«Das glaubt mir kein Mensch», erklärt Novka Stojanovic beim Besuch von «Kassensturz». Jegliche Wände in allen Zimmern der 4,5 Zimmer-Wohnung sind schwarz, russig, klebrig. In Ecken, bei Radiatoren und bei Fensterrahmen haben sich russartige Ablagerungen gebildet.
«Das ist über Nacht geschehen», erzählt die Servicefachangestellte. «Während der Adventszeit habe ich am Abend eine einzige Kerze angezündet. Am anderen Morgen war die Wohnung schwarz.» Dabei wurde sie vor knapp einem halben Jahr frisch gestrichen.
Vorhänge und weisse Turnschuhe musste ich wegwerfen.
Kerze ist nicht verantwortlich für das Desaster
Die Verschmutzung durch die russartige Masse kroch auch in Küchenkästen, Kleiderschränke und verunreinigte Blusen, Hosen, Schuhe. «Vorhänge und weisse Turnschuhe musste ich wegwerfen». Es lässt sich nicht wegputzen oder abwaschen.» Und all dies aufgrund einer einzigen Kerze?
«Kassensturz» bringt den Kerzenstummel, der noch übrig ist, ins Dekra-Kerzenlabor in Stuttgart. Prüfleiter Volker Albrecht klärt auf: «Mit dieser Kerze ist alles in Ordnung.» Die Kerze sei nicht für die Verrussung verantwortlich. «Vielmehr vermute ich das Phänomen Fogging.»
Fogging tritt vor allem in Neubauten oder in frisch renovierten Wohnungen auf.
Fogging? Ein Phänomen das seit Mitte der neunziger Jahre immer wieder auftritt. «Fogging tritt vor allem in Neubauten oder in frisch renovierten Wohnungen auf», erklärt Chemiker Markus Zennegg der Material-Prüfungsanstalt Empa in Dübendorf.
Er berät vor allem während der Heizperiode immer wieder Betroffene. «Die Isolierung der Wohnungen hat sich verändert und der Einsatz von schwerflüchtigen organischen Verbindungen wie Weichmacher, beispielsweise in Farben oder Laminaten, ist gestiegen.»
Bei Fogging – oder Black Magic Dust oder Schwarze Wohnung, wie das Phänomen auch genannt wird – reden Experten von einem Phänomen, weil das Auftreten der starken, über Nacht auftretenden schwarz-grauen Verfärbungen nicht bis ins letzte Detail erklärt werden kann.
Was die Wissenschaft jedoch weiss: Schwerflüchtige organische Verbindungen könnten aus Produkten, die bei Renovierungen oder Neubauten von Wohnungen zum Einsatz kommen, in die Raumluft gelangen.
Hauseigentümer muss für den Schaden aufkommen
Welche physikalischen und chemischen Wechselwirkungen bei Fogging exakt ablaufen, ist nicht gänzlich geklärt. «Lüften, Heizen, Kochen – das Wie in der Wohnung gelebt wird – hat nebst der Bauweise einen Einfluss, ob Fogging auftritt oder nicht.» Wer es trifft, hat offensichtlich Pech.
Rechtlich scheint die Sache jedoch klar: Tritt das Phänomen Fogging auf, muss der Vermieter, beziehungsweise der Hauseigentümer den Schaden beheben und die Kosten tragen. Der Hauseigentümer-Verband (HEV) schreibt in seiner Verbandszeitung: «Es ist davon auszugehen, dass den Mieter kein Verschulden trifft: Falls sich die Ablagerungen aus den verwendeten Materialien ergeben haben, selbst wenn die Ursache in den vom Mieter eingebrachten Gegenständen liegt, kann diesem keine Sorgfaltspflichtverletzung vorgeworfen werden.» In einem solchen Fall müsste der Vermieter für die Behebung des Mangels aufkommen so die Juristin des HEV Zürich.
Glück im Unglück für Novka Stojanovic: Bei ihr wurde das Phänomen Fogging festgestellt. Neben dem Ärger sind geschätzte Kosten von 8’000 bis 12'000 Franken entstanden. «Ich hoffe jetzt einfach, dass der Vermieter die Kosten übernimmt.»