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Multimedia Handyfirmen-Trick: Abrechnen im Minutentakt

Immer mehr Mobilfunk-Anbieter senken zwar die Preise, stellen aber auf den sogenannten Minutentakt um. Die Takt-Änderung ist oft nichts anderes als eine versteckte Preiserhöhung.

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Noch vor wenigen Jahren rechneten die Mobilfunk-Anbieter relativ genau ab. Der Sekunden- oder 10-Sekunden-Takt war die Regel. Das machen heute nur noch die wenigsten. 

Minutentakt bei Sunrise

2009 führte Sunrise den Minutentakt ein. Jedes Gespräch wird so immer auf die volle Minute aufgerundet, sei es noch so kurz. Zwar hat der Anbieter bei den «Inklusive-Minuten» inzwischen wieder die «kundenfreundliche Sekunden-Abrechnung» eingeführt. Doch wer über die inbegriffenen Gratisminuten hinaus telefoniert, bezahlt stets die volle Minute. 

Darüber regt sich Sunrise-Kunde Jéròme Seiler auf: «In den letzten drei Monaten hatte ich rund 30 Anrufe, die unter 10 Sekunden waren. Und jedes Mal rundete mir Sunrise das auf die volle Minute auf! Das finde ich daneben!» 

Minutentakt verteuert Telefonieren

«Der Minutentakt führt für viele Kunden zu einer Preiserhöhung», sagt Richard Eisler vom Internetvergleichsdienst Comparis. Bei Sunrise habe die Einführung der neuen Taktik damals die Telefon-Minute rund 20 Prozent verteuert. Daran würden auch die neusten Tarife von Sunrise nichts ändern, so Comparis. 

Vergleich für Normaltelefonierer
Legende: Vergleich für Normaltelefonierer SRF

Sunrise bestreitet eine Verteuerung und schreibt: «Die theoretische Verteuerung, die Comparis seit 2009 angeblich beobachtet, findet in der Praxis nicht statt. Eher im Gegenteil: Der Kunde bekommt für dasselbe Geld laufend mehr Leistung wie etwa Daten-Pauschalen oder ein schnelleres Netz.»

Orange zieht nach

Im August wechselte auch Orange auf den Minutentakt, und zwar für alle Preispläne. Damit passe man sich der Konkurrenz an und erhöhe die Vergleichbarkeit für die Kunden, so Orange. Gleichzeitig hat der Anbieter den Minutenpreis um fünf Rappen auf 40 Rappen gesenkt.

Minutentakt ärgert Kunden

Orange-Kunde Reto Raschle findet die Umstellung auf den Minuten-Takt trotzdem schlecht. Gerade für seinen jugendlichen Sohn: «Er macht ganz viele kurze Anrufe, so zwischen 10 und 40 Sekunden.» Weil das bei Gesprächen ausserhalb der Inklusive-Minuten immer aufgerundet werde, fiele die Rechnung seines Sohnes nun deutlich teurer aus. «Das finde ich nicht richtig», so Raschle.

Auch Richard Eisler kommt zum Schluss: «Für die Orange-Kunden bedeutet der Minutentakt im besten Fall, dass alles gleich teuer bleibt. Aber für die allermeisten wird es teurer.» Wer beispielsweise im Monat eine Stunde telefoniere, bezahle neu fünf Franken mehr als mit der alten Abrechnungs-Methode.

Keine Nachteile für Orange-Kunden?

Minutentakt bei Orange
Legende: Minutentakt bei Orange SRF

Auch Orange bestreitet, dass der Minutentakt das Telefonieren verteuere. Comparis lasse bei den Berechnungen Pauschalen und Optionen weg. «Tatsache ist, dass der weitaus grösste Teil der Kunden Pauschalangebote wie zum Beispiel die ‚Lieblingsnummern‘ nutzt. Deshalb hat der Minutentakt wenig Einfluss und es ändert sich für die allermeisten Kunden praktisch nichts.»

Auch Coop zählt die Minuten

Als vorläufig letzter Anbieter hat Ende September auch Coop Mobile bei den Prepaid-Angeboten «Prix Garantie» auf den Minuten-Takt gewechselt. Weil gleichzeitig Anrufe ins Orange-Netz gratis wurden, ändert sich für die Kunden bei den Kosten laut Comparis kaum etwas.

Swisscom noch extremer

Der frühere Monopolist verabschiedete sich bereits vor sieben Jahren von der Sekunden-Abrechnung. Swisscom rechnet seitdem nur noch in Stunden. Für jedes angebrochene Gespräch zahlt der Kunde den vollen Stundentarif, der je nach Abo 50 bis 90 Rappen beträgt. Ausnahme: Ist das Gespräch kürzer als fünf Sekunden, kostet es pauschal 5 Rappen. Einzig für Prepaid-Kunden gilt für Anrufe auf Fremdnetze noch ein Minutentarif, der in 10 Rappen-Schritten abgerechnet wird.

Swisscom für Kurz-Telefonierer zu teuer

Das Swisscom-Modell sei für sehr viele Leute zu kostspielig, so das Urteil von Richard Eisler von Comparis: «Ganz viele Leute führen mit dem Handy vor allem kurze Gespräche. Der Swisscom-Stundentarif macht Sinn für Leute, die vor allem längere Gespräche führen von  mindestens zwei bis drei Minuten pro Gespräch.» 

Swisscom sagt dazu, dass der Grossteil der Kunden länger als 2 Minuten pro Anruf telefonieren würde und daher von der Stunden-Taktung profitieren würde. Die Swisscom ist gegenüber der Konkurrenz generell teurer.

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