Schweizerinnen und Schweizer lieben Kaffee heiss. Und trotz der Konkurrenz von Kapselsystemen verkaufen sich Vollautomaten gut. Beliebt sind Vollautomaten auch deswegen, weil die meisten mit einer Milchschäumfunktion ausgerüstet sind. Einige Modelle stellen sogar auf Knopfdruck einen fertigen Cappucchino her.
Viele schlechte Degustationsnoten
Kassensturz hat 8 der meistverkauften Kaffeevollauto-maten zur Prüfung ins Labor geschickt und Café crème und Espressi jeder Maschine von einer Fachjury degustieren lassen. Preise der Geräte: 829 bis 1390 Franken.
In der Degustation, die von Sensoriker Patrick Zbinden begleitet wurde, sollte sich zeigen, ob die Maschinen aus guten Kaffeebohnen auch guten Café crème und Espresso brühen können. Das Ergebnis war sehr durchzogen.
Lauter kalter Kaffee
Die Experten störte bei allen Maschinen, dass der Espresso zu wenig heiss ist. Und das, obwohl die Tässchen vorgewärmt waren. Beim Café crème ist eine zu tiefe Temperatur dank der grösseren Wassermenge weniger störend.
Labormessungen untermauern die Kritik am «kalten Kaffee». Auch Prüfleiter Sven Richert vom Stuttgarter Prüfinstitut Ipi ist dieser Punkt aufgefallen: «Wir haben 65 bis 70 Grad gemessen, was sicher unter der idealen Temperatur für Espresso liegt.» Und dank langjähriger Erfahrung in Tests von Vollautomaten weiss er auch, dass diese Temperaturen zu tief sind.
De Longhi Doppelsieger im Geschmack
Überzeugt in der Blinddegustation haben die beiden De-Longhi-Geräte. Nicht zuletzt dank der besten Noten in der Degustation für Café crème und Espresso sind De Longhi Esam 3.110 und Ecam 23.210 mit der gleichen Note Testsieger geworden. Auffällig: Bei den meisten Maschinen liegen die Degustationsnoten für Café crème und Espresso deutlich auseinander.
Bei den Brühgetränken von De Longhi überwogen die positiven Kommentare, auch wenn die Expertenjury nicht eine einhellige Meinung hatte.
Der Café crème von Esam 3.110 sei «kräftig ausgewogen», habe «eine angenehme Bitterkeit» und bringe «Röstaromen, florale Noten und Früchte gut zur Geltung». Der Espresso wurde in der Tendenz als zu sauer bezeichnet, erhielt aber auch relativ gute Noten.
Einstellungen für Degustation optimiert
Auch De Longhi Ecam 23.210 erhielt vorwiegend positive Kommentare: «viele erkennbare Aromen, Ver-hältnis von Aroma, Aromavielfalt, Körper, Bitterkeit und Säure sehr schön, ausgewogener Café Crème». Für den Espresso erhielt diese Maschine die besten Noten.
Die Bewertung der fertigen Café crème und Espressi ist naturgemäss schwierig. Es spielen die Kaffeesorte und die Einstellungen eine wichtige Rolle. Deshalb wurden die Einstellungen jedes Geräts vor der Degustation optimiert, um das Bestmögliche herauszuholen.
Das Labor Ipi hat die Maschinen auf Herz und Nieren geprüft. Erfahrene Laborexperten bewerteten Milch-schäumchen, Reinigung, aber auch tägliche Handgriffe wie Wasser und Bohnen einfüllen oder Schale und Tresterbehälter leeren. Und sie ermittelten den Stromverbrauch.
Stromverbrauch trotz abgeschalteter Maschine
Beim Stromverbrauch gibt es grosse Unterschiede. Kaffeemaschinen verbrauchen naturgemäss nicht nur beim Aufstarten und Kaffeebrühen Strom, sondern auch im Bereitschaftsmodus.
Aber Achtung: Überraschender ist, dass die meisten auch nach dem automatischen Abschalten weiter Strom beziehen. Das heisst: Ältere Maschinen muss man mit dem Aus-Knopf ausschalten, will man Standby-Verluste vermeiden.
Nur Jura Ena 9 und Satrap Oecoplan schalten komplett ab. Die Maschine, die nach dem automatischen Off am meisten Strom verbraucht, ist Jura F 50. Jura schreibt, dass der «Kassensturz» eine F 50 eingekauft habe, die schon seit Anfang 2010 mit energieeffizienter Technologie ausgestattet sei (siehe dazu Stellungnahmen Vollautomaten: «Stellungnahmen zum Test»).
Positiv: Alle Maschinen fressen keinen Strom, wenn sie mit dem Hauptschalter abgeschaltet wurden. Ebenfalls positiv: Alle getesteten Geräte schalten früher oder später automatisch ab.
Allerdings sind die Grundeinstellungen sehr unter-schiedlich: Während Rotel Universa schon nach einer halben Stunde auf null Energie schaltet, passiert das bei Jura F 50 erst nach fünf Stunden.
