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Multimedia Programme spionieren Nutzer aus

Ein Smartphone wird erst dann richtig nützlich, wenn man es mit Apps ergänzt. Zahlreiche sind gratis, bei vielen zahlt der Kunde aber dennoch einen hohen Preis: Er liefert den Anbietern wertvolle Informationen, ohne dass er davon weiss. «Kassensturz» zeigt: Der Datenhunger ist riesig.

Gratis-Apps sammeln von ihren Nutzer Daten – im grossen Stil, wie Zahlen der Technischen Universität Wien belegen. «Über die Hälfte der Applikationen, die auf einem Iphone erhältlich sind, leiten die interne Gerätenummer weiter, ohne die Benutzer zu informieren oder die Zustimmung einzuholen», sagt Christian Platzer, Leiter einer internationalen Forschungsgruppe zur Internet-Sicherheit mit Sitz in Wien. Jedes Smartphone hat eine eigene Gerätenummer und lässt sich so eindeutig identifizieren.

Umfangreiche Nutzerprofile

Es sei heikel, wenn die Gerätenummer mit Daten aus anderen Diensten verknüpft wird, erklären die Wiener Forscher. Die Apps geben die meisten Daten weiter an Werbefirmen, die Anzeigen auf dem Telefon schalten. 80 Prozent der Werbung auf Smartphones vermittle die Firma Admob, sagt Christian Platzer. Und Admob gehört Google. «Google hat deshalb viele Möglichkeiten umfangreiche Profile zu erstellen», so Christian Platzer.

Google widerspricht und betont, Admob erhalte die Gerätenummern verschlüsselt und lege keine Profile von Geräten und Nutzern an. Genau das ist aus Sicht von Christian Platzer aber jederzeit möglich: Denkbar sei es, dass Google die Gerätenummer mit dem Namen oder der Adresse aus dem Google-Account verknüpfe. «So ist Google in der Lage, Profile anzulegen von Nutzern, die davon eigentlich nichts wissen.»

Namen und Nummern preisgeben

Zahlreiche Apps nutzen das Vertrauen ihrer User auch ganz gezielt aus und saugen private Daten ab. Zum Beispiel Viber, eines der beliebtesten Gratis-Apps der Schweiz. Viber verspricht Gratis-Telefonie über das Internet. Doch wer das App nutzen will, muss Viber sein privates Kontaktnetz preisgeben. Das erfuhr der Iphone-Nutzer Martin Steiger. Nach dem Aufstarten verlangt Viber Zugriff auf sein Adressbuch. Er wurde stutzig und schlug in den Datenschutzbestimmungen von Viber nach. «Ich stellte fest, dass Viber tatsächlich auf all meine privaten Nummern und Adressen zugreifen kann. Auch von meinen Klienten», sagt der Anwalt.

Keine Kontrolle über Daten

Tatsächlich kopiert Viber alle Namen und Nummern aus dem Adressbuch, durchstöbert diese nach anderen Viber-Nutzern und speichert die Daten auf eigenen Servern. Bruno Baeriswyl, Datenschutzbeauftragter des Kantons Zürich, kritisiert den Datenhunger des Apps: «Der Nutzer verliert die Kontrolle darüber, was mit seinen Daten passiert.» Viber behalte sich vor, die Datenschutzbestimmungen jederzeit zu ändern ohne den Nutzer zu informieren.

Anbieter von Apps können die gesammelten Nutzerdaten auch verkaufen. Dies sei eine Möglichkeit, um Geld zu verdienen, sagt IT-Experte Guido Berger, Leiter der Fachredaktion Digital von SRF. Vor allem bei Gratis-Apps, deren Anbieter am Anfang oft noch nicht genau wüssten, wie sie Geld verdienen sollen.

Manche Apps sind besonders schamlos. Das App Gowalla fragt nach, ob es Positionsdaten nutzen darf, kopiert aber schon vorher ungefragt das ganze Adressbuch. Gowalla sagt, man brauche die Daten nur für die eigenen Anwendungen und speichere sie nicht. Apps sollen einen Zusatznutzen bieten für das Smartphone. Stattdessen spionieren viele Gratis-Apps ungefragt die Nutzer aus.

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