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Kassensturz-Tests Drei-Sterne-Hotels: Sterndeutung im Hotelzimmer

Kassensturz und A Bon Entendeur haben Drei-Sterne-Hotels in Wintersportorten getestet. Wer sich auf die Sterne verlässt, kann eine böse Überraschung erleben. Sie sagen nur, ob Bad und Frühstücksbuffet vorhanden sind. Über Badezimmer oder die Qualität des Services schweigen sich die Sterne aus.

Wer ein Hotel bucht, muss in den Sternen lesen. Doch wer sich bei der Wahl der Herrberge auf ebendiese verlässt, kann leicht daneben greifen: Die verschimmelte Absteige schmücken gleichviel Sterne wie das schmucke Hotel an bester Lage mit grosszügigen Zimmern und luxuriösem Bad. Wie kann das sein?

«Die Sternekategorisierung gibt nur Auskunft, ob eine Einrichtung oder eine Dienstleistung vorhanden ist. Über den Zustand er Einrichtung und die Qualität der Dienstleistung sagen die Sterne nichts», erklärt Christian Laesser vom Institut für Öffentliche Dienstleistungen und Tourismus der Universität St.Gallen.

Die Sterne erhalten die Hotels nicht von einer unabhängigen Stelle. Sie geben sie sich aufgrund der Kriterien des Hoteliervereins selbst: «Es stellt sich deshalb schon die Frage, wie objektiv es ist, wenn sich die Branche selber qualifiziert», kritisiert Laesser. Zwar kontrolliert der Schweizerische Hotelierverein die Daten der Hotels. Dies jedoch alle fünf Jahre und nur nach Voranmeldung.

Kassensturz und A Bon Entendeur wollten wissen, ob Drei-Sterne-Hotels in Wintersportorten halten, was sie versprechen und haben in einer Stichprobe 22 Hotels in der Deutsch- und Westschweiz besucht. D

ie Tester vermassen die Grösse der Zimmer und Bäder, Einrichtungsgegenstände wie Betten, Spiegel und Fernsehgeräte und wollten unter anderem wissen, ob ein Safe vorhanden ist, die Minibar funktioniert und die Preise angeschrieben sind.

Das Erfreuliche vorab: Es gibt Drei-Sterne-Hotels, die weit mehr bieten, als die Sterne vermuten lassen: Buchstäblich begeistert war der Kassensturz-Tester vom Hotel Engiadina in Scuol: Der Empfang war herzlich.

Das Schlafzimmer geschmackvoll eingerichtet, blitzsauer und 40 Quadratmeter gross - Der Hotelierverein verlangt für drei Sterne nur 14 Quadratmeter. Begeisterung löste auch das Bad aus: Hochmodern mit grosser Wanne und gläserner Dusche.

In anderen Hotels reizte das Bad höchstens den Magen: Der Abfluss der Toilette im Hotel Aurora in Andermatt war schwarzbraun. Und an der Badezimmerwand tummelte sich grossflächig Feuchtigkeitsschimmel. «Die Toilette will ich ersetzen. So will ich das nicht haben. Das ist falsch und macht einen schlechten Eindruck», sagt Aurora-Wirtin Vreny Mattli.

Den Schimmel führt sie auf Probleme mit dem Flachdach zurück. Das lecke Dach soll repariert werden. Note: 2,5. Wenig Freude machte auch das Zimmer im Hotel Central-Wolter in Grindelwald: Eigenwillige Möblierung und das Bad gefielen nicht.

Die Tester gaben die Note 3,0. Wirt Andreas Kaufmann schreibt: «Die neun Zimmer mit beschränkter Grundfläche und Aussicht haben wir zu Themenzimmern gemacht. Das getestete Sennerzimmer kommt bei unseren vielen Stammgästen meist sehr gut an. Das Badezimmer werden wir erneuern.»

Nur die Note 3,5 erhielt das Grischuna in Flims-Waldhaus. Grund: Beim Hotel Grischuna waren am Nachmittag die Türen verschlossen. Die Tester standen in der Kälte. «Unser Hotel ist seit vielen Jahren immer von 14 bis 17 Uhr geschlossen. Wir sagen das normalerweise bei der Reservation», nimmt Jürg Böni vom Hotel Grischuna Stellung.

Nichts zu meckern gab es im Hotel Drei Könige und Post in Andermatt: Hie ist alles vorhanden, was vorgeschrieben ist und noch Einiges mehr. Das Zimmer war sehr geräumig und das Bad tadellos. Das gibt Note 5. Ebenfalls eine 5 erhält das Hotel Caprice in Grindelwald: Die Tester bescheinigen einene sehr angenehmen Aufenthalt. Zu bemängeln haben sie nichts.

In allen getesteten Hotels wurden je fünf Abklatschproben genommen und hinterher im Labor mikrobiologisch geprüft. Hier zeigten sich alle Hotels vorbildlich: Geputz wird überall tüchtig, auch da, wo sich die Entzückung der Tester in Grenzen hielt.

Die Sterne sind verantwortlich für rund 40 Prozent der Beschwerden, die jährlich bei der Ombudsstelle der Schweizer Hotellerie eingehen. Seit Jahren verspricht der Hotelierverein Besserung.

Selbst die Verbandsmitglieder sind mit der heutigen Klassifizierungspraxis unzufrieden: «Man sollte nicht nur alle fünf Jahre bei der Neuklassifizierung die Hotels prüfen sondern auch zwischendurch, so wie es der Kassensturz jetzt macht, und vielleicht Noten verteilen», findet Alex Renner vom Hotel Drei Könige in Andermatt.

Riet Frey von hotelleriesuisse nahm im Studio Stellung und betonte, dass von den 1300 klassifizierten 3-Sterne Hotels jedes Jahr 300 geprüft würden. Zudem würden alle fünf Jahre alle neu deklariert. «Wenn wir sehen, dass jemand nicht Kriterien entspricht, gehen wir dagegen vor», sagte Frey.

In Zukunft wolle man bei der Klassifizierung die Besten der Kategorie belohnen und mit einem «Superior» ausstatten. Auch die Konsumentinnen und Konsumenten sollen laut Frey besser miteinbezogen werden.

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