Lukas Ruggle kann es nicht fassen: Sein Mac Book Pro hat Totalschaden erlitten. Nach dreieinhalb Jahren ist der Akku plötzlich aufgeplatzt und hat den Prozessor zerstört: «Ich liess das Gerät über Nacht offen liegen. Am nächsten Morgen kam dann der Schock: Der Akku hatte sich aufgebläht und die Schutzhülle gesprengt.»
Die Ursache für solche platzende Geräte sind die Lithium-Ionen-Akkus. Sie werden sowohl in Laptops als auch in Smartphones verwendet. Hersteller verharmlosen diese Vorfälle. Doch «Kassensturz»-Recherchen zeigen: Akkus platzen häufiger als angenommen. Bei der Redaktion meldeten sich in letzter Zeit mehrere Labtopbesitzer und Smartphone-Nutzer. Betroffen scheinen verschiedene Marken (siehe graue Box «Stellungnahmen»).
Drei bis vier platzende Handys pro Monat
Stellungnahmen:
Auch eine Umfrage bei unabhängigen Reparaturwerkstätten zeigt: Das Phänomen ist in der Branche bekannt. Die Pagevision AG mit Filialen in Zürich, Kloten und Basel sagt in der Sendung «Kassensturz»: «Drei bis vier Laptops mit aufgeblähtem Akku landen hier pro Monat auf dem Ladentisch.»
Ähnliches beobachtet auch das Reparaturzentrum Handydoktor an der Bahnhofsstrasse in Zürich. Auch hier müssen drei bis vier Smartphones pro Monat mit aufgeblähtem Akku repariert werden. Laut Geschäftsführerin Monica Lynn trifft es vor allem iPhones.
Samsung-Kunde verletzt sich
Aber auch Geräte anderer Anbieter sind betroffen, zum Beispiel Smartphones von Samsung: So sorgte ein Samsung Galaxy in La Chaux de Fonds letzten Sommer für Schlagzeilen: Der Akku ging in Flammen auf, die Besitzerin holte sich dabei Verbrennungen dritten Grades. «Kassensturz» ist jetzt ein weiterer Fall aus der Schweiz bekannt: Vor wenigen Wochen brannte der Akku eines Galaxy S4 während des Aufladens. Beim Versuch das Feuer mit dem Fuss zu löschen zog sich der Besitzer Brandverletzungen zu.
In beiden Fällen hat Samsung Schäden und Arztkosten übernommen. Solche Fälle würden sehr ernst genommen, schreibt Samsung «Kassensturz» und weiter: «Bei jenen seltenen Fällen, wo sich Batterien überhitzt hatten und von denen Samsung in Kenntnis gesetzt wurde, haben Untersuchungen ergeben, dass die Produkte entweder einen äusseren Schaden durch unsachgemässer Handhabung oder schlechte Wartung aufwiesen oder dass die Batterie von einer nicht Samsung autorisierten Drittpartei produziert wurde.»
Austauschaktion bei Samsung für Galaxy-Modell
Schuld sei also eine unsachgemässe Behandlung. Dennoch bestätigt Samsung gegenüber «Kassensturz» einen kostenlosen Austausch von Geräte-Akkus, zum Beispiel für Besitzer von Galaxy S4-Modellen mit aufgeblähten Batterien. Das Angebot gelte aber nur für Fälle, welche nicht durch unsachgemässe Handhabung entstanden seien, betont der Gerätehersteller.
Apple verweist stur auf Garantiedauer
Anders verhält sich der Hersteller Apple. In Internetforen finden sich zahlreiche Berichte über geplatzte Laptops. Mac-Book-Pro-Besitzer Lukas Ruggle ging darum davon aus, das Apple den Schaden ersetze. Zur grossen Enttäuschung des Lehrlings stellte sich Apple aber auf den Standpunkt, die Garantie für sein Gerät sei abgelaufen. Er müsse deshalb für den Schaden aufkommen: Der Kostenvoranschlag beläuft sich auf 971 Franken für Akku, Prozessor und Arbeit. «Ich finde das unfair, denn ich kann ja nichts dafür, dass die Akkus von Apple ausflippen», ärgert sich Lukas Ruggle.
Apple weist darauf hin, «dass wiederaufladbare Batterien trotz fortschrittlichster Technologie eine begrenzte Anzahl von Ladezyklen haben und irgendwann ausgetauscht und entsorgt werden müssen, und Apple für alle Produkte einen Batterie-Austauschservice anbietet.»
Akkus müssen sicherer werden
Marcel Held ist Batterieexperte bei der Eidgenössischen Forschungsanstalt Empa. Für den Empa-Forscher ist klar: Lithium-Ionen-Akkus müssen sicherer werden. Im neuen Hochsicherheits-Container der EMPA experimentiert er mit grossen Kalibern: Denn Lithium-Ionen Akkus werden immer grösser gebaut – zum Beispiel für den Einsatz in Hybrid- und Elektrofahrzeugen.
«Kassensturz» will vom Fachmann wissen: Wie gefährlich sind solche Akkus? «In elektronischen Geräten werden heute vorwiegend Lithium-Ionen-Akkus eingebaut. Im Normalfall können diese Energiespeicher sicher verwendet werden. Es ist aber möglich, dass solche Akkus Blähen oder Platzen und im Extremfall sogar in Brand geraten oder auch explodieren können», erklärt der Wissenschaftler gegenüber «Kassensturz».
Der Forscher betont aber: Solche extremen Vorfälle würden verhältnismässig selten vorkommen, wenn man berücksichtigt, dass Milliarden solcher Energiespeicher heute weltweit im Einsatz seien.
So funktioniert der «Thermal runaway»
Im Hochsicherheitscontainer der Empa zeigt Marcel Held, wie es zu einem solchen Blähen oder Platzen des Akkus kommen kann – im Fachjargon «thermal runaway» genannt. Vom Labor-Kontrollzentrum aus setzt der Wissenschaftler den Akku unter starke Spannung. Das Überladen lässt den Akku zunächst massiv aufblähen, bevor er mit einem lauten Knall explodiert und in Flammen aufgeht.
«Wir haben hier einen Extremfall simuliert», stellt Marcel Held klar: «Normalerweise verhindert die eingebaute Sicherheitselektronik in den Geräten eine solche Entwicklung.»
Allerdings stünden die Akkus in Handys und Laptops heute unter einer starken Dauerbelastung, da die Geräte immer kleiner und gleichzeitig immer leistungsfähiger würden. «So kann es gegen das Ende des Lebenszyklus eines solchen Akkus deshalb vorkommen, dass er sich sehr stark erhitzt und sich zu blähen beginnt.»