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Erbrankheiten bei Retriever-Hunden
Aus Kassensturz vom 10.04.2012.
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«Ganz tierisch» Das traurige Geschäft mit kranken Hunden

«Kassensturz» deckt die schlimmen Folgen einer Zucht mit erbbelasteten Tieren auf: Hohe Kosten für die Besitzer und eine lange Leidenszeit für ihre Tiere. Nun will der Bund Richtlinien zur Zucht einführen, so wie es das Tierschutzgesetz bereits verlangt.

Die Tierschutzverordnung verlangt, gesunde Tiere zu züchten. Manche Zuchtverbände entsprechen der Tierschutzverordnung mit sogenannten Zuchtwertschätzungen. Sie errechnen das genetische Risiko, mit der ein Tier Krankheiten weitervererbt.

Zuchtverbot für Risikohunde

Durch diese Zuchtwertschätzungen ist es etwa dem Retriever-Club Schweiz in den letzten 15 Jahren gelungen, die vererbbaren Gelenkskrankheiten Ellbogendysplasie (ED) und Hüftgelenksdysplasie (HD) grösstenteils herauszuzüchten. Hunde mit einem schlechten Zuchtwert bekommen ein Zuchtverbot.  Laut Bärbel Kilian, Leiterin der Zuchtkommission des Retriever Clubs, sind heute 85 Prozent ihrer geprüften Hunde ED-frei und 90 Prozent HD-frei.

Hobbyzüchter ohne Zuchtvorschriften

Hobbyzüchter unterstehen hingegen keinen Zuchtrichtlinien oder Kontrollen durch die Zuchtverbände. Sie verkaufen ihre Tiere ohne Stammbaum – dafür häufig einiges günstiger. Bärbel Kilian von der Retriever-Zuchtkommission würde keinen Hund aus einer Zucht kaufen, die nicht von einem Rasseclub kontrolliert wird. «Je mehr Informationen ich über die Elterntiere und über die Vorfahren des Hundes habe, desto sicherer kann ich sein, dass ich einen gesunden Hund erhalten werde.»

Maulkorb für «Kassensturz»

«Kassensturz» berichtet über kranke Labradore, die alle aus der gleichen Problemzucht stammen. Die Hundezüchterin liess die Nennung ihres Namens allerdings von einem Richter verbieten – ohne dass die Redaktion mit ihren Argumenten angehört worden wäre.

Kranke Hunde leiden und kosten

Aus derselben Problemzucht stammt Labrador-Rüde Nero. Er ist erst ein Jahr alt und bereits wegen Ellbogendysplasie an beiden Vorderläufen operiert. Seine Besitzerin hat über 6‘000 Franken an Tierarztkosten bezahlt. Zuviel Bewegung in der Wachstumsphase des Hundes  – etwa Treppenlaufen –oder Überfütterung kann eine Ellbogendysplasie begünstigen. Doch die Besitzerin von Nero hat auf diese Risikofaktoren sorgsam geachtet.

Einschläfern mit zwei Jahren

Aus der gleichen Zucht, deren Namen «Kassensturz» nicht nennen darf, kaufte eine andere Familie zwei Hunde. Einer hatte hinten und vorne kaputte Gelenke. Die Behandlungskosten beliefen sich auf über 5‘000 Franken. Der Hund musste schliesslich mit zwei Jahren krebskrank eingeschläfert werden.

Der andere Hund leidet ebenfalls unter Ellbogendysplasie. Er bewegt sich ungern, hat Schmerzen und braucht regelmässig Cortisonspritzen.  Auch er wird nicht alt werden. «Kassensturz» kennt noch weitere Fälle von Gelenkkrankheiten aus dieser Zucht.

Die Problemzucht schreibt «Kassensturz», ihre Hunde seien gesund, dies würden die Röntgenbilder zeigen. Laut Experten kann jedoch auch ein Hund mit sauberen Röntgenbildern die Krankheiten weitervererben.

Labrador mit Epilepsie

Von der gleichen Zucht  hat auch Familie S. ihren Labrador. «Sämi ist träge und nicht mehr lebensfroh», sagt sein Halter. Der Hund ist Epileptiker und täglich auf Medikamente angewiesen, die ihn müde machen. Auch Epilepsie ist eine vererbbare Krankheit. «Kassensturz» kennt weitere Epilepsiefälle aus der Problemzucht.

Züchterin ohne Interesse

Die Käufer, mit denen «Kassensturz» Kontakt hatte, meldeten die Krankheiten der Züchterin. Sie bekamen alle etwa die gleiche Antwort: «Die Züchterin hat überrascht reagiert und gesagt, das sei der einzige Fall, den sie kenne», erzählt eine Käuferin. «Sie sagte, sie habe keine anderen Fälle mit solchen Problemen in ihrer Zucht.» Auch der Besitzer des Hundes mit Epilepsie stiess bei der Züchterin auf völliges Desinteresse.

Tierwohl steht im Vordergrund

Für Gieri Bolliger von der «Stifung Tier im Recht» ist klar: «Es liegt in der Verantwortung eines jeden Züchters, dass er nur gesunde Tiere züchtet. Das Tierwohl muss im Vordergrund stehen. Wenn das nicht gewährleistet werden kann, dann muss auf die Zucht verzichtet werden. So verlangt es das Gesetz.» Bei der Umsetzung der Tierschutzverordnung sieht nun das Bundesamt für  Veterinärwesen BVET Handlungsbedarf. Es erarbeitet derzeit Richtlinien zur Zucht gesunder Tiere. Sie werden nicht nur für die Zuchtverbände gelten, sondern auch für Hobby- und Gelegenheitszüchter, deren Zuchtresultate bislang nicht kontrolliert worden sind.

Wenn Sie ein krankes Zuchttier gekauft haben

Die Stiftung für das Tier im Recht rät:

  • Wer einen kranken Hund gekauft hat, sollte das beim kantonalen Veterinäramt melden, damit dieser die Zucht überprüfen kann.
  • Sofort nach der Diagnose des Tierarztes sollte der Halter die Krankheit  dem Züchter melden.  Bis ein Jahr nach dem Hundekauf hat der Halter Anspruch auf eine Reduktion des Kaufpreises und unter Umständen auch auf eine Beteiligung an den Tierarztkosten.
  • Wenn der Hundezüchter nicht freiwillig auf eine Kaufpreisreduktion eingeht, kann der Hundehalter die Forderung bei der Schlichtungsstelle (in den meisten Kantonen ist dies der Friedensrichter) am Wohnort des Züchters einklagen.
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Erbrankheiten bei Retriever-Hunden
Aus Kassensturz vom 10.04.2012.
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