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Preise: Offizielle Teuerung stimmt für viele nicht
Aus Kassensturz vom 29.01.2008.
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Geld Preise: Offizielle Teuerung stimmt für viele nicht

Alles wird teurer: Der Landesindex der Konsumentenpreise sagt, wie stark die Lebenskosten steigen. Er bestimmt die Lohnerhöhung in vielen Firmen. Doch für Hunderttausende ist die tatsächliche Teuerung höher als offiziell ausgewiesen. «Kassensturz» hilft bei der eigenen Teuerungsberechnung.

Margrit und Benno Joho aus Winterthur bei ihrem wöchentlichen Einkauf in der Migros. Was sie kaufen wollen, haben sie säuberlich notiert. Zuhause nach dem Einkauf schreibt das Ehepaar haargenau auf, wofür es Geld ausgegeben hat – und hilft damit dem Bundesamt für Statistik bei der Berechnung der Teuerung. Für das Amt führen die Johos ein Tagebuch. Darin tragen sie nicht nur die Lebensmitteleinkäufe ein, sondern auch die Ausgaben für Benzin oder Heizung.

3000 Haushalte erstellen Warenkorb

Jährlich halten 3000 Haushalte wie die Johos ihre Ausgaben während eines Monats fest. Aus diesen Angaben erstellt das Bundesamt für Statistik den so genannten Warenkorb. Dieser zeigt, wie viel die Bevölkerung für bestimmte Warengruppen ausgibt. Ein Beispiel: Nahrungsmittel machen im Durchschnitt 11 Prozent aller Ausgaben aus, Wohnen und Energie 26 Prozent. Für Verkehr gibt die Bevölkerung im Schnitt 11 Prozent aus.

Im Bundesamt für Statistik in Neuchâtel fliessen die Daten zusammen. Auf der Basis dieser Erhebungen berechnet das Bundesamt den Landesindex der Konsumentenpreise – die offizielle Teuerung. Lohn- und Rentenerhöhungen hängen stark von diesem Wert ab. Allerdings: Der Index ist ein Durchschnittswert. In Wirklichkeit ist die Teuerung für jeden Haushalt anders, je nach Ausgaben.

«Wenn ein Haushalt überdurchschnittlich viel Geld ausgibt für Lebensmittel, Energie und Transporte kann es sehr gut sein, dass die individuelle Teuerung höher ist als die offizielle», sagt Marcel Paolino vom Bundesamt für Statistik.

Preisveränderungen akribisch notiert

Die Preise von Mieten, Benzin, Lebensmitteln und Energie sind in den letzten Monaten gestiegen. Um die Preisveränderungen zu messen, besucht Elena Rutishauser, Sachbearbeiterin des Bundesamts für Statistik, die Verkaufsläden. Sie notiert in einem Coop-City in Bern akribisch die Preise von Kleidern und Lebensmitteln. Auch kleine Preisveränderungen entgehen Rutishauser nicht, wenn sie einmal pro Monat in die Läden geht.

In Neuenburg speisen insgesamt zwölf Mitarbeiter die Preisangaben ins Computer-System. Die Preis-Jäger erheben Preisveränderungen auch über Telefon und Internet. 35'000 Preise fliessen in den Landesindex ein.

Aber: Jeder Haushalt hat eine unterschiedlich hohe Teuerung. Das Bundesamt für Statistik hat einen individuellen Teuerungsrechner ins Internet gestellt. Jeder Konsument kann seit Dienstag seine individuelle Teuerung berechnen und mit der offiziellen vergleichen. Wer wenig verdient und davon viel für Lebensmittel und Miete ausgeben muss, hat eine höhere Teuerung als der Durchschnitt. Seit 2000 hat der Büezer gegenüber der offiziellen eine deutlich höhere Teuerung von 9,2 Prozent.

Chef-Ökonom fordert Lohnerhöhungen

Brisant: Die offiziell ausgewiesene Teuerung ist für Haushalte mit kleinen Einkommen zu niedrig, sagt Daniel Lampart, Chef-Ökonom des Schweizerischen Gewerkschaftsbunds. Viele Arbeitnehmer haben deshalb heute real weniger Geld zur Verfügung. «Die Teuerung bei den tiefen und mittleren Einkommen ist 2 Prozent höher ausgefallen als bei den hohen Einkommen», sagt Lampart und fordert Lohnerhöhungen.

Auch das Bundesamt für Statistik geht davon aus, dass Haushalte mit kleinen Einkommen eine höhere Teuerung haben. Für die offizielle Teuerungsmessung sei der Landesindex der Konsumentenpreise, der laut Marcel Paolino einen Durchschnittswert darstellt, aber unbestritten.

Selbstversorger können der Teuerung ein Schnippchen schlagen. Wer schlau ist, hält selber eine Kuh, dann kostet Milch fast nichts. Wer keine eigene Kuh hat, kann mit dem Teuerungsrechner wenigstens kontrollieren, ob seine Lohnerhöhung die Teuerung wirklich ausgleicht.

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