Bis vor ein paar Jahren war eine tadellose Sprechverbindung eines der wichtigsten Kriterien bei der Wahl des Telekom-Anbieters. Heute nutzen viele Kunden das Handy nicht nur zum Telefonieren, sondern surfen damit auch im Internet. Statt über abgebrochene Sprechverbindungen ärgern sich Kunden über den schleppenden Aufbau der angeklickten Internet-Seiten.
Breitspurige Download-Versprechen
Für die vermehrte kabellose Nutzung des Internets sind UMTS-Antennen (3G) nötig. Denn Internet-Anwendungen fressen ungleich mehr Datenvolumen als der Sprechverkehr. Auch wenn UMTS-Antennen vorhanden sind: Je mehr Surfer, desto kleiner der verfügbare Datenstrom für jeden einzelnen, desto langsamer der Aufbau von Internet-Seiten.
Schätzungsweise eine Million Smartphones sind in der Schweiz bereits verkauft worden. Und die Telekom-Anbieter treiben den Verkauf dieser internetfähigen Handys und von USB-Steckern für Laptops voran. Gleichzeitig versprechen sie landesweit Highspeed-Zugang ins Internet. Können Swisscom, Sunrise und Orange ihren Kunden wirklich überall eine schnelle Verbindung bieten?
Die Anbieter versprechen ihren Kunden zu viel. Das zeigt der «Kassensturz»-Test. Einzig in den Städten ist die Versorgung aller Telekom-Firmen gut. Und selbst dort ist die effektiv Surfgeschwindigkeit tiefer, als die Telekomanbieter in ihrer Werbung angeben. Die Experten haben auf ihrer Tour maximal 3 Mbit/s (Megabit pro Sekunde, Rate für den Download) gemessen, im Durchschnitt betrug die Surfgeschwindigkeit zirka 1,5 Mbit/s.
Im UMTS-Netz mit dem schnellen HDPSA-Standard ist derzeit eine Download-Rate von 3,6 Mbit/s möglich. Das entspricht in etwa dem Tempo eines ADSL-Heimanschlusses. Für den Begriff «Highspeed» – hohe Geschwindigkeit – gibt es zwar keine verbindliche Definition. Dieses Versprechen scheint auf jeden Fall etwas hoch gegriffen. Auf die einzelnen Anbieter heruntergebrochen: Die durchschnittlichen Download-Raten im Test lagen
- für Swisscom bei 1,6 MBit/s,
- für Sunrise bei 1,4 MBit/s und
- für Orange bei 1,2 MBit/s.
Surfen im Zug: Ungenügend
Ausserhalb der Städte hat Swisscom das leistungsfähigste Netz. Sunrise liegt knapp dahinter. Auf den 1100 zurückgelegten Autokilometern ist Orange deutlich abgeschlagen. Selbst auf stark befahrenen Routen wie Basel-St. Gallen oder Zürich-Chur ist der Datenempfang mittelmässig, streckenweise sogar unmöglich.
Frustrierend sind die Ergebnisse im Zug. Ausgerechnet auf der Zugsfahrt, wo Reisende mit Smartphone und Laptop viel Zeit zum Arbeiten, Surfen und Spielen haben, ist die Qualität der Datenübertragung schwach. Und zwar bei allen drei Anbietern.
SBB bauen Verstärker ein
Immerhin sind die Swisscom-Kunden etwas besser bedient. Doch Surfen ohne Unterbruch ist auch beim Telekom-Riesen selten möglich. Sunrise bietet die zweitbeste Verbindung im Zugsnetz. Bei Orange fallen – wie beim Auto-Test – die Lücken im Netz auf. Surfen im Zug ist für Orange-Kunden im Tessin, im Jura oder etwa zwischen St. Gallen und Zürich über weite Strecken unmöglich.
SBB und Telekom-Firmen sind jetzt daran, die Züge mit Verstärkern auszurüsten. Diese sollen das Signal des UMTS-Netzes besser in die Wagen lenken. Die Surfer müssen sich aber noch 4 Jahre gedulden, bis alle Züge diesen Ausbau-Standard erreichen.
Im Europa-Vergleich schwach
Wer sein Handy nur zum Telefonieren verwendet, ist bei allen drei Anbietern praktisch gleich gut aufgehoben. Die Messungen der Experten zeigten, dass die Sprachqualität bei keinem Provider eine grosse Herausforderung darstellt. Einzig das Telefonieren in den Zügen ergab leichte Vorteile für die Swisscom.
Doch nicht nur in der Schweiz, sondern auch in vier weiteren europäischen Ländern wurden die Funknetze der Telekom-Anbieter getestet. Die Schweiz landet in diesem Vergleich nur im hinteren Mittelfeld. Die Provider in Portugal, Spanien und Italien haben ihre Netze besser ausgebaut. Nur Belgien schneidet schlechter ab als die Schweiz. Wie sehr die Schweizer Telekom-Firmen im Rückstand sind, zeigt das Beispiel Swisscom: Die Nummer 1 auf dem heimischen Markt belegt in der Tabelle gerade mal Rang 9 – von 17 getesteten Anbietern.
So wurde getestet
Das deutsche Institut Müller-BBM hat für «Kassensturz» und seinen welschen und Tessiner Partnern die Handynetze von Swisscom, Orange und Sunrise getestet: Wie gut ist die Sprechverbindung? Wie rasch lassen sich Seiten im Internet aufbauen und Dokumente herunterladen?
Gemessen hat das Labor in Städten, auf dem Land und im Zug. Im grössten je durchgeführten unabhängigen Test hat ein Experte von Müller-BBM die Schweiz befahren: 1100 km mit dem Auto, 1300 km mit dem Zug.
Der Tester hat sowohl das GSM-Netz (Technologie fürs Telefonieren) als auch das UMTS-Netz (Technologie fürs mobile Internet via Handy und Computer) geprüft. Ein Spezialgerät hat laufend Verfügbarkeit und Signalstärke der Netze gemessen und gespeichert. Die Experten machten immer wieder Leistungstests, um die effektive Surfgeschwindigkeit der einzelnen Anbieter zu messen.