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Multimedia Achtung vor Fremdnetz-Fallen

Viele Handy-Abos bieten Gratis-Anrufen ins eigene Netz. Dumm nur, wenn Anrufer gar nicht merken, dass sie nicht im eigenen Netz telefonieren. Die Fernmelde-Dienst-Verordnung sieht dafür eigentlich einen Warnton vor dem Rufton vor. Anbieter aktivieren diesen aber nur auf Kundenwunsch.

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B. B. (Name der Redaktion bekannt) und sein Handy sind unzertrennlich. Wie die meisten Jugendlichen telefoniert der 13-jährige gern und viel. Gerade deshalb haben er und sein Vater sorgfältig nach einem geeigneten Abo gesucht. Schliesslich haben sie sich für ein Angebot von Sunrise entschieden. Mit diesem Abo sind alle Anrufe innerhalb des Sunrise-Netzes gratis.

B. erklärt: «Die meisten meiner Freunde, mit denen ich oft telefoniere, sind bei Sunrise. Ich habe mich deshalb für das Sunrise-Abo entschieden, weil ich dann gratis anrufen kann.» Und B. nutzt die Gratis-Gespräche, plaudert von morgens bis abends mit seinen Schuldkameraden. Es kostet ja nichts, dachte er.

Vorwahl sagt nichts mehr über das Netz aus

Bojan und sein Vater staunten über die hohe Handy-Rechnung
Legende: B. und sein Vater staunten über die hohe Handy-Rechnung SRF

Mit seiner ersten Handy-Rechnung folgte dann aber der Schock: Sie betrug satte 386 Franken! Allein für Verbindungen in fremde Netze verrechnete Sunrise 364 Franken. B.s Vater konnte das nicht glauben: «Ich dachte, da kann etwas nicht stimmen und schaute mir den Verbindungsnachweis genau an. Ich stellte fest, dass die meisten 076-Verbindungen verrechnet wurden.»

B. und sein Vater staunten über die hohe Handy-Rechnung

Vor allem eine 076-Nummer, die B. weitaus am meisten gewählt hatte, verursachte hohe Kosten. Wie der Teenager im Nachhinein feststellen musste, läuft diese nicht über Sunrise, sondern über einen anderen Anbieter.

Schuld daran ist die sogenannte Nummern-Portierung: Wenn jemand das Handy-Abo wechselt, kann er die alte Nummer inklusive Vorwahl zum neuen Anbieter mitnehmen. Das ist zwar praktisch, nur sagt so die Handy-Vorwahl nichts mehr darüber aus, in welches Netz man anruft.

Gesetz sieht Warnhinweis vor

B. und sein Vater wussten das nicht. Beim Abo-Abschluss habe niemand von Sunrise gesagt, dass eine 076-Vorwahl nicht automatisch ein Sunrise-Kunde sei. «Sie haben uns nur gesagt, 076 – also von Sunrise zu Sunrise – sei gratis. Aber als Kunde wissen wir ja nicht, wer bei Sunrise ist und wer nicht.»

Eine solche Warnung wäre eigentlich Pflicht. Artikel 10 der Fernmelde-Dienst-Verordnung verlangt einen klaren Hinweis, falls Anrufe in Fremdnetze Kosten verursachen. Swisscom und M-Budget haben das Problem seit Jahren einfach gelöst: Bei Anrufen in fremde Netze warnen sie automatisch mit einem Doppelton vor dem Rufton. Bei anderen Telekom-Anbietern müssen ihn die Kunden erst aktivieren.

Gemäss Sidler toleriert das Bakom als Aufsichtsbehörte jedoch, dass der Kunde den Ton selber aufschalten kann, wenn der Anbieter ihn entsprechend darauf hinweist. «Ich bin aber der Meinung, dass Artikel 10 zwingend ein Aufschalten seitens des Anbieters vorsieht, denn viele Kunden sind sich nicht bewusst, dass die Vorwahl nichts über das angerufene Netz aussagt.»

Genau wie B. und sein Vater. Und scheinbar wurden sie beim Handykauf auch nicht darauf aufmerksam gemacht: «Beim Abschluss hat uns niemand auf diese Möglichkeit hingewiesen und ein Beiblatt haben wir auch nie gesehen.» Trotzdem beharrte der Kundendienst von Sunrise auf der Bezahlung der Rechnung. Da half auch Reklamieren nichts.

Erst nach Anfrage von «Kassensturz» erlässt Sunrise der Familie die Gebühren für die Anrufe auf die 076-Nummer. «Im konkreten Fall wurde der Kunde offenbar fälschlicherweise nicht korrekt informiert. Hierfür entschuldigen wir uns und haben aus Kulanzgründen dem Kunden ein attraktives Angebot offeriert.»

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