Verena F. ist langjährige Orange-Kundin. Oder besser gesagt: War langjährige Kundin. «Wie Orange mich behandelt hat, ist unglaublich», sagt sie.
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Was ist geschehen? Auf ihrer Handyrechnung vom August 2014 entdeckt sie eine zweite Handynummer, für die ihr monatlich 135 Franken belastet werden.
Umgehend fragt Verena F. beim Kundendienst von Orange telefonisch nach, was das soll. «Mir wurde dann gesagt, ich hätte in Baden einen Abo-Vertrag abgeschlossen. Das habe ich aber nie getan.»
Unterschrift gefälscht, ID-Kopie unleserlich
Als Beleg schickt ihr Orange eine Kopie besagten Vertrages. Erstaunlich: Darin stimmen alle ihre Personalien. Bis auf die Unterschrift: «Die hat nichts mit meiner Unterschrift zu tun, nicht im entferntesten», so Frau F.
Ausserdem ist die Kopie des Personalausweises im Vertrag praktisch schwarz. Für Verena F. ist der Fall klar: «Da hat jemand meine Personalangaben aus meinem echten, bestehenden Vertrag kopiert.»
Frustrierende Odyssee mit Kundendienst
Der Fall ist sonnenklar als Betrug erkennbar, trotzdem hilft ihr der Kundendienst von Orange nicht weiter. Und dies ein halbes Jahr lang. «Ich habe mindestens zwanzig Mal dort angerufen. Genützt hat es nichts.»
Frau F. hat immer wieder mit anderen Callcenter-Angestellten zu tun, die dann vom Fall keine Ahnung haben und sie auf später vertrösten. «Einer sagte mir sogar, dass hier wohl ein Betrug vorliege. Wenn man den Täter nicht eruieren könne, müsse ich halt für den Schaden aufkommen», sagt die langjährige Kundin.
Auch Anzeige nützt nichts
Verena F. reicht an ihrem Wohnort bei Interlaken Strafanzeige ein. Doch auch darauf reagiert Orange nicht. Der Fall liegt nun bei der Staatsanwaltschaft Baden. Diese bestätigt lediglich, dass ein Verfahren wegen Verdachts auf Betrug und Urkundenfälschung läuft.
Mahnung und Betreibungsdrohung
Doch es kommt noch dicker für Frau F. Statt ihrer Kundin zu helfen sperrt Orange das langjährige richtige Abo von F. und leitet auch noch ein Inkassoverfahren ein. Sie solle umgehend die Summe von 2657 Franken bezahlen. Ansonsten drohe eine Betreibung. Und ein Eintrag im Betreibungsregister.
Erst als «Kassensturz» interveniert, klärt sich der Fall auf. Orange stoppt das Inkasso-Verfahren. Auf die konkreten Fragen von «Kassensturz», wie so ein plumper Betrug möglich ist und warum das nicht sofort aufflog, will Orange nicht antworten. Mit Verweis auf das laufenden Verfahren.
Weiteres Kapitel im Orange-Chaos
Zu hohe oder doppelt gestellte Rechnungen, grundlose Mahnungen, gesperrte Anschlüsse und ein heillos überforderter oder nicht erreichbarer Kundendienst. Schon im Januar hat Kassensturz über solche Missstände bei Orange berichtet.
Auch bei der Stiftung für Konsumentenschutz stapeln sich die Reklamationen. Sara Stalder von der SKS kritisiert: Viele Problemfälle könnte Orange einfach lösen.
«Wenn nämlich die einzelnen Agenten in den Callcenter von Orange Beratungsservice mehr Kompetenzen, mehr finanzielle Spielraum hätten, könnten sie einen Fall auch schneller abwickeln und das Problem wäre erledigt», sagt Sara Stalder im «Kassensturz».
Ein «Sorry» von Orange
Der Telekom-Anbieter sagt lediglich: «Die eindeutige Identifikation des Kunden anhand eines Passes, einer ID oder eines anderen für den Grenzübertritt in die CH zulässigen Dokumentes ist immer Bestandteil dieser (Verkaufs-) Abläufe. Diese wurden im vorliegenden Fall offenbar gezielt und in mutmasslich krimineller Weise umgangen.»
Leider habe man auf das Anliegen der Kundin nicht korrekt reagiert und die bestehenden Prozesse nicht eingehalten. «Für die Umstände und insbesondere das Einleiten des Inkassoverfahrens entschuldigen wir uns bei der Kundin in aller Form», schreibt Frau F. weiter.
Trotz Entschuldigung: Verena F. kann sich eine Rückkehr zu Orange nicht vorstellen: «Dazu fehlt mir das Vertrauen. Ich wurde zu schlecht behandelt vom Kundendienst.»