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Multimedia Auch Tote müssen Lektionen bezahlen

Mit nervigem Telefonmarketing überredet eine Firma vor allem ältere Menschen zu teuren Computerkursen. Das Kursgeld verlangt die Firma sofort. Doch wer aussteigen will, bekommt sein Geld nicht mehr zurück. Selbst wer vor seinem Kursbeginn stirbt, wird noch zur Kasse gebeten.

Seit Mai 2010 ruht Albert Gerster auf dem Gemeinschaftsgrab in Wangen an der Aare. Der 83-Jährige starb unvermittelt: Er hatte Ferien in Spanien gebucht und sich für einen Computerkurs eingeschrieben.

Trockene Absage

Sohn Konrad Gerster informierte Verwaltungen, Versicherungen und Banken. Er annullierte Bestellungen, kündete Abonnemente und löste Verträge auf. In allen Fällen hätten sich die Firmen sofort kulant gezeigt. «Von überall ist etwas zurückgekommen, ohne dass ich gefragt hätte», sagt Konrad Gerster.

Ausnahme: Die Firma Easy Learning. Dort hatte Albert Gerster einen Informatikkurs gebucht und bereits 1800 Franken bezahlt. Doch er konnte den Kurs nicht mehr antreten. Gersters Erben forderten deshalb bei Easy Learning das Geld zurück. Erfolglos: Easy Learning habe sich einen Monat Bedenkzeit ausbedungen und dann trocken geantwortet, es werde nichts zurückerstattet, erzählt Gerster.

Fehlende Papiere

Begründung: Wer den Kurs annulliere, habe kein Anrecht auf Rückerstattung. Deshalb könne Easy Learning «leider» auch in diesem Fall nichts zurückbezahlen. So steht es im Vertrag. Doch im Todesfall gelten andere Regeln, sagt Rechtsexpertin Doris Slongo: «Beide Seiten haben nichts abgemacht bei einem Todesfall. Das bedeutet, dass der Vertrag durch den Tod des Kursteilnehmers aufgelöst ist.» Deshalb muss Easy Learning das Geld zurückzahlen.

Easy Learning vertreibt seine Kurse über nervendes Telefonmarketing: Wer Interesse bekundet, dem schickt Easy Learning einen Vertreter an die Haustüre. Beim Gespräch mit «Kassensturz» tischt Easy-Learning-Chef Valerio Corvi eine Ausrede auf: «Wir erachteten eine Rückzahlung nicht als angebracht. Denn es fehlten noch Dokumente.»

«Nicht alles korrekt»

Erst auf Druck von «Kassensturz» gibt Corvi widerwillig Fehler zu: «Wir haben unseren Rechtsberater zugezogen und anerkennen, dass nicht alles korrekt gelaufen ist. Aber wir werden den Betrag erst zurückerstatten, wenn wir die Sterbedokumente der Erben haben. Zum Schluss kondoliere ich nochmals.»

Albert Gerster hatte den Kurs pflichtbewusst im Voraus bezahlt. Nun kommt er doch noch zu seinem Geld. Easy Learning will ihm 1800 Franken zurückzahlen.

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