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Familie und Freizeit Mit Fehldiagnose Flug verweigert

Weil Angestellte am Flughafen Zürich die roten Pünktchen eines Kleinkindes als Windpocken diagnostizierten, ist der Familie der Flug verweigert worden. Das Resultat: Der Flug war weg und die Ferien mussten abgesagt werden. Und die Punkte stellten sich als harmlose Hautirritation heraus.

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Mit Fehldiagnose Flug verweigert
aus Espresso vom 12.07.2013. Bild: zvg
abspielen. Laufzeit 6 Minuten 26 Sekunden.

«Espresso»-Hörerin Renata Burckhardt war mit ihrem Mann und dem anderthalb-jährigen Sohn Mitte Juni am Flughafen Zürich, und voller Vorfreude auf die Strandferien. Schon ein paar Tage hatte der kleine Bub einen Ausschlag an Bauch und Beinen.

Nach dem Check-In beschlossen die Eltern, noch vor dem Gate in die Apotheken zu gehen, um eine Crème zu besorgen. «Der Apotheker hat sich die Punkte angeschaut und meinte, ob das nicht eventuell die Windpocken sein könnten», erzählt Renata Burckhardt.

«Wir waren unsicher, schliesslich ging es unserem Sohn sonst gut. Kommt dazu, dass wir noch keine Erfahrung mit Kinderkrankheiten haben,» sagt Burckhardt.

In der Apotheke belauscht

Zusätzlich verunsichert wurden die Eltern durch eine Angestellte des Flughafens, die das Gespräch in der Apotheke mitgehört hat. Die Swissport-Angestellte wies die Eltern darauf hin, dass es unmöglich sei, den Flieger zu betreten, falls der Kleine tatsächlich die wilden Blattern hätte.

Und sie schlug nach Angaben der Mutter vor, dass sie in der Schalterhalle eine andere Swissport-Angestellte aufsuchen sollten, denn diese hätten Erfahrung mit Kinderkrankheiten.

Windpocken an Bord verboten

Die meisten Fluggesellschaften schreiben in ihren Geschäftsbedingungen klar, dass Passagiere mit einer Infektionskrankheit nicht an Bord dürfen, und explizit sind die Windpocken als infektiöse Kinderkrankheit dabei erwähnt.

Die kleine Familie stand also in der Schalterhalle, umringt von drei Swissport-Angestellten. Zwei davon mit «Muttererfahrung», so erzählt es Renata Burckhardt. Und schliesslich hätte eine der Frauen beschlossen, dass dies ziemlich sicher die «wilden Blattern» seien.

«Sie rief die Kollegen beim Gate an und wies sie an, unser Gepäck aus dem Flieger auszuladen», so die junge Mutter weiter. Die Eltern seien ziemlich überrumpelt gewesen von der Dynamik, die sich da plötzlich aufgebaut hatte.

Ärztliche Diagnose stellt richtig

Schliesslich begab sich die Familie zum Flughafen-Arzt. Dieser habe mit einem kurzen Blick festgestellt, dass es sich bei dem Ausschlag zu 99,9 Prozent nicht um Windpocken handle.

Die Familie hielt sich dann noch weitere sechs Stunden am Flughafen auf, um mit Hilfe von Swissport und der Fluggesellschaft doch noch eine Lösung zu finden, um in absehbarer Zeit nach Apulien zu fliegen.

Schliesslich, so Renata Burckhardt, habe Swissport angeboten, dass sie einen neuen Flug kaufen könnten, den Rückflug aber nicht bezahlen müssten. Auf dieses Angebot verzichtete die Familie und ging frustriert nach Hause.

«Swissport» reagiert und entschädigt die Familie

Nachdem «Espresso» bei der Flughafenservicegesellschaft interveniert, kam noch einmal Bewegung in die Sache. Wie der Leiter des Passagierdiensts, Roland Etter sagte, sei wohl die Situation für die Angestellten im Dienst an jenem Sonntag auch nicht einfach gewesen.

Und ob sich die erste Mitarbeiterin in der Apotheke hätte einmischen dürfen oder nicht, sei wohl eine Frage der Güterabwägung gewesen. «Unglücklich war dann sicher die Dynamik, die sich bei den Frauen ergeben hat, die selber Kinder haben und den Ausschlag des Buben mit den Windpocken der eigenen Kinder zu vergleichen versuchten», erklärt Roland Etter weiter.

Der Zeitdruck sei natürlich auch noch ein zusätzlicher Stressfaktor gewesen, denn der Flug war kurz vor dem Start und eine Entscheidung war gefragt. Nach Angaben der beteiligten Mitarbeiterinnen hätten sie versucht, den Medical Service zu kontaktieren.

Von dort habe es aber geheissen, man habe keine Zeit. «Wir haben unterdessen noch einmal mit allen Beteiligten gesprochen und bieten der Familie nun eine Entschädigung von 2000 Franken an. Schliesslich sind wir mitverantwortlich, dass ihre Ferien versaut wurden», meint der Passagierdienst-Chef weiter. Ein angemessenes Trostpflaster, findet die Familie.

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