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Pflichtlager: Der staatlich verordnete Notvorrat
Aus Espresso vom 17.12.2014. Bild: SRF
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Konsum Pflichtlager: Der staatlich verordnete Notvorrat

Die Schweiz lagert lebensnotwendige Produkte im Wert von viereinhalb Milliarden Franken in sogenