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Arbeit Weiteres Schwindel-Register im Internet

Wieder werden dutzende Kleinunternehmer von einem Registerhai an der Nase herumgeführt. Die Masche der Betreiber von branchenauskunft24.ch ist dreist und klar verboten. Jetzt wird die Politik aktiv.

Daniela und Michael Berther führen eine Bäckerei im bündnerischen Vella. Eines Tages ruft eine Dame an und erklärt, dass ihre Bäckerei einen Eintrag im Firmenverzeichnis branchenauskunft24.ch schriftlich kündigen müsse, falls man diesen nicht mehr wünsche.

Vorgegaukelt wird eine Vertragskündigung

Frau Berther weiss nichts von einem solchen Eintrag. Eine Verlängerung lehnt sie ab. Daher bekommt sie einen Fax, den sie sofort unterschreiben und zurücksenden soll. Nebst vielem Kleingedruckten steht fett hervorgehoben, dass der Vertrag nicht verlängert wird. Die bündner Geschäftsfrau unterschreibt, ist aber misstrauisch. Deshalb notiert sie von Hand, dass ihre Firma keinen Eintrag wünscht.

Wohl deshalb ruft der Registerhai drei Tage später erneut an. Dieses Mal war Daniel Berther am Telefon, der von der Vorgeschichte nichts wusste. Darauf spekulierte wohl die Dame. Sie forderte den Geschäftsinhaber auf, ein neues Formular zu unterschreiben, da das Fax seiner Frau nicht lesbar gewesen sei. Nur so werde der kostenpflichtige Eintrag verhindert. In der Bäckerei herrscht Hochbetrieb und Herr Berther unterschreibt, damit die Angelegenheit vom Tisch ist.

Das Übel steckt im Kleingedruckten

Kurze Zeit später bekommt das Bäcker-Ehepaar eine Rechnung über 1668 Franken. Frau Berther überprüft das unterschriebene Fax genau. Und tatsächlich: Auf der eigentlichen Vertragskündigung steht im Kleingedruckten und kaum lesbar, dass man einen Auftrag erteilt. Herr Berthers fühlt sich betrogen: «Ich finde es wahnsinnig, dass man mit so einer fiesen Tour auf kleine Unternehmen losgeht. Das ist schlicht und einfach Betrug.»

Hinzu kommt: Dieses Internet-Branchenregister ist völlig nutzlos. Es enthält kaum Einträge. Zudem muss der Kunde den Eintrag selbst gestalten. Und das für 139 Franken pro Monat.

Neue Firma, gleiche Masche

«Kassensturz» wollte von der Betreiberin der dubiosen Internetseite wissen, wie der horrende Preis für eine solche Leistung zu rechtfertigen sei. SC Webconnect Services SRL mit Sitz in Bukarest war zu einer Stellungnahme nicht bereit und wollte sich auch zu den Betrugsvorwürfen nicht äussern.

Verdächtig zudem: An derselben Adresse in Rumänien befindet sich Proinfo Marketing Servies SRL, die Betreiberin der Seite firmenportal24.ch. Diese Webseite funktioniert genau gleich und figuriert auf diversen Schweizer Warnlisten. Wohl deshalb versucht es dieser Registerhai mit einem neuen Firmennamen und einer neuen Webseite.

Nicht bezahlen und Vertrag anfechten

Die Berthers haben das Richtige getan: Sie haben den Vertrag per Einschreiben angefochten und nicht bezahlt. Genau das rät das Staatssekretariat für Wirtschaft Seco in seiner Broschüre «Vorsicht vor Adressbuchschwindlern!»

Doch das rumänische Unternehmen blieb stur: Bald hagelte es Mahnungen und schliesslich kam Post von einem Inkassobüro, das mit unangenehmen Folgen drohte. Das kann verunsichern.

Geld wird kaum gerichtlich eingefordert

Rechtsexpertin Doris Slongo aber rät, unbedingt standhaft zu bleiben. «Am besten teilt man dem Inkassobüro mit, dass es Geld für eine strafbare Handlung eintreibe und dass man Strafanzeige erstatte, falls weitere Korrespondenz folgt.» Wenn es trotzdem zu einer Betreibung kommen sollte, sei wichtig, innerhalb von fünf Tagen Rechtsvorschlag zu erheben. «Und dann kann man zurücklehnen.» Denn die erfahrene Rechtsanwältin ist sich sicher: Der Registerhai wird den Fall kaum vor Gericht bringen, weiss er doch, was ihm blüht. «Es wäre nämlich ein Leichtes, dem Richter aufzuzeigen, was hier gelaufen ist.»

Damit es aber gar nicht erst soweit kommt, empfiehlt es sich, Dokumente vor der Unterschrift genau zu prüfen. Also: Sich Zeit nehmen und auch das Kleingedruckte aufmerksam lesen.

Registerhaie auch ein Thema im Nationalrat

Das Ehepaar Berther bleibt standhaft, denn sie finden, dass dieser Firma das Handwerk gelegt werden muss. «Wir geschäften stets aufrichtig. Und dann wird man mit einer Firma konfrontiert, die ihr Geld auf eine solch üble Weise verdient. Ich muss 4000 Brötchen backen, bis ich zu diesem Betrag komme. Das geht doch nicht!», sagt der bündner Bäcker verärgert.

Zu hoffen ist, dass den Schweizer Unternehmen solcher Ärger künftig erspart wird. Nächsten Monat berät der Nationalrat die Revision des Unlauteren Wettbewerbsgesetztes (UWG). Bisher musste jedes Registerhai-Opfer selbst vor Gericht gehen. Neu soll auch das Seco Anzeige gegen Registerhaie erstatten können. Damit wollen die Behörden den Schlaumeiern das Handwerk legen.

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