem nicht kostendeckend ist. Obwohl die ungedeckten Aufwände der SBB für die Fundsachenbewirtschaftung im mittleren sechsstelligen Bereich liegen, ist es uns wichtig, unseren Kundinnen und Kunden diesen Service anbieten zu können.»
SBB-Gebühren für Verlusmeldungen
Suchaufgabe: | |
Im Internet: | kostenlos |
Per Telefon (0900 300 300): | 1.19 Franken pro Minute |
Am Schalter: | 15 Franken |
Suche: | |
Pro Gegenstand: | 50 Franken |
Rückgabe: | |
Mit GA: | 5 Franken pro Gegenstand |
Mit Halbtax: | 10 Franken pro Gegenstand |
Mit persönlichem Strecken- oder Verbundsabo: | 10 Franken pro Gegenstand |
Ohne Abo: | 20 Franken pro Gegenstand |
Versand ins Ausland: | 50 Franken pro Gegenstand + Versandkosten |
Änderung des Abholbahnhofes: | 10 Franken pro Gegenstand |