Kiffen ist in der Schweiz nach wie vor illegal. Trotzdem ziehen enorm viele Menschen regelmässig an einem Joint. Dieser gesellschaftlichen Realität will der Gesetzgeber mit der Revision des Betäubungsmittel-Gesetzes entgegen kommen: Der Konsum von Cannabis soll in Zukunft straffrei sein.
Der Ständerat hat bereits grünes Licht gegeben. In der Frühlingssession kommt die Vorlage vor den Nationalrat. Falls er zustimmt, tritt das revidierte Gesetz frühestens 2004 in Kraft.
Doch keine Behörde kontrolliert, was viele Menschen - davon immer mehr Jugendliche - rauchen. «Kassensturz» und die Sendung «A bon entendeur» holen das nach. Testpersonen gingen in zahlreichen Schweizer Städten Haschisch und Marihuana einkaufen - sowohl in Hanfläden als auch auf der Strasse. 57 Proben brachte «Kassensturz» ins Institut für Rechtsmedizin der Uni Bern.
Ungewohnt hoher THC-Gehalt
«Kassensturz» wollte wissen, wie hoch die Konzentration des rauschbildenden Stoffes THC ist. Dieser Wert interessiert in der Regel die Untersuchungsbehörden, aber der Öffentlichkeit teilen sie das nicht mit. «Seit 1997 hat ein Riesensprung zu höheren THC-Werten stattgefunden», sagt Rechtsmediziner Werner Bernhard von der Uni Bern.
Früher habe man Werte zwischen 1,5 und 6 Prozent gemessen, heute Werte von bis zu 28 Prozent. Die Kassensturz-Untersuchung beweist diesen Trend zum härteren Stoff:
Nur 20 Prozent der Proben hatten einen THC-Gehalt unter 10 Prozent. So stark war früher nicht einmal der stärkste Hanf. Der Grossteil der Hanfproben hatte einen THC-Gehalt von 10 bis 20 Prozent. Eine weitere Erkenntnis: Auf dem Markt ist fast ausschliesslich Schweizer Hanf.
Jede fünfte Probe enthielt einen THC von über 20 Prozent. Das sind vier bis sechs mal mehr als noch vor wenigen Jahren. Wer Hanf mit einem THC-Gehalt von mehr als 0,3 Prozent verkauft, kommt bereits mit dem Betäubungsmittelgesetz in Konflikt.
Starkes aus geschlossenen Räumen
«Gründe für den dramatischen Trend zu hochprozentigem Hanf sind unter anderem das verbesserte Know-How und Hightech-Indoor-Anlagen», sagt Rudolf Brenneisen, Pharmazieprofessor an der Uni Bern. Die stärksten Sorten, das beweist die Untersuchung, wachsen in geschlossenen Räumen.
Versteckt vor den Augen der Justiz steuern Indoor-Produzenten in Kellern oder ganzen Fabrikhallen Licht, Wasser und Luft für diesen sogenannten Indoor-Hanf. Unter solchen Bedingungen können die Produzenten bis zu fünfmal ernten. Das Geschäft ist lukrativ: Ein Kilo Indoor-Gras wird im Laden nicht unter 10'000 verkauft.
«THC ist hauptverantwortlich für den Rausch. Je höher die THC-Konzentration in der Pflanze, desto grösser der Rausch», sagt Brenneisen. Vor allem für unerfahrene Konsumenten sei das ein Risiko. Ruedi Stohler, Leitender Arzt der Suchtabteilung an der Psychiatrischen Uniklinik Zürich behandelt vermehrt Cannabis-Patienten. Sie klagen vor allem über Angstzustände oder Gedächtnisstörungen.