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Neue Obstsorten Eine neue Birne soll die Schweiz erobern

Die Forschungsanstalt Agroscope lanciert eine neue Schweizer Birnensorte. Diese soll einst im grossen Stil angebaut und konsumiert werden.

Es tut sich historisches in der Schweiz: Diese Woche wird eine neue Birnensorte vorgestellt, die das Potential für ein Massenprodukt haben soll. Den Verantwortlichen schwebt bis in rund zehn Jahren ein Marktanteil von bis zu 15 Prozent vor. Das Früchtchen mit dem einprägsamen Namen Fred wird an der Fachmesse Agrovina in Martigny (VS) erstmals einem breiteren Publikum präsentiert.

Fred stammt aus dem Zuchtprogramm der eidgenössischen Forschungsanstalt Agroscope. Die Frucht hat sich unter hunderten von Züchtungen durchgesetzt und erfüllt laut Agroscope die Ansprüche von Konsumenten, Produzenten und Detailhändlern gleichermassen.

Fred ist anders.
Autor: Michael Weber Forschungsanstalt Agroscope

«Wenn wir uns dazu entscheiden, eine Frucht zu lancieren, dann muss diese herausragend sein», sagt Michael Weber, Marketing-Verantwortlicher bei Varicom, jener Firma, die die Fruchtsorten aus dem Zuchtprogramm von Agroscope vermarktet.

Fred «ist nicht bevormundend»

Wenn Michael Weber über die neue Fruchtsorte spricht, kommt er wohl vor allem auch von Berufes wegen ins Schwärmen: «Fantastisch» schmecke Fred, habe «Ausstrahlung». Im Flyer, der für die neue Frucht gestaltet wurde, schreibt Weber, Fred sei «nicht bevormundend und moralisch» und auch «nicht anstrengend».

Bevormundende und anstrengende Früchte? «Uns ist aufgefallen, dass viele Leute Birnen für komplizierte Früchte halten, die schnell matschig werden und beim Verzehr stark saften.» Fred sei hier anders. Die Frucht sei auch nach mehreren Tagen noch knackig – ähnlich wie Äpfel.

Herausforderung für Forschende

Dass eine Frucht mit grossem Marktpotential lanciert wird, ist eine Seltenheit: Letztmals hat Agroscope beispielsweise 2006 die Apfelsorte Diwa lanciert, die laut Zahlen des Bundesamts für Landwirtschaft 2016 zwei Prozent der Schweizer Ernte abgedeckt hat.

Die Forschenden stehen vor der Herausforderung, Früchte zu züchten, die allen Ansprüchen gerecht werden: Konsumenten wollen heute knackige, frische Früchte; für die Landwirtschaft muss die Frucht einen idealen Erntezeitpunkt haben und darf nicht anfällig sein für Krankheiten; und schliesslich muss sie für den Detailhandel besonders gut gelagert werden können. Mit Fred glaubt Agroscope, nun wieder einmal eine solche Frucht gefunden zu haben.

Fred ist die Nadel im Heuhaufen

Die Forschungsanstalt des Bundes züchtet jährlich unzählige Sorten Äpfel und Birnen. «Wir suchen die Nadel im Heuhaufen», sagt Marcel Kellerhals, Leiter der Forschungsgruppe Züchtung und Genressourcen Obst bei Agroscope. Die Forschenden wählen jeweils zwei Sorten aus, die sie kreuzen wollen. «Im Frühling geben wir die Pollen der einen Sorte auf die Blüten der anderen Sorte und ernten dann im Herbst die Kreuzungsfrüchte.»

Die Kernen der Kreuzungsfrüchte werden ausgesät, denn in jedem dieser Kerne steckt das Potential für eine neue Sorte. Viele der Pflanzen, die aus diesen Kernen wachsen, erweisen sich jedoch als ungeeignet. Nur in den seltensten Fällen, sei etwas Brauchbares dabei, sagt Kellerhals. «Wenn sich aber ein Baum gut entwickelt und gute Früchte trägt, werden weitere Bäume angepflanzt, sodass man mehr Früchte hat, um beispielsweise Lager- und Konsumententests zu machen.» Bei der Birne Fred hatte dieser Prozess im Jahr 2000 gestartet. Bis zur Lancierung hat es also 18 Jahre gedauert.

«Kein Blindflug!»

Ob Fred dereinst tatsächlich grossflächig in der Schweiz zu kaufen sein wird, ist noch offen. In den nächsten Wochen und Monaten müssen vor allem Produzenten gefunden werden. Und schliesslich muss auch der Detailhandel noch von der neuen Schweizer Birne überzeugt werden. Michael Weber sagt aber: «Wir machen hier keinen Blindflug!» Konsumententests hätten gezeigt, dass Fred sehr gut ankomme.

Einige Landwirte haben sich bereits überzeugen lassen: Im Frühling 2018 werden 25'000 Bäume gepflanzt. «Wir rechnen damit, dass Fred 2020 erstmals etwas grossflächiger im Schweizer Handel präsent sein wird.»

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