Gewiss. Die meisten Kinder werden nicht an einem dieser Plastikteile mit Metallkugelinhalt ersticken. Die meisten Eltern der vom Nano-Virus befallenen Kleinen werden verantwortungsvoll darüber wachen, dass diese die bunten Pillenzwerge nicht für Täfeli halten und in der entsprechenden Körperöffnung verschwinden lassen. Und sie werden vielleicht gar standhaft bleiben gegenüber dem Tobsuchtsanfall des Nachwuchses beim Einkaufen.
Und doch finde ich die Frage berechtigt: War das nötig? Oder anders gefragt: Hätten Sie sich für diese Mania entschieden, wenn Sie Marketingchef der Migros wären? Bestimmt konnten die Verantwortlichen aus einer Menge von Vorschlägen wählen. Es hätte gewiss Schlaueres gegeben (was die Migros ja auch schon bewiesen hat), als Millionen der nicht ungefährlichen Plastikzwerge übers Land zu streuen.
Erst recht bedenklich finde ich die Zwergeinvasion, weil es dem Grossverteiler nicht darum geht, uns etwas zu schenken. Das sollten wir ob all der Spiel- und sonstigen Freude nicht vergessen. Es geht der Migros um Marketing. Die Migros macht Marketing mit unseren Kindern. Die Kleinen sollen die Eltern zum Einkaufen bringen. So einfach ist das. Sie sollen sich an der Kasse kreischend auf den Boden werfen; mit tränenerstickter Stimme auf ihre Spielkameraden hinweisen, die schon viel mehr Nanos haben; im Roten drehen, weil ihnen genau der eine wichtige schöne noch fehlt.
Und die Grossen sollen bitteschön mit vollem Wägeli zur Kasse schreiten. Eigentlich wollte Mama nur für 12 Franken einkaufen. Zu dumm, dass es dafür noch keinen Nano gibt. Also kauft Mama für mindestens 20 Franken ein. Und der nanogetriebene Einkauf soll gefälligst an jenen Tagen stattfinden, die der Migros am besten passen. Die nur an ausgewählten Daten erhältlichen Super-Nanos sorgen dafür.
Marketing via Kleinkinder und Kundenbindung im Kindesalter (aus kleinen Fans werden grosse Kunden) – das ist des Nanos Kern. Und das finde ich persönlich dann schon viel weniger sympa als das freundliche Aussehen der bunten Pillenkerle.