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Ärzte-Bewertungen im Internet noch wenig aussagekräftig
Aus Espresso vom 14.11.2014. Bild: Colourbox
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Gesundheit Ärzte-Bewertungen im Internet noch wenig aussagekräftig

Auf Ärzte-Bewertungs-Portalen können Patienten einen passenden Arzt finden. Doch die Qualität eines Arztes lasse sich nicht so einfach bewerten wie Hotels oder Restaurants, kritisieren Fachleute.

Bewertungsportale in Internet sind eine gute Sache. Wer ein Hotel oder ein Restaurant sucht, kann von Bewertungen von anderen profitieren. Warum sollte man nicht auch seinen Arzt über ein Onlineportal finden? In der Schweiz gibt es bisher zwei Plattformen, auf welchen Patienten Empfehlungen oder Bewertungen zu Ärzten abgeben können. Es sind dies «Okdoc.ch» und «Medicosearch.ch».

Als «Okdoc.ch» 2008 als schweizweit erste Bewertungsplattform aufgeschaltet wurde, stiess diese bei den Ärzten auf wenig Gegenliebe. Der eidgenössische Datenschutzbeauftragte intervenierte und sämtliche negativen Kommentare mussten entfernt werden.

Seither führt die Firma Bonus «okdoc.ch» nur noch als Empfehlungsportal. Arnauld Welti, Marketingverantwortlicher von Bonus, sagt: «Wenn sich die Patienten frei äussern könnten, hätten wir sicher mehr Bewertungen.» Derzeit werde die Seite nicht mehr aktiv bewirtschaftet. «Das macht in der jetzigen Situation für uns keinen Sinn.»

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Bei Negativ-Bewertungen wird Arzt informiert

Beim zweiten Bewertungsportal «Medicosearch.ch» seien auch negative Bewertungen über Ärzte zu finden, sagt Geschäftsführer Beat Burger: «Bevor wir negative Bewertungen aufschalten, informieren wir den betroffenen Arzt darüber. Er kann dann entscheiden, ob das negative Feedback aufgeschaltet wird oder nicht. Falls er das nicht will, wird die Feedback-Funktion ausgeschaltet. Damit verschwinden aber auch alle positiven Rückmeldungen.»

Alle Patienten-Bemerkungen würden zudem vor der Freischaltung auf ehrverletzende Aussagen und unbeweisbare Tatsachenbehauptungen überprüft. Das Problem allerdings ist, dass es bei den meisten Ärzten nur eine oder zwei Bewertungen gibt, was nicht sehr aussagekräftig ist. Das sieht auch Beat Burger so, sagt aber: «Zwei Bewertungen sind besser als gar keine. Wir sehen jedoch, dass Leute, die ihren Termin online buchen, oft auch eine Bewertung schreiben.»

Keine Rache-Kommentare

Die meisten Bewertungen lauten: Arzt nimmt sich Zeit, ist ehrlich interessiert, geht auf Patienten ein oder musste nicht lange warten. Das seien Kriterien, welche für einen Patienten durchaus wichtig sein könnten, findet Erika Ziltener, Präsidentin des Zentralvorstandes der Schweizer Patientenstellen. Sie gibt aber zu bedenken: «Bei solchen Kommentaren weiss ich nicht, wie sie zustande gekommen sind. Wer eine schwere Diagnose erhält, erlebt den Arztbesuch ganz anders als jemand, der gute Nachrichten bekommt.»

Christoph Bosshard ist im Zentralvorstand der Ärzteverbindung FMH und fügt noch einen weiteren Punkt an: «Es ist wichtig zu wissen, ob diese Bewertung wirklich ein Patient verfasst hat oder jemand diesem Arzt eins auswischen will.» Dies könne der Fall sein, wenn ein Arzt nicht die vom Patienten gewünschte Behandlung durchführe. Bosshard ist darum der Meinung, dass man besser das Gespräch mit dem Arzt selber suche, wenn man nicht zufrieden ist. «Ein Onlineportal ist der falsche Ort, um solche Beschwerden zu deponieren.»

«Espresso» hat Ärzte angefragt, welche auf den Portalen aktiv für sich werben. Sie sind zufrieden mit dem Onlinebewertungsportal und haben keine negativen Erfahrungen gemacht. Ein Arzt formuliert es so: «Wir hatten aber bisher grosses Glück, weil ausnahmslos alle Kommentare sehr positiv ausgefallen sind. Freilich muss man auch mit der Möglichkeit kritischer Rückmeldungen rechnen.»

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