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2011: Osterküechli: Grossverteiler gegen Bäcker
Aus Kassensturz vom 05.04.2011.
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Degustationen Osterküchlein: von ungeniessbar bis überzeugend

Osterküchlein ist nicht gleich Osterküchlein. Das zeigt die «Kassensturz»-Degustation deutlich. Viele Küchlein sind geschmacklich nicht ausgewogen oder auch einfach teigig. Die besten kommen von Migros und Confiserie Sprüngli.

«Die Unterschiede sind enorm.» So bringt Franz Ziegler seinen Eindruck von der Degustation der Osterküchlein auf den Punkt. «Das überrascht mich sehr.» Ziegler kennt sich aus. Er ist ein erfahrener Degustator, wurde vor drei Jahren zum «Welt-Konditor» gekürt und unterrichtet an der Berufsschule Aarau als Fachlehrer. Für den «Kassensturz» hat Ziegler in der Fachjury mitgewirkt.

Manor-Osterküchlein: Ungekochter Reis

Er und fünf weitere Juroren (siehe «Die Jury») haben unter der Leitung von Sensoriker Patrick Zbinden elf Osterküchlein degustiert. Die getesteten Törtchen hatte der «Kassensturz» gleichentags in Bäckereien und Grossverteilern eingekauft.

Die riesigen Unterschiede lassen sich schon von den Noten ablesen (siehe «Resultate im Detail»). Das schlechteste Osterküchlein erhält gerade mal Schulnote 1,8. Wie ist das möglich? Manor, dessen Gebäck in der Filiale selber hergestellt wurde, sucht nicht lange nach Ausreden: «Dem Bäcker ist leider ein Fehler unterlaufen. Der Reis wurde vorab nicht gekocht.»

Zwei weitere Osterküchlein «ungenügend»

Die Jurorinnen und Juroren haben denn auch nicht schlecht gestaunt, als sie beim Degustieren auf ungekochte Reiskörner bissen. Wie weit sich auch die weiteren Kritikpunkte – «unschönes» Äusseres, dominantes Bittermandelaroma – auf den gleichen Patzer zurückführen lassen, ist im Nachhinein nur schwer zu klären.

Zwei weitere Osterküchlein sind bei der Jury durchgefallen. «Ungenügend» war das abgepackte Törtchen aus dem Coop. Hier störte die Degustatoren der fehlende Biss, der fade Geschmack und dass der Boden aufgeweicht war. Ebenfalls «ungenügend» ist das «Osterflädli» aus der Bäckerei Reinhard, das zu den teuersten im Test gehört. Auf die Kritik der Experten, der Teig sei zu wenig gebacken, hat die Bäckerei bereits reagiert (alle Stellungnahmen siehe Box unten).

Ein etwas ausgefallenes Osterküchlein schaffte es ins Mittelfeld (Note 4,5). Die Reistörtchen von Hiestand werden gefroren an die Läden und Tankstellen-Shops ausgeliefert. Dort werden sie aufgetaut verkauft.

Die grösste Überraschung aber bot der Testsieger – auch für Fachmann Ziegler. Er hätte abgepackten Osterküchlein vor dieser Degustation nicht viel Kredit gegeben. Doch wie drei seiner Jury-Kollegen vergab er dem Ostergebäck aus der Migros-Bäckerei Jowa die beste Note und hievte es damit an die Spitze der Rangliste. Die Konsistenz und besonders der Geschmack überzeugten die Juroren.

Damit hat das günstigste Osterküchlein im Test sogar besser geschmeckt als das aus der altehrwürdigen Zürcher Confiserie Sprüngli. Geschmacklich und optisch hat auch das Sprüngli-Küchlein Anklang bei der Jury gefunden – und sich damit als zweites «gutes» Küchlein im Test empfehlen können.

Was die Hersteller zu den Resultaten sagen

Manor:

«Es hat sich herausgestellt, dass dem Bäcker bei der Interpretation des Rezepts leider ein Fehler unterlaufen ist. So wurde der Reis vorab nicht gekocht.»

Coop:

«Unser Lieferant hat erst vor wenigen Tagen einen Testkauf gemacht und war mit dem Resultat zufrieden. Auch sind uns keine Kundenreklamationen betreffend Qualität bekannt. Der Lieferant ist sich sicher, dass unsere Osterchüechli erst zu Ende der Konsumationsfrist getestet wurden und deshalb im Vergleich zu frisch produzierten «den Kürzeren» gezogen haben.

Denn mit jedem Tag wird der Boden naturgemäss auch feuchter, und die Masse wird etwas kompakter. Deswegen verwenden wir etwas mehr Puderschnee, damit sich dieser nicht auflöst, was nicht mehr appetitlich aussähe. Dass die Gesamtmenge an Puderzucker an der oberen Grenze liegt, ist klar. Die Rezeptur ist seit Jahren dieselbe und wir bekommen auch viele Komplimente von Kunden, die sie frisch geniessen.»

Bäckerei Reinhard:

«Selbstverständlich haben wir den Backvorgang des Bodens mit unseren Konditoren noch einmal diskutiert. Dort haben wir uns verbessert. Als handwerklicher Betrieb, welcher die Osterfladen jeden Tag frisch produziert, können wir leider kleine Differenzen im Backvorgang nicht vermeiden.

Neben den objektiven visuellen Mankos unseres Osterfladens (welche wir verbessern) bleiben jedoch die sehr unterschiedlichen Rezepturen. Damit ist der Geschmack, Biss etc. natürlich bis zu einem gewissen Grad auch eine Geschmackssache.»

Bäckerei Hug:

«Unser internes Kontrollgremium zur Qualitätssicherung kam gestern Morgen Donnerstag 26. März zu ähnlichen Erkenntnissen wie Ihre Experten. Das aktuelle Produkt wirkt zu teigig. Wir werden das Osterküchlein ab KW 13 deshalb nicht mehr mit dem feinen, weichen Konfektteig sondern mit dem etwas gröberen und härteren Mürbteig backen und das Milchreis weniger stark kochen. Wir versprechen uns davon eine Verbesserung der Textur und mehr Biss für den Teigboden.»

Hiestand AG:

«Das Abschneiden unseres Osterchüechlis entspricht nicht unseren Erwartungen und Qualitätsversprechen. Wir werden die Menge sowie Verteilung der Marmelade und den Backgrad des Zuckerteigbodens kritisch überprüfen und anpassen.»

Migros:

«Die beiden getesteten Osterküchlein werden nach der gleichen Rezeptur hergestellt. Die Osterküchlein ab der Hausbäckerei werden täglich frisch vor Ort produziert und an die Migros-Gastronomie ausgeliefert. Das Resultat des Osterküchleins aus dem Offenverkauf ist für uns nicht nachvollziehbar.»

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