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Degustationen Raclette-Degu: Fetttriefend statt feinschmelzend

Schweizer schmelzen pro Kopf jährlich knapp zwei Kilo Käse im Raclette-Ofen. Eine hochkarätige Fachjury degustierte die Nationalspeise: 12 Raclette-Sorten von M-Budget bis Fine Food. «Kassensturz» sagt, welche zwischen den Zähnen quietscht und welche einen gemütlichen Abend garantiert.

Zur Raclette-Degustation im Walliser Keller im Zürcher Niederdorf schreiten fünf namhafte Käse-Experten: Hans Knüsel, Fachlehrer für Käsetechnologie am Berufsbildungszentrum Sursee, Karl Schafroth, Leiter der Versuchskäserei von Agroscope Liebefeld-Posieux, der bekannte Thuner Käsenarr Christoph Bruni, Käse-Detaillist Hans Preisig aus Richterswil und der preisgekrönte Käsermeister Willi Schmid.

Die Jury weiss nicht, welchen Käse Testleiter und Sensoriker Patrick Zbinden für sie zubereitet. Darunter sind die meistverkauften der Grossverteiler – in Blöcken oder Scheiben. Die Käsekenner bewerten Aussehen, Schmelzeigenschaften, Fettausscheidung, Geruch und Geschmack.

Am schlechtesten schneidet das M-Budget-Raclette der Migros ab: nur Schulnote 2,6 für den einzigen französischen Käse im Test. Karl Schafroth: «Der quietscht zwischen den Zähnen. Das ist ein Raclettekäse, den ich nie kaufen würde.» Und Hans Preisig doppelt nach: «Das wäre eigentlich ein idealer Käse für eine Kaugummiproduktion.»

Der Grossverteiler reagiert auf die Kritik: «Migros führt seit Jahren regelmässig Qualitätstest durch und hat keine Abweichung wie Zähheit oder ungenügende Schmelzeigenschaften feststellen können.»

Für die Jury ebenfalls unbefriedigend: Raccard Suisse Tradition Bio aus der Migros. Er ist laut Experte Hans Knüsel ein «zäher Klumpen», der geschmacklich enttäusche, macht Note 3,1. Migros sagt, der Käse sei im Aroma gewollt ausgeprägt und könne für den Einen oder Anderen als zu markant im Geschmack empfunden werden.

Note 3,2 für Raclette Classique von Denner. Das Urteil der Jury: bitter und zu salzig. Denner kann die Kritik nicht nachvollziehen und geht «von einem für uns nicht nachvollziehbaren Einzelfall» aus. Prix Garantie von Coop bekommt eine 3,5. Der Befund: Zu jung und im Geschmack unrein. «Wir nehmen die Testergebnisse zum Anlass einer neuen Bewertung», schreibt Coop.

Das höhlengereifte Fine-Food-Raclette von Coop, mit 29.50 Franken der teuerste Käse im Test, erhält Note 5,4. Aber noch besser als Fine Food schmeckt das meistverkaufte von Coop: Raclette nature, in Aktion für 19 Franken pro Kilogramm, Note 5,6. «Er schmilzt schön, ist weder klumpig noch fädig und scheidet kein Fett ab», stellt Hans Knüsel fest.

Zum Schluss der Tipp vom Käsermeister Felix Schibli: «Das Raclette rechtzeitig aus dem Kühlschrank rausnehmen, eine halbe Stunde bei Zimmertemperatur anklimatisieren lassen und danach bei sanfter Hitze erwärmen.»

Statements: Jean-Marc Bühler, Restaurant Walliser Keller / Hans Knüsel, Berufsbildungszentrum Sursee / Willi Schmid, Käsemeister / Christoph Bruni, Käseliebhaber / Hans Preisig, Käse-Detaillist / Felix Schibli, Käserei Seiler, Sarnen

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