Kaffee-Maschinen verkaufen sich wie warme Weggli: seien es die oft teuren Vollautomaten, in die man bloss Kaffeebohnen einfüllen muss, seien es die praktischen Kapsel-Maschinen, aber auch die guten alten Kolben-Maschinen.
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Siebträger, wie die Kolben-Maschinen in der Branche genannt werden, stossen bei den Konsumenten wieder auf steigendes Interesse – obwohl es doch einiges an Mehrarbeit bedeutet, Kaffee zu mahlen, den Kolben zu füllen und jedes Mal die unvermeidbaren Pulverreste wegzuwischen.
Die praktischen Vor- und Nachteile der drei Systeme liegen auf der Hand. Wie sieht es aber mit der Kaffeequalität aus? «Kassensturz» und die Stiftung für Konsumentenschutz (SKS) liessen die Systeme Vollautomat, Kapsel- und Kolben-Maschine gegeneinander antreten.
Eine hochkarätige Jury (siehe Box «Die Jury») degustierte und bewertete aus jeder dieser drei Maschinen drei Getränke: einen Caffè lungo, einen milden Espresso und einen starken Espresso. Alle drei Maschinen sind Testsieger eines internationalen Tests, eine Nespresso-Maschine der Marke Koenig und zwei Maschinen von De’Longhi.
Caffè lungo überzeugte in zwei Fällen
Zuerst degustierte die fünfköpfige Jury aus jeder Maschine einen Caffè lungo, also einen relativ dünnen Kaffee für Café crème oder Milchkaffee. Die Unterschiede waren gross. Nespresso Fortissio konnte am wenigsten überzeugen und erhielt die ungenügende Bewertung 3,2.
Erstaunlich: Die jeweils fünf Tassen aus ein und derselben Maschine schmeckten bei allen drei Systemen im Quervergleich unterschiedlich, zum Teil sehr unterschiedlich. Bei Nespresso überrascht die mangelnde Konstanz besonders, wirbt die Firma doch damit, «dass jede Tasse ... ein genussvolles Erlebnis bietet».
Der Caffè lungo aus dem Vollautomaten überzeugte die strenge Jury hingegen und erhielt die gute Note 5. Benjamin Hohlmann, Schweizermeister Brewers Cup 2014: «Dieser Lungo war recht komplex, schön balanciert, Süsse, Säure, alles, was man sich in einem guten Kaffee wünscht.» Und das mit einer günstigen Kaffeebohne aus der Migros. Der Kolbenkaffee war ebenfalls ein positives Erlebnis.
Gleiche Bohne – anderer Espresso
In der zweiten Runde, beim milden Espresso, waren die Getränke aus der Nespresso-Maschine und dem Vollautomaten in der Bewertung fast gleichauf. Die Kolbenmaschine überzeugte nicht und erreichte nur die ungenügende Schulnote 3,4.
Das ist ein interessantes Ergebnis: Die Bohnen in der Kolben-Maschine und im Vollautomaten waren identisch. Das Zusammenspiel zwischen Bohne, Mahlgrad und Zubereitung klappte beim Vollautomaten offenbar deutlich besser als mit dem Siebträger. Das zeigt exemplarisch die Tücken von Kolben-Maschinen. Wer aber mit Freude verschiedene Kaffee-Sorten mit verschiedenen Mahlgraden ausprobiert, kann genau seinen Kaffee finden.
Kräftige Espressos durchwegs ungenügend
In der dritten Runde degustierten die Kaffee-Fachleute einen kräftigen Espresso. Sie vergaben weder Nespresso Arpeggio noch seinen Pendants eine genügende Note. Die Gründe dafür scheinen auf der Hand zu liegen: «Durch die Kürze verzeiht der Espresso wenig», sagt Nina Rimpl, Barista-Schweizermeisterin 2014. «Und ohne eine gute Mühle mit einem Mahlgrad, der sehr fein sein muss, gibt es keinen guten Espresso.»
Es kann also einiges schief gehen beim Brauen eines starken Espressos. Die ungenügenden Noten im Test zwischen 2,5 (Vollautomat) und 3,7 (Nespresso) belegen dies. Die Note des Kolben-Kaffees war nur unwesentlich besser als die des Vollautomaten.
Vollautomat gewinnt die Gesamtbewertung
In der Gesamtbewertung schnitt die Kolben-Maschine am schlechtesten ab.Sie stellt hohe Anforderungen an den Nutzer bei der Bohnenwahl, beim Mahlen der Bohnen und bei der Handhabung. Hier ist die Lust am Ausprobieren gefragt – sie ist sogar ein Muss.
Auf Platz zwei kommt die Kapsel-Maschine von Nespresso. Sie lässt dem Nutzer wenig Raum zur Einflussnahme. Einzig bei der Kapselwahl und der Wasserqualität gibt es die Möglichkeit, zu variieren und dadurch den Kaffee zu verbessern.
Der Sieger im «Kassensturz»-Vergleich der Kaffee-Systeme ist der Vollautomat, der als Einziger auf eine genügende Gesamtnote kommt. Gut eingestellt und mit der richtigen Bohne kann das Ergebnis Freude machen, wie der von der Jury gelobte Caffè lungo zeigt.
«Kassensturz» hat die Ergebnisse der Degustation den beiden Firmen D'Longhi und Nespresso vorgelegt und Stellungnahmen erhalten:
Olaf Emmerich, Marketing Director bei Kenwood, die in der Schweiz De‘Longhi vertritt, sieht die Ursache für das schlechte Abschneiden der beiden De'Longhi-Maschienen beim starken Espresso bei der Kaffeebohne – die De‘Longhi selber ausgewählt hat, notabene: «Es scheint weniger an den Kaffee-Maschinen gelegen zu haben, da diese bei den anderen Kaffeesorten gute Ergebnisse erzielt haben», schreibt er «Kassensturz».
Auch weist er auf den besonderen Charakter des im Test verwendeten Caffè Ferrari hin, einen über dem Kohlefeuer gerösteten Kaffee. Umso erstaunlicher, dass De’Longhi diesen ausgefallenen Kaffee für die Degustation gewählt hat.
- Nespresso schreibt: «Das Resultat der Kassensturz-Kaffeetester erstaunt. Es steht im Widerspruch zu unseren eigenen Kaffee-Experten und zum Urteil von zehntausenden Schweizer Konsumenten, die sich jeden Tag aufs Neue für einen der 22 Grand Crus von Nespresso entscheiden. Der Beschrieb des Geschmack-Profils vom Arpeggio und Volluto im durchgeführten Test lässt eine Überextraktion bei der Zubereitung vermuten. Anders können wir uns die gemachten Beschreibungen nicht erklären.»
Überextraktion bedeutet, dass das Wasser zu lange oder zu langsam durch den Kaffee geflossen ist. Die Einstellungen wurden aber für die «Kassensturz»-Degustation nicht verändert.