Trotz der vollständigen automatischen Abschaltung entspricht Satrap Oecoplan nicht den Erwartungen an eine energieeffiziente Maschine. Der Name Oecoplan steht für ökologische Produkte bei Coop.
Optimal wäre der Null-Energieverbrauch nach dem automatischen Abschalten. Bis die Oecoplan-Maschine ausschaltet, ist ihr Verbrauch aber einer der höchsten (13 Wh). Zum Vergleich: Rotel und Bosch verbrauchen 3 Wh.
Kaffeemaschinen: Enormes Sparpotential
Diese Werte scheinen zwar gering, in der Summe von Hunderttausenden von Kaffeemaschinen in der Schweiz verschlingen sie aber enorm viel Energie. Gemäss Bundesamt für Energie (BfE) verbrauchen Kaffeemaschinen in der Schweiz zusammen 400 Millionen Kilowattstunden (kWh) Strom, so viel wie die Stadt Luzern.
Das BfE rechnet vor, dass energieeffiziente Kaffee-maschinen und optimale Einstellungen eine Stromreduktion von 30% bis 50% ermöglichen sollten. Das wäre eine Einsparung zwischen 25 und 40 Millionen Franken.
Zurück zu den Gesamtresultaten: Jura F 50, eine Maschine, die seit Jahren zu den gutverkauften Kaffeevollautomaten gehört, hat eine «ungenügendes» Gesamturteil erhalten – nicht nur wegen der unbefriedigenden Strommessungen.
Jura F 50 fiel auch in der Espresso-Degustation bei der Jury einhellig durch. Immerhin landet Jura mit ihrem neueren Modell Ena Micro 9 im vorderen Mittelfeld. Sie zeichnet sich auch durch eine gut funktionierende Cappucchino-Funktion aus.
Fertigen Cappuchino auf Knopfdruck können neben Jura Ena Micro 9 nur Rotel Universa 785 und Bosch Verobar 300 herstellen: Das gelingt allen 3 Automaten gut, Universa und Verobar bekommen gar noch etwas bessere Noten für den ihren Cappuchino.
Bei allen anderen Vollautomaten schäumt man die Milch mit einer integrierten Dampfdüse auf. Das ist mit mehr Handarbeit verbunden.
Kaffeevollautomaten im Test: Das Fazit
Wer möglichst geschmackvollen Café crème oder Espresso trinken möchte, ist mit den beiden De-Longhi-Vollautomaten am besten beraten. Welches Gerät man auch kauft, immer gilt: Am Anfang mit verschiedenen Kaffeesorten, Mahlgraden, Kaffee- und Wassermengen pröbeln. Denn jede Kaffeemaschine muss für Bohnensorte frisch eingestellt werden.
Wer fertigen Cappucchino ohne grossen Aufwand zubereiten will, wählt ein Gerät mit spezieller Cappucchino-Funktion. Für schönen Milchschaum eignet sich Satrap Oecoplan am wenigsten. Der Milchschaum ist viel zu grobporig und fällt innert Sekunden zusammen.
So wurde getestet
Eine fünfköpfige Expertenjury bewertete in einer Blinddegustation Espresso und Café crème aus jeder Maschine. Für den Test wurden Kaffeebohnen «Lilla e Rose» des Rösters Blaser ausgewählt – eine Kaffeemischung mit einer grossen Geschmacksvielfalt. Da gleiche Bohnen je nach Einstellung (Mahlgrad, etc.) anders schmecken, wurden die Maschinen vor der Degustation einzeln für Espresso und Café crème eingestellt.
Das Labor Ipi – Institut für Produktforschung und Information in Stuttgart (DE) testete die Maschinen.
Milch aufschäumen
- Wie schön ist der Milchschaum? Wie rasch fällt er zusammen?
- Wie einfach ist es, Milch aufzuschäumen, wie viele Handgriffe sind nötig?
- Wie leicht ist das Milchschäumsystem zu reinigen?
Funktion
- Wie lange dauert es, bis die Maschine betriebsbereit ist?
- Wie lange dauert es, bis ein Espresso gebrüht ist?
- Wie heiss ist der Espresso?
Handhabung
- Wie aufwändig und kompliziert ist die erste Inbetriebnahme der Vollautomaten?
- Wie praktisch ist es Kaffee zuzubereiten, Wasser und Kaffeebohnen nachzufüllen?
- Wie aufwändig sind Reinigung und Wartung?
- Wie viel Platz benötigen die Geräte unter Berücksichtigung des nötige Freiraums für das Nachfüllen von Wasser und Bohnen?
Energieverbrauch
Wie viel Energie verbraucht die Maschine …
- im Bereitschaftmodus?
- nachdem sie sich automatisch abgeschaltet hat?
- fürs Aufstarten, bis sie betriebsbereit ist?
- für die Zubereitung von einem und zwei Espressi?
Zudem:
- Wie lange dauert es in der Voreinstellung, bis die Maschine automatisch ausschaltet?