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Degustationen Kalbsbratwürste im Test: Die besten fürs Grillfest

Kalbsbratwürste sind bei Grillfesten beliebt. Doch nicht jede Wurst, die wie eine Kalbsbratwurst aussieht, ist auch eine. Oft enthält sie mehr Schweinefleisch als Kalbfleisch. Auch beim Geschmack gibt es Unterschiede. Eine Fachjury hat für «Kassensturz» die meistverkauften Kalbswürste getestet.

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Am Grillstand gibt es keinen Zweifel: Die edle Kalbsbratwurst ist weiss und hat eine feine Porung, die Schweinsbratwurst ist rot und gröber. Deshalb beachtet beim Einkauf kaum jemand das Kleingedruckte auf der Etikette. Ein Fehler: Denn eine weisse Wurst heisst noch lange nicht, dass es viel Kalbfleisch drin hat.

Mehr als die Hälfte

Im Gegenteil: In den meisten Bratwürsten steckt statt teurem Kalb- vor allem billiges Schweinefleisch. Nur wer seine Bratwurst explizit als «Kalbsbratwurst» bezeichnet, muss laut Lebensmittelverordnung bei der Produktion mehr als 50 Prozent Kalbfleisch verwenden – gemessen am gesamten Fleischanteil. Mit den übrigen Zutaten wie Gewürze, Milch und Wasser entspricht das Kalbfleisch in der Regel einem Drittel der ganzen Wurst. Bei Kalbsbratwürsten ist der Kalbfleischanteil auf der Verpackung deklariert.

Im Regal dominieren jedoch Bezeichnungen wie «Bratwurst», «Olma-Bratwurst» oder «Sankt Galler Bratwurst». Der Klassiker, die Olma-Bratwurst, besteht meistens aus mehr Schweine- als Kalbfleisch. In den günstigen – weissen – Prix-Garantie-Bratwürsten von Coop hat es gar kein Kalbfleisch, aber 45 Prozent billiges Schweinefleisch. Auch günstige Cipollatas oder Brätkügeli bestehen grösstenteils aus Schweinfleisch. Bei richtigen Kalbsbratwürsten muss der Kalbfleischanteil auf der Verpackung deklariert sein.

Die weisse Farbe entsteht bei der Produktion. Im Cutter, einer Art Teigmaschine, in dem statt einem Rührwerk scharfe Messer rotieren, verfärbt sich die zuerst rote Masse mit den Zutaten in ein weisses Brät. Die weisse Farbe der Kalbsbratwurst hat nichts mit edlem Kalbfleisch zu tun. Auch mit billigem Schweinefleisch würde sich das Brät weisslich färben. «Kassensturz» hat für seine Degustation nur Bratwürste berücksichtigt, deren Kalbfleischanteil mehr als 50 Prozent des gesamten Fleischanteils ausmacht.

Auf den ersten Blick

Fünf Experten haben sich durch den Test gebissen. Sie verglichen neun der meistverkauften Kalbsbratwürste von Grossverteilern und eine Wurst einer kleinen St. Galler Metzgerei. Die Degustation fand in St. Gallen statt, der Kapitale der Bratwurstproduktion. Das mit 15 Gault-Millau-Punkten ausgezeichnete Restaurant «Schützengarten» von Köbi Nett sorgt für einen einwandfreien Ablauf.

Es war eine Blind-Degustation: Niemand wusste, was ihm der Sensoriker und «Kassensturz»-Testleiter Patrick Zbinden vor die Nase setzte. Die Experten verglichen die Kalbsbratwürste zuerst im ungebratenen Zustand. Denn Form und Konsistenz verraten einiges über die Produktion. Danach grillte ein Profi der St. Galler Metzgerei Schmid auf einem Gas-Grill. Auf dem Gas-Grill konnten alle Würste präzise bei konstanter Temperatur gebraten werden.

Würste können zu fade oder überwürzt sein: Geschmacksverstärker oder Muskatnuss überdecken oft den Geschmack des Kalbfleischs. Das Brät darf nicht zu pampig sein. Eine feine Porung deutet auf eine gute Verarbeitung hin.

Bei der Bratwurst von Denner erkennen die Fachleute auf Anhieb, dass ein Kunstdarm verwendet wurde. Expertin Marlies Lusti: «Erstens sieht man es an der Form der Wurst. Die war sehr gerade. Zweitens merkt man es beim Reinbeissen. Das fühlt sich anders an als bei einem Naturdarm.» Denner kann sich das Ergebnis nur dadurch erklären, «dass für dieses Produkt ein Kollagendarm verwendet wird und dass dieser das Geschmackserlebnis beeinflusst hat. Denner ist sich dessen bewusst und ist bereits schon dran, den Darm auf Naturdarm umzustellen.»

Viel flüssiges Fett

Schlecht weggekommen ist die Bio-Wurst von Coop. Sie ist mässig im Geschmack und hat vor allem eine wässrige Konsistenz: nur Note 1,6. Beim Aufschneiden saftet die Wurst und es tritt viel flüssiges Fett aus. Wahrscheinlich wurde der Bio-Wurst Phosphat zum Verhängnis. Phosphat mischen Metzger in konventionell produzierte Wurst-Masse. Phosphat bindet vor allem das Wasser in der Wurst. Der Zusatz ist bei «Bio» aber nicht erlaubt.

Coop schreibt: «Aufgrund strenger Bio-Vorschriften dürfen gewisse geschmacksverstärkende Zusatzstoffe nicht eingesetzt werden. Der aufgrund dieser Restriktionen resultierende Geschmack der Bio-Kalbsbraturst wird aber von unserer Kundschaft sehr geschätzt, was die Verkaufszahlen zeigen. Zudem konnten wir in einer Nachdegustation insbesondere einen übermässigen Fettaustritt nicht bestätigen.»

Tatsächlich stecken in vielen Bratwürsten eine ganze Reihe von Stabilisatoren (zum Beispiel E450, E453), Geschmacksverstärker (E621), Säureregulatoren (E262), Emulgatoren (E471) und Säuerungsmitteln (E330). Wer auf solche Nummern verzichten will, ist mit der «Kalbsbratwurst ohne E-Nummern» gut bedient. Diese Wurst wird von der Firma Traitafina in Lenzburg hergestellt und zum Beispiel bei Manor verkauft.

Klarer Testsieger ist mit der Note 4,7 die Kalbsbratwurst von Coop, hergestellt von Bell. Vielleicht haben es die Degustatoren herausgeschmeckt: Die Coop-Kalbsbratwurst hat mit 57 Prozent den höchsten Anteil Kalbfleisch aller degustierten Bratwürste.

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