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Kassensturz-Tests Die teuerste Steckdosenleiste fällt im Sicherheitstest durch

Steckdosenleisten müssen Sicherheitsnormen erfüllen. Denn wo Strom fliesst, besteht Brandgefahr. «Kassensturz» hat 8 Modelle beim TÜV Süd testen lassen. Ausgerechnet das teuerste Produkt im Test ist im Brennbarkeitstest durchgefallen.

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Sie liegen hinter fast jedem Regal, unter jedem Pult: Steckdosenleisten. Sie sind nicht nur ideale Stromverteiler, dank Kippschalter lassen sich damit auch gleich mehrere Standby-Stromfresser auf einen Druck vom Netz trennen. Die Leisten müssen hohe Stromflüsse aushalten und dürfen kein Feuer fangen.

Nur eine Leiste fällt durch

«Kassensturz» hat 8 Steckdosenleisten mit Kippschalter ins deutsche Prüfinstitut TÜV Süd nach Frankfurt am Main geschickt, wo sie auf Sicherheitsmängel untersucht wurden. Bei 7 der 8 Leisten gab es wenig oder gar nichts auszusetzen. Eine Leiste aber weist gleich mehrere Mängel auf. Es ist ausgerechnet die teuerste Steckdosenleiste im Test, Steba Variabl der Schweizer Firma Steffen.

Die Verbindungsstellen in der Steckdosenleiste werden zu warm. Die Experten vom TÜV Süd haben den Test nach der aktuellen Norm durchgeführt. Sie verlangt, dass eine Steckdosenleiste auch bei hohem Stromdurchfluss nicht heiss werden darf.

Steckdosenleiste in der Übersicht
Legende: Steckdosenleiste mit Gesamturteil «ungenügend» SRF

Die Norm macht durchaus Sinn, wie Mark Henn, Standortleiter des TÜV Süd Frankfurt erläutert: «Heikel an Steckdosen ist, dass eine Erwärmung vom Verbraucher nicht wahrgenommen wird.» Denn Leisten liegen oft verborgen hinter Möbeln.

Plastik brennt in der «Glühdrahtprüfung»

Auch beim zweiten Mangel spielt die Erwärmung eine Rolle. Das Gehäuse von Steba Variabl ist aus Plastik. Wie in der Norm vorgeschrieben hat das Labor in der Glühdrahtprüfung einen 750 Grad heissen, brennenden Stift auf ein Stück des Plastikgehäuses geführt. Der Plastik darf kurz brennen, müsste aber gleich wieder verlöschen. Das tat er jedoch nicht, er brannte weiter. «Dieses Material ist für eine Steckdosenleiste ungeeignet», bilanziert Mark Henn.

Steba Variabl fällt auch in einem dritten Prüfpunkt durch. Man kann sie ohne grossen Kraftaufwand auseinanderbrechen. Nach Einschätzung des Tüv Süd hätte auch ein Kind genügend Kraft, um die Leiste zu öffnen. Dann könnte es die offenliegenden Drähte berühren.

Steffen überarbeitet die Steckdosenleiste

Hersteller Steffen hat sofort reagiert und die beanstandete Steckdosenleiste aus dem Verkehr gezogen. Die Firma hat Nachtests veranlasst (siehe Kasten «Steba Variabl im Nachtest …», ganz unten) und will das Modell nun verbessern: «Im Zuge der Überarbeitung des Artikels nach neuestem Normenstand werden Verbesserungen konstruktiver Art und in Bezug auf die Flammresistenz sofort einfliessen.»

Steffen AG stellt sich auf den Standpunkt, ein Rückruf der bereits verkauften Steckdosenleisten sei nicht nötig. Das werde auch von der zuständigen Kontrollbehörde Esti bestätigt. Das Esti will dazu keine Auskunft dazu geben.

Tabelle mit Übersicht
Legende: Steckdosenleisten mit Gesamturteil «genügend» SRF

Bei 3 der übrigen 7 Steckdosenleisten hat der Tüv Süd überhaupt keine Mängel festgestellt. Sie wurden alle mit dem Gesamturteil «gut» bewertet. Darunter war auch eine der billigsten Leisten im Test, Prix Garantie mit 5 Steckern für Fr. 3.90. Trotz minimaler Abweichung von der Norm und kleinem Notenabzug bei «Brennenstuhl» von Jumbo (günstigstes Modell im Test, Fr. 3.40, aber mit nur 3 Steckdosen) reichte es bei diesem Modell für ein «gutes» Gesamturteil.

Tabelle mit Übersicht
Legende: Steckdosenleisten mit Gesamturteil «gut» SRF

Drei Modelle haben kleinere Mängel und werden als «genügend» eingestuft. «On-Off» wird bei hohem Stromdurchfluss ein wenig zu warm, bei Ikea Koppla und M-Budget waren nach dem Falltest die Stifte des Steckers verbogen. Benutzbar waren die Stecker aber trotzdem.

Kabel sind oft zu kurz

Letzter Kritikpunkt: Die Kabellänge war bei On-Off (um 10%) und M-Budget (um 8%) zu kurz. Der Importeur der On-Off-Leiste hat versprochen, das Kabel zu verlängern, Migros will nur die Deklaration ändern. Jumbo verlangt von Brennenstuhl (4% zu kurz), dass die Kabel in Zukunft in der angegebenen Länge ausgeliefert werden.

Resultate in deutschem Test sind schlechter

Ein Test der Stiftung Warentest vom Juli dieses Jahres in Deutschland hat deutlich schlechtere Resultate ergeben: Mehr als die Hälfte der getesteten Steckdosenleisten hatten sicherheitsrelevante Mängel.

Steba Variabl im Nachtest – und was die Überwachungsbehörde (nicht) sagt

Die Firma Steffen habe Steba Variabl nachprüfen lassen, wie Jean-Paul Egloff, Leiter Marketing bei Steffen, dem «Kassensturz» schreibt. Die Resultate der Nachtests gemäss Egloff:

  • Die zu hohe Wärmeentwicklung habe sich in mehreren Nachtests nicht gezeigt.
  • Der Plastik habe auch im Nachtest gebrannt. Weitere Versuche hätten gezeigt, dass das Material erst ab 740 Grad brenne, die Norm damit nur knapp verpasst wurde. Grund: Der Lieferant hätte «nicht konformes Material» geliefert. Mit diesem Plastik würden keine Steckdosenleisten mehr hergestellt.
  • Der Bruchsicherheitstest des Tüv Süd sei kein Normtest. Man werde die Konstruktion trotzdem verbessern, damit die Leiste nicht geöffnet werden könne.

Die bemängelte Steckdosenleiste trägt das Zeichen S+, welches bescheinigt, das Produkt sei normenkonform. Der «Kassensturz» hätte gerne gewusst, wie das möglich ist. Das Eidgenössische Starkstrominspektorat (Esti) als Herausgeberin dieses Zeichens und zuständige Überwachungsbehörde hält sich aber bedeckt. Einzige Auskünfte: Die Steffen AG habe sich ans Esti gewandt, als Folge sei ein «Marktüberwachungsverfahren» eröffnet worden. Das Esti will jedoch keine weiteren Aussagen zum konkreten Fall machen.

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