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Arbeit Muss ich mit Grippe arbeiten gehen?

Aus Angst vor Jobverlust oder aus schlechtem Gewissen schleppt sich fast die Hälfte aller Angestellten einmal pro Jahr krank zur Arbeit. Das ist bedenklich. Denn: Arbeitgeber dürften das nicht akzeptieren.

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Muss ich mit Grippe trotzdem arbeiten gehen?
aus Ratgeber vom 19.11.2013. Bild: Colourbox
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Die Nase läuft, die Glieder schmerzen und der Schädel brummt. Trotzdem schleppen sich derzeit viele Angestellte an den Arbeitsplatz. Dass sie dort ihre Kolleginnen und Kollegen anstecken könnten, ist allen klar. Und dass sie ihrer Gesundheit so keinen Gefallen erweisen auch.

Kranke dürfen nicht arbeiten

Aus Angst, vor den Vorgesetzten als Weichei oder als nicht belastbar zu gelten, beissen viele die Zähne zusammen. Dabei hätten Vorgesetzte die Pflicht, kranke Mitarbeiter nach Hause zu schicken. Laut Gesetz haben sie die Gesundheit ihrer Angestellten zu schützen. Sie dürfen kranke Angestellte nicht überfordern und müssen alles unternehmen, damit ein Mitarbeiter am Arbeitsplatz andere nicht ansteckt.

Diese Pflicht nimmt im Alltag kaum ein Betrieb wahr. Lieber empfiehlt man den Angestellten, sich gegen Grippe impfen zu lassen. Aber: Dazu gezwungen werden darf grundsätzlich niemand. Ausnahmen sind nur unter ganz besonderen Umständen denkbar. Während einer Grippewelle zum Beispiel dürften Spitäler oder Heime eine Impfung verlangen, allerdings nur von Mitarbeitenden, die engen Kontakt zu besonders gefährdeten Patienten haben.

Der Chef darf ein Arztzeugnis verlangen

Die meisten Arbeitgeber verlangen, dass kranke Angestellte nach drei bis vier Tagen ein Arztzeugnis vorlegen müssen. Diese Regelung findet sich auch in verschiedenen Gesamtarbeitsverträgen. Ohne eine solche Vereinbarung kann ein Arbeitgeber bereits ab dem ersten Tag ein Zeugnis verlangen. Ebenso, wenn der Mitarbeiter zum Beispiel auffallend häufig am Montag fehlt. Hat der Arbeitgeber Zweifel, darf er seinen Angestellten jederzeit zum Vertrauensarzt schicken. Die Kosten für den Untersuch muss allerdings der Betrieb bezahlen.

«Komme heute nicht – hab hohes Fieber!»

Woran ein kranker Angestellter leidet, geht den Arbeitgeber nichts an. Das scheinen viele nicht zu wissen: Auf der Abteilung weiss jeder, dass Vreni Burri vom Empfang Magen-Darmgrippe hat und Kurt Buchwalder aus dem Controlling mal wieder mit einem entzündeten Ischias-Nerv im Bett liegt.

Die Schattenseite dieser Offenheitskultur: Mitarbeitende geraten unter Druck und müssen sich Notlügen einfallen lassen, wenn sie nicht möchten, dass der ganze Betrieb, woran sie leiden. Dabei ist das ihr gutes Recht. Auch Ärzte dürfen bezüglich der Diagnose keine Auskunft geben. Sie unterstehen der Schweigepflicht.

Kürzere Absenzen von wenigen Tagen sind meist rasch wieder vergessen. Bei längeren Ausfällen dagegen können Angestellte in existenzielle Not geraten. Zum Beispiel, wenn ihr Arbeitgeber keine Krankentaggeldversicherung für seine Angestellten abgeschlossen hat. In diesem Fall muss der Arbeitgeber im Krankheitsfall den Lohn nur für eine beschränkte Zeit zahlen. Wie lange, hängt von der Dauer der Betriebszugehörigkeit ab. Im ersten Anstellungsjahr sind es gerade mal drei Wochen.

Kündigung auch bei Krankheit möglich

Krankentaggeldversicherung dagegen bezahlen in der Regel 80 Prozent des Lohnes während maximal zwei Jahren. Selbst dann, wenn das Arbeitsverhältnis in der Zwischenzeit aufgelöst worden ist.

Denn: Auch wenn man krank ist, darf der Arbeitgeber kündigen. Das Gesetz bietet nur einen sehr beschränkten Kündigungsschutz: Im ersten Anstellungsjahr darf ein Arbeitgeber einem kranken Angestellten nach 30 Tagen kündigen, zwischen dem zweiten und dem fünften Dienstjahr nach 90 Tagen und danach nach 180 Tagen.

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