Die frohe Botschaft kommt aus heiterhellem Himmel: Irgendwo ist ein reicher Mann gestorben und Sie wurden als einziger Angehöriger oder als Person mit gleichem Nachnamen ausfindig gemacht. Der «Kassensturz»-Beitrag über die Machenschaften der sogenannten Vorschussbetrüger hat gezeigt: Dahinter steckt eine weltweit agierende Bande krimineller Kleinunternehmer.
«Kassensturz» hat mehrere solcher Erbversprechen verfolgt und nicht selten den Kopf geschüttelt. Denn die Gauner geben sich ordentlich Mühe, einen seriösen Schein zu wahren. Zum Beispiel mit geklauten Internetseiten und täuschend echten Briefen und Formularen.
Hier ein Beispiel des fingierten Anwaltbüros Johnson UK:
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Bild 1 von 5. Die erste Kontaktaufnahme erfolgt per Briefpost. Mit einem vertrauenswürdigen Brief, sogar mit Adresse. Bildquelle: SRF.
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Bild 2 von 5. Zeigt man Interesse, soll die Seriosität der Sache verdeutlicht werden: Eine Sterbeurkunde wird per Mail geschickt. Natürlich ist sie gefälscht. Bildquelle: SRF.
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Bild 3 von 5. und das Vermögen, das bald Ihnen gehören soll, wird nochmals richtig schön verbildlicht. Mit einer Depositen-Urkunde. Bildquelle: SRF.
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Bild 4 von 5. Doch Google Maps zeigt unter dieser Adresse eine Gegend, die nicht unbedingt für ein vertrauenswürdiges Anwaltsbüro spricht. Bildquelle: Google Maps.
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Bild 5 von 5. Wohnt so ein vielfacher Millionär? Hier soll auf jeden Fall der schottische Wohnsitz des Verstorbenen gewesen sein. Bildquelle: Google Maps.
Telefonzentrale inklusive
Im Absender werden zudem eine Handy- und eine Festnetznummer angegeben. Ruft man letztere an, hat man sogar verschiedene Optionen: Eine männliche Stimme mit amerikanischem Akzent schlägt vor: «Drücken Sie die 1 für Unternehmensfragen, die 2 für Treuhand- und Vermögensfragen und die 3 für Dr. Alexander Johnson.» Logisch wählt man die 3. Dieser angebliche Alexander Johnson ist dann auch tatsächlich in der Leitung. Mit freundlicher Stimme und auf vertrauenserweckende Weise räumt er in Englisch die letzten Bedenken aus dem Weg: «Sie müssen sich überhaupt keine Sorgen machen. Das ist alles legal. Ich bin schliesslich seit über 20 Jahren Anwalt.» Auf die Frage, ob man das denn dem Steueramt angeben muss, meinte er: «Das liegt überhaupt nicht in ihrer Verantwortung. Wir werden für Sie alles erledigen.»
Interessante Links:
Danach soll man Formulare ausfüllen und wird dabei ziemlich auf Trab gehalten. Denn Herr Johnson ruft immer wieder an oder schickt Mails und verdeutlicht, wie dringend die Sache ist. Natürlich immer auf die typische englische Gentleman-Art.
Internetauftritt und Dokumente: Alles falsch
Die angebliche Firma Johnson hat sogar einen Internetauftritt, der die letzten Zweifel beseitigen soll. Skeptiker sollen dazu noch mit öffentlichen Dokumenten überzeugt werden:
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Bild 1 von 4. Die Internetseite sieht professionell und vertrauenswürdig aus. Bildquelle: SRF.
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Bild 2 von 4. Aber Design und Teile des Textes wurden kopiert von dieser seriösen Anwaltsseite. Für jemanden, der sich mit Webdesign nur ein Bisschen auskennt, ist das ein Klacks. Bildquelle: SRF.
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Bild 3 von 4. Und noch was ist faul: Herr Johnson ist sogar mit Foto auf der Internetseite abgebildet. Und macht einen sehr seriösen Eindruck. Nur ... Bildquelle: Screenshot SRF.
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Bild 4 von 4. Herr Johnson sieht verdächtig gleich aus wie Pär Boman, Präsident und CEO der Handelsbanken. Bildquelle: Screenshot SRF.
Scheinbar die gleichen Betrüger führen auch noch ein anderes Anwaltsbüro mit Namen George Evans Law. Das Webdesign ist das gleiche. Und auch hier wird unter der Rubrik «unser Team» fleissig mit geklauten Fotos geblufft. Raten Sie mal:
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Bild 1 von 5. Zwei äusserst glaubwürdige Herren bilden den Kopf des Anwaltsbüros. Kennen Sie sie? Bildquelle: SRF.
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Bild 2 von 5. Durchaus möglich, dass Sie diese Herren schon gesehen haben. Denn Thomas Evans ist eigentlich der CEO von FedEx. Bildquelle: Screenshot.
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Bild 3 von 5. Und George Evans heisst eigentlich Stephen Cannon und ist CEO von Mercedes-Benz USA. Bildquelle: Screenshot.
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Bild 4 von 5. Und auch der Rest des Teams besteht aus Bildern von hochkarätigen Geschäftsleuten: Das Foto von «Thea Hunt» zeigt eigentlich Gretchen McClain, den «höchstbezahlten weiblichen CEO». Bildquelle: Screenshot.
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Bild 5 von 5. Der Anwalt Leo Gray hat sein Äusseres geklaut bei R. Andrew Clyde, Präsident von Murphy USA. Bildquelle: Screenshot.
Mit ein paar Klicks Bilder überprüfen
Ob etwas an den Bildern auf Internetseiten faul ist, lässt sich übrigens schnell und einfach überprüfen mit der Internet-Bildersuche. Hier erfahren Sie, wie das geht.
Bitte beachten:
Betrüger finden immer wieder neue Maschen. Egal ob Erbversprechen, todsichere Lottgewinne oder was auch immer. Beachten Sie bei solchen Nachrichten folgendes:
- Solch hohe Geldsummen sind verlockend. Aber: Gewinne und auch Millionen-Erbschaften kommen nicht aus dem nichts.
- Werden Sie spätestens dann hellhörig, wenn Sie Geld überweisen müssen, um den Gewinn zu erhalten. Leisten Sie auf keinen Fall Vorauszahlungen.
- Reagieren Sie anicht darauf. Spedieren Sie das Schreiben in die runde Ablage.
- Oder besser: Melden Sie den Fall der Koordinationsstelle zur Bekämpfung der Internetkriminalität KOBIK.
- Machen Sie sich keinen Spass mit den Absendern und gehen zum Schein auf ihre Briefe ein, Sie haben es hier mit organisierter Kriminalität zu tun.
- Treffen Sie sich niemals mit jemandem.
- Ausserdem: Gibt jemand Antwort, wissen die Betrüger, dass diese Adresse existiert.
Auszüge aus der Korrespondenz:
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Bild 1 von 8. Das vermeintliche Opfer hat angebissen: Die Kontaktaufnahme nach dem ersten Schreiben. Bildquelle: SRF.
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Bild 2 von 8. Der Prozess sei schon zu 90 Prozent abgeschlossen. Das Anwaltsbüro braucht nur noch ein paar Angaben. Bildquelle: SRF.
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Bild 3 von 8. Das schottische Finanzamt braucht einen Antrag vom Erben. Netterweise hat Anwalt Johnson alles vorbereitet. Bildquelle: SRF.
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Bild 4 von 8. Immer und immer wieder: Es sei sehr wichtig, dass niemand davon erfährt. Bildquelle: SRF.
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Bild 5 von 8. Das Finanzamt bestätigt meinen Antrag und möchte nun noch eine Sterbeurkunde und einen Kontoauszug. Glücklicherweise hat Johnson diese Dokumente zur Hand. Bildquelle: SRF.
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Bild 6 von 8. Herr Hamilton am Telefon klingt verdächtig wie Anwalt Johnson mit zugehaltener Nase. Und er hält sich kurz. Bildquelle: SRF.
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Bild 7 von 8. Anwalt Johnson erklärt, dass die 6850 Euro nichts als fair sind. Bildquelle: SRF.
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Bild 8 von 8. Und immer wieder heisst es: Psssst. Auch per Telefon. Bildquelle: SRF.