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Parfums im Test: Verbotene Gifte inklusive
Aus Kassensturz vom 07.02.2006.
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Kassensturz-Tests Parfums im Test: Verbotene Gifte inklusive

Kassensturz und K-Tipp fanden in Parfums verbotene Phthalate. Wissenschaftliche Studien beweisen: Diese Giftstoffe beeinträchtigen die Fruchtbarkeit der Männer.

Sie heissen Opium, Chanel No. 5 oder Poison und betören Männlein und Weiblein gleichermassen. Schon vor 5000 Jahren schmückten sich die Menschen mit fremdem Duft.

Waren es erst reine Kräuter, Blumen und Harze, begann man deren Wohlgeruch schon bald durch Hitze und Rauch - per fumum - zu verstärken. Welche Konsequenzen dies für Mensch und Umwelt haben würde, ahnte damals noch niemand.

Ende der 90er Jahre entdeckten Toxikologen Phthalate in Kosmetika und Parfums. Phthalate werden als Weichmacher eingesetzt. In Kosmetika helfen sie, den Duft zu binden und dass das Parfum möglichst lange wirkt.

Doch diese Phthalate sind gefährlich, denn sie wirken hormonaktiv: Die Zürcher Umwelttoxikologin Margret Schlumpf konnte bei Tests mit hormonaktiven Substanzen (UV-Filtern) an Ratten aufzeigen, dass diese Stoffe fortpflanzungsgefährdend wirken können. Die Konzentration in den einzelnen Produkten spielt dabei nicht die entscheidende Rolle.

Kassensturz und K-Tipp haben 30 gängige Frauen- und Herrendüfte getestet. Gesucht wurden insbesondere nach den drei verbotenen Phthalate DEHP, DBP und BBP. Die gute Nachricht: 29 von 30 Produkten erfüllen die gesetzlichen Vorgaben und unterschreiten den Grenzwert von 2000 Milligramm pro Liter klar.

Bekannte Damendüfte, unter anderen Opium, Poison oder Gaultier Classique und die Herrendüfte Eternitiy von Calvin Klein und Bulgari sind sogar empfehlenswert. Bei anderen Produkten von Chanel, Kenzo, Gucci, Joop oder Estée Lauder wurden bereits deutlichere Spuren von Phthalaten entdeckt. Sie sind deshalb «weniger empfehlenswert» aber immer noch innerhalb der gesetzlichen Vorgaben. Darunter ist auch «All Woman» von Mibelle, das die Migros verkauft. Pressesprecher Urs-Peter Naef sagt dazu: «In den Rezepturen sind die Phthalate nirgends erwähnt. Es war uns ein Rätsel. Wir haben nirgends etwas gefunden. Doch dann haben wir entdeckt, dass es in den Dichtungsringen der Sprühpumpen Weichmacher hat.» Ein Parfum, «Sometimes» von «Hubert Montandon» übersteigt den gesetzlichen Grenzwert um das 20fache. Das Parfum wird vor allem übers Internet vertrieben.

Pestizide, Chemikalien und eben auch Phthalate sind über Abwässer längst in die Nahrungskette gelangt. Diese hormonaktiven Stoffe führen zu einer schleichenden Verweiblichung der Männer. Bereits im Körper der Schwangeren wird die Samenproduktion des männlichen Embryos nachhaltig gestört.

Eine Lausanner Forschergruppe um Marc Germond bestätigt den Rückgang der männlichen Samenzellen bei jungen Männern: «Wir haben festgestellt, dass sich die Spermienkonzentration in den letzten 50 Jahren auffallend und entscheidend verringert hat», sagt Marc Germond.

Zurzeit werden im Rahmen einer Nationalfondsstudie die Spermien von angehenden Rekruten genauer untersucht. Die Studie will die ganze Schweiz bezüglich der Spermienqualität kartieren. Die Ergebnisse zur Fruchtbarkeit des Schweizer Mannes werden diesen Sommer erwartet.

Dann sollen auch beunruhigende Beobachtungen zur Hodengrösse der Öffentlichkeit vorgestellt werden. «Wir haben die Vermutung, dass die Hoden kleiner werden. Wir müssen aber jetzt prüfen, ob dem so ist. Diese Untersuchung läuft noch», sagt Fortpflanzungsmediziner Alfred Senn.

Das Bundesamt für Gesundheit weiss um die Gefahr, die von Phthalaten ausgeht. Seit Anfangs Jahr sind deshalb wie in der EU die Phthalate DEHP, DBP und BBP in Parfums verboten - allerdings mit einem Grenzwert vom 2000 Milligramm pro Liter. «Ein Nullwert ist unrealistisch.

Man findet Spuren von Substanzen in Produkten. Wenn sie nicht gesundheitsgefährdend sind, dann sind sie akzeptiert», sagt Michel Donat vom Bundesamt für Gesundheit. Toxikologin Margret Schlumpf anerkennt die Bemühungen von Bund und der Branche. Man müsse jetzt aber abwarten, wie sich die Konzentrationen in den Kosmetika entwickelten.

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