Die Swisscom will bis Ende 2017 die gesamte Festnetz-Telefonie nicht mehr analog betreiben, sondern über das Internet. Der Wechsel auf die sogenannte IP-Telefonie ist bei mehr als der Hälfte der Swisscom-Kunden bereits vollzogen. Oft ohne, dass die Kunden das überhaupt gemerkt haben.
Enormer Aufwand für Grosskunden
Für grosse Firmen sei die Anpassung an IP-Telefonie aber ein äussert komplexes Unterfangen, sagt Hanspeter Lingg, bei der Migros verantwortlich für die Umstellung. «Heute werden sehr viele Bereiche über das Festnetz gesteuert: Alarmanlagen, Brandmelder, Kühlanlagen, Heizung, Lüftung und Klima und vieles mehr.»
Was die Migros die Umstellung kosten wird, ist noch unklar. Lingg spricht von Dutzenden Millionen Franken. Ein weiteres Problem sei der Zeitplan. Für Grossunternehmen sei die Frist für die Umstellung bis Ende 2017 knapp. «Die Swisscom hat den Aufwand für Grossunternehmen wohl unterschätzt», so Lingg.
Die häufigsten Fragen
Auch für Private ein Ärger
Die Umstellung des Festnetzes kann auch für Private ins Geld gehen. Zum Beispiel für Alarm-Anlagen-Besitzer. Professionelle Anlagen sind an das Festnetz angeschlossen und warnen Besitzer oder Alarmzentralen bei einem Einbruch per automatischem Anruf. Mit der Umstellung auf IP-Telefonie müssen Anlagen auf Mobilfunk umgerüstet werden. Betroffen sein dürften schweizweit gegen 100‘000 Alarm- und Brandmeldeanlagen.
Alarmanlagen: Erneute Anpassung 2020?
Pikant: Offenbar wurden in der vergangenen Zeit viele Alarm-Anlagen mit Mobilfunkgeräten umgerüstet, die per 2G-Standard kommunizieren. Doch Swisscom hat Ende 2015 angekündigt, auch das 2G-Netz in wenigen Jahren abzuschalten. Ein grosser Ärger für Betroffene, sagt Joachim Eder, Vorstand im Hauseigentümerverband HEV. «Das würde heissen, dass Eigentümer zweimal für eine fremdbestimmte Umrüstung zahlen müssen, das ist nicht gut.»
Lifte: Umrüstung der Alarmfunktion nötig
Ausserdem müssen schweizweit geschätzte 200‘000 Lifte umgerüstet werden. Der Grund: Der Alarmknopf im Lift funktioniert bisher über das Festnetz. Auch hier muss mit Einführung der IP-Telefonie auf Mobilfunk umgerüstet werden.
Wie Hanspeter Lingg findet auch HEV-Vorstand und Ständerat Joachim Eder die Frist bis Ende 2017 zu knapp. Er fordert vom Bundesrat, die Swisscom auf Übergangsfristen bis 2022 zu verpflichten. Der Ständerat hat ein entsprechendes Postulat angenommen.
Swisscom: «Keine längeren Fristen nötig»
Von längeren Übergangsfristen für die Umstellung hält man bei der Swisscom wenig. «Wir sind uns bewusst, dass wir eine sehr ambitionierte Planung haben. Aber ich denke, wir haben die Umstellung auf IP-Telefonie sehr früh kommuniziert», sagt Beat Döös, zuständig für All IP bei der Swisscom.
Ausserdem werde dem Festnetz am 31. Dezember 2017 nicht komplett der Stecker gezogen. «Wir garantieren einfach nur bis dann den Support. Das analoge Festnetz wird dann wahrscheinlich sukzessive und nach Regionen abgeschaltet», so Döös. Wann genau das Festnetz ganz abgeschaltet sein wird, weiss auch die Swisscom noch nicht.