Zwei Drittel der Schweizer Bevölkerung geht davon aus, dass die Schweiz ein Land der Überversicherten ist. Das zeigt eine repräsentative Umfrages des Internet-Vergleichsdienstes comparis.ch. Doch welche Versicherungen machen denn nun Sinn? Vier Versicherungsexperten haben für «Espresso» drei Grundsatzfragen beantwortet:
Welches sind Ihrer Ansicht nach die drei wichtigsten Versicherungen für eine Privatperson?
Antwort Hato Schmeiser:
- Haftpflichtversicherung
- Hausratversicherung
- Bei entsprechendem Absicherungsbedarf, zum Beispielgegenüber Familie: Lebensversicherung.
Antwort Stefan Thurnherr:
- Privathaftpflicht
- Invaliditätsversicherung für Kinder, Jugendliche und Hausfrauen bzw. -männer
- Hausratversicherung, Kaskoversicherung bei Neuwagen, Zahnspangenversicherung für Kinder
Antwort Ruedi Ursenbacher:
- Privathaftpflichtversicherung
- Hausratversicherung
- Krankenzusatzversicherung
Antwort Felix Schneuwly:
- Privathaftplicht
- Erwerbsausfall (Taggeld)
- Für Eltern mit Kindern eine Ergänzung zu den obligatorischen Altersvorsorgeversicherungen AHV und Pensionskasse. Das kann eine Lebensversicherung sein, aber auch eine Säule 3a oder ganz einfach sicher angelegtes und im Notfall verfügbares Vermögen.
Welches sind Ihrer Ansicht nach die drei unnötgisten Versicherungen für eine Privatperson?
Antwort Hato Schmeiser:
- Sehr spezifische Versicherung wie beispielsweise Bergsturzversicherung (nur für Berge relevant) oder Deckschadentierversicherung (gibt es wirklich). Kleine Verlustversicherungen (Regenschirm, Handtasche)
- Insassenunfallversicherung Motorfahrzeug
- Teilweise Reiserücktrittsversicherungen (bei nicht zu teuren Fernreisen), da mitunter schon durch Kreditkartenversicherung abgedeckt. Teilweise Unfallversicherung (häufig besteht schon ein passabler gesetzlicher Schutz bzw. eine Versicherung über den Arbeitgeber)
Antwort Stefan Thurnherr:
- Handtaschenversicherung (ausser natürlich für Frau Oprah Winfrey und Ihre Kroko-Tasche, wenn sie ihr verkauft worden wäre…)
- Autoinsassenunfallversicherung
- Spitaltaggeldversicherung und Langzeitpflege
Antwort Ruedi Ursenbacher:
- Insassenversicherung
- Handyversichersicherung
- Kleinversicherungen die via Kreditkarte etc. nur Teile einer umfassenden Versicherung abdecken (z.B. Rechtsschutz)
Antwort Felix Schneuwly:
- Kälteschutzversicherung (übernimmt Heizkosten ab best. Minustemperaturen)
- Sterbegeldversicherung (bezahlt eigene Beerdigung)
- Autoinsassenunfallversicherung (unnötig, weil durch Autohaftpflicht gedeckt)
Was sollte ich prüfen, wenn ich überlege, ob eine Versicherung für mich notwendig ist?
Antwort Hato Schmeiser:
- Besteht ein existentielles Risiko? Wenn ja: Versicherung abschliessen
- Könnte ich das Risiko noch tragen, ist es aber doch schmerzhaft, wenn es eintritt? Wenn ja: Versicherung abschliessen
Ist der Preis für mich fair? (Abgleich: Was ist mein Maximalschaden, was ist mein Durchschnittsschaden wenn ich die letzten zehn Jahre zurückgehe? Wieviel kostet die Versicherung? Passt das zusammen?)
Antwort Stefan Thurnherr:
- Nur existenzbedrohende Risiken versichern (somit ist also auch die Handtaschenversicherung für Frau Winfrey nicht notwendig)
- Lassen sich die Risiken verhindern (z.B. mit baulichen Massnahmen)? Wenn ja, ist die Versicherung nicht notwendig
- Risiken mittragen (Selbstbehalte dem persönlichen Einkomen/Vermögen entsprechend auswählen.)
Wenig hilfreich ist übrigens die Überlegung, wie oft mir ein bestimmtes Schadenereignis selber passiert ist. Oft sind die sehr seltenen Ereignisse, die ich selber oder die Generation vor mir nicht erlebt hat, die gefährlichen. Ein gutes Beispiel dafür ist die Erdbebenversicherung, die in der Schweiz schlicht fehlt.
Antwort Ruedi Ursenbacher:
- Für welche Risiken benötige ich Versicherungsschutz?
- In welcher Höhe?
- Welche Risiken bin ich bereit, selber zu tragen (ganz oder über einen Selbstbehalt)?
Antwort Felix Schneuwly:
Gibt es Schadenfälle, die
- a) einigermassen wahrscheinlich sind, b) meine finanziellen Möglichkeiten übersteigen und c) mir viel Ärger und administrative Umtriebe bescheren.
- Wichtig ist die simple Überlegung: Wie lange müsste ich für ein bestimmtes Schadenereignis Prämien bezahlen. Wenn Schadensumme und Prämien etwa gleich sind oder die Prämiensumme gar höher, lege ich besser das Geld auf die Seite und bezahle den Schaden selber.
- Die zweite Überlegung ist die Selbstverantwortung: Schäden, die ich grundsätzlich selber finanzieren kann erfordern keine Versicherung, denn ohne Versicherung erliege ich auch nicht dem Moral-Hazard, der mich motiviert, einen Schaden zu provozieren oder nicht zu verhindern, damit ich etwas von den Prämien zurück bekomme.