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Multimedia Kaputte Handys: Garantie zu Unrecht verweigert

Am Mobiltelefon fällt ein Knopf ab, trotzdem funktioniert das neue Handy einwandfrei. Doch anstatt das Telefon gratis zu reparieren, lehnt der Verkäufer die Garantie ab. Begründung: Das Gerät habe einen Wasserschaden. Eine faule Ausrede. «Kassensturz» klärt auf, welche Ansprüche Kunden haben.

Letzten Sommer hat sich der 18-jährige Tim Siegrist ein iPhone gekauft. Bis vor zwei Wochen war der Lehrling glücklich damit. Doch dann erlitt das Gerät einen kleinen Defekt. Der Knopf, um die Lautstärke zu regeln, sei abgefallen, erzählt Siegrist. Kein Problem, denkt er. Schliesslich hat sein Gerät zwei Jahre Garantie.

Wasserschäden ausgeschlossen

Doch da hat er die Rechnung ohne die Swisscom gemacht. Anstelle seines reparierten Gerätes erhält er ein E-Mail: Sein iPhone habe einen Feuchtigkeitsschaden. Dieser falle nicht unter Garantie. Swisscom bietet ihm ein neues Gerät an – für 260 Franken. Völlig unverständlich für den Teenager: «Swisscom hätte einfach eine neue Taste einsetzen können.» Das Natel funktioniere ja, er brauche kein neues Gerät.

Doch Swisscom hat das Handy unrepariert zurückgeschickt. Es funktioniert einwandfrei. Nur eben die Taste fehlt – keine Spur von Wasserschaden. Swisscom weigert sich, das Gerät kostenlos zu reparieren. Firmen-Sprecher Olaf Schulze weist auf ein Faltblatt hin, das jeder Kunde beim Erwerb eines Handys erhält. Darin heisst es, Feuchtigkeitsschäden seien von der Garantieleistung ausgeschlossen. Und bei einem Feuchtigkeitsschaden sei ein Umtausch am sinnvollsten, sagt Schulze.

Kausalzusammenhang erforderlich

Rechtsprofessor Hubert Stöckli schaut sich die Swisscom-Bestimmungen an. Die Firma könne zwar Feuchtigkeitsschäden von der Garantieleistung ausschliessen, doch der Experte misst einem Wort grosse Bedeutung zu. Hubert Stöckli: «Hier lese ich: Schäden durch Einwirkung von Feuchtigkeit. Das heisst, es braucht einen Kausalzusammenhang zwischen Feuchtigkeit und dem eingetretenen Schaden.» Wenn die Taste abgefallen sei ohne Einwirkung von Feuchtigkeit, dann müsse Swisscom das Gerät reparieren oder ersetzen. Sonst verstosse Swisscom gegen die eigenen Vertragsbedingungen, hält Stöckli fest.

Die Handyverkäufer schicken die defekten Geräte an spezialisierte Partnerfirmen. Diese haben die Lizenz, defekte Geräte zu reparieren oder auszutauschen. Nur: iPhones dürfen gar nicht repariert werden – so will es der Hersteller. Den Feuchtigkeitsschaden wird in der Werkstatt mit einem Otoskop ermittelt. «Wir schauen in die Kopfhörer- und Ladebuchse hinein. Wenn sich die Indikatoren rot verfärbt haben, liegt ein Wasserschaden vor», erklärt der Techniker. Er räumt allerdings ein, dass sie keine hundertprozentige Sicherheit hätten.

Verantwortung abgeschoben

Die Hersteller benutzen angebliche Spuren von Feuchtigkeit als Vorwand, Garantieleistungen abzulehnen. «Kassensturz» berichtete bereits letzten Juni darüber: Auch beim iPhone von Lucca La Rocca brach ein Schalter. Auch damals hiess es: Da das Gerät einen Feuchtigkeitsschaden aufweise, werde es nicht repariert.

Die Swisscom weist jegliche Schuld von sich und schiebt die Verantwortung auf die Hersteller. Swisscom-Sprecher Schulze: «Bei der Handhabung der Reparaturen sind wir auf die Bedingungen der Hersteller angewiesen. Und diese legen sehr konkret fest, wie und in welcher Form Handys repariert werden müssen.»

Das könne dem Kunden egal sein, sagt Hubert Stöckli. Der Rechtsprofessor verweist auf das Gesetz: «Laut Artikel 197 im Obligationenrecht ist der Verkäufer dem Käufer gegenüber für Mängel haftbar.» Der Verkäufer könne vom Käufer nicht verlangen, dass er sich an den Hersteller wenden müsse.

Einlenken nach langem Zögern

Tim Siegrist ist also im Recht. Swisscom biete ihm nun gratis ein neues iPhone an, teilt das Unternehmen am Dienstag mit. «Kassensturz» hat auch Apple konfrontiert – mit einem ganzen Fragenkatalog. Die knappe Antwort aus London: «Kunden, die ein Problem mit ihrem iPhone haben, sollen sich an den Kundendienst von Apple wenden.»

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