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Ausverkaufs-Bschiss: Warenhäuser ziehen Kunden über den Ladentisch
Aus Kassensturz vom 16.01.2007.
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Konsum Ausverkaufs-Bschiss: Warenhäuser ziehen Kunden über den Tisch

Das Schnäppchen ist gar keines. Viele Preisreduktionen sind erfunden. Das ist illegal. Manche Warenhäuser lassen eigens für den Ausverkauf Billigware produzieren und ziehen so die Kunden über den Tisch.

Der Ausverkauf ist ein riesiges Geschäft. Die Kunden kaufen viel und freuen sich an ihren Schnäppchen. Grosse Warenhäuser wissen das für sich zu nutzen. Sie reduzieren Phantasiepreise und lassen eigens für den Ausverkauf Billigware produzieren. Kassensturz wollte es genau wissen.

Die Kassensturz-Reporter gaben sich als Kunden aus und wollten wissen, welche Waren die Läden ausschliesslich für den Ausverkauf in die Regale stellen. Erstaunlich: Viele Verkäuferinnen geben offen zu, welche Artikel sie extra für den Ausverkauf erhalten haben. Artikel, die sie vorher noch nie verkaufen mussten.

Eine Globusverkäuferin, sie will anonym bleiben, ist bereit, dem Kassensturz zu erzählen, wie Warenhäuser ihre Kunden im Ausverkauf täuschen: «Vor Weihnachten kommen grosse Mengen an Artikeln, damit die Gestelle voll sind. Denn kurz vor Weihnachten wären die Regale eigentlich fast leer».

Tatsächlich sind die Regale auch in der dritten Ausverkauftswoche noch rammelvoll. In allen Farben, Formen und Grössen. Sind das alles Ladenhüter? Der Schluss liegt nahe: Entweder ist der Einkäufer eine Niete, oder ein Schummler.

Genau so dreist ziehen viele Geschäfte ihre Kunden über den Ladentisch. Sie kaufen im grossen Stil Ware ein, erfinden einen Preis und reduzieren diesen sogleich um 20, 50 oder 70 Prozent. Das ist illegal. Der Kunde kann kaum zwischen Schwindel und echten Schnäppchen unterscheiden.

Dazu die Globus-Verkäuferin: «Die Ettiketten sehen so aus, als ob der rote, günstigere Preis von Hand geschrieben worden wäre. Aber das ist nicht so. Die Preisschilder sind vorgedruckt, inklusvie rotem Preis». Diesen Schwindel entdeckt der Kunde nur bei genauerem Hinsehen. Die roten Preise sind alle bereits vorgedruckt. Die Ware wird fertig mit Vergleichspreis angeliefert.

Das Verkaufspersonal bestätigt dem Kassensturz, dass es sich um Ware handle, die sie nur im Ausverkauf anbieten würden. Das wäre gesetzteswidrig. Ernst Pfenniger, Unternehmenskommunikation Globus, redet den Beschiss schön: «Wie in der ganzen Warenhausbranche üblich, räumen wir nicht nur unsere Lager, sondern auch diejenigen unserer Lieferanten, der Kunde kommt so zu attraktiven Angeboten».

Bei Jelmoli bietet sich dasselbe Bild. Auch hier findet der Kassensturz vorgedruckte Vergleichspreise. Die Verkäuferin bestätigt, dass beispielsweise gewisse Fixleintücher extra für den Ausverkauf eingekauft wurden. Dasselbe gilt für ein 3er Pack Herren-Socken für 9 Franken statt angeblich 21 Franken. Laut Jelmoli-Verkäuferin würden diese Socken extra zum Ausverkauf von der Firma Lindner geliefert. Trotz übereinstimmender Aussagen verschiedener Verkäuferinnen und Verkäufer, dass extra Ware zugekauft werde, bestreitet Jelmoli dies vehement.

Auch bei Manor waren gewisse Hemden laut Verkäufer vor dem Ausverkauf nie im Regal. Manor gibt zu: «Punktuell kaufen wir für den Ausverkauf Ware hinzu. Die aufgeworfene Frage der Preisbeschriftung werden wir kritisch überprüfen».

Bei Coop City erklärt die Verkäuferin, einzelne Pyjamas von Seidensticker seien auf den Ausverkauf hin geliefert worden. Dazu schreibt Coop: «Von der Marke Seidensticker führen wir tatsächlich keine Pyjamas im Sortiment. Wir führen allerdings von der Marke Schiesser entsprechende Artikel». Der Fehler sei passiert, weil Schiesser die Marke Seidensticker übernommen habe.

Das Staatssekretariat für Wirtschaft, Seco, beaufsichtigt die Einhaltung der Preisbekanntgabeverordnung. Kassensturz präsentiert Geschäftsleitungsmitglied Jürg Scheidegger die eingekaufte Ware. Scheidegger wusste, dass gewisse Geschäfte die Regeln der Preisbekanntgabe nicht immer ganz genau nehmen.

Von der Dreistigkeit ist er aber schockiert: «Die Preisschilder erwecken den Eindruck, sie seien handschriftlich geändert wurden - dabei sind sie gedruckt. Dies ist laut Seco eine Täuschung des Kunden und eine klare Irreführung. Für die Stellungnahmen der ertappten Warenhäuser kann Scheidegger kein Verständnis aufbringen: »Dieses Verhalten ist illegal. Wir werden mit der Gewerbepolizei und dem Branchenverband Kontakt aufnehmen«. Solche Missstände müssten schnellstmöglich behoben werden.

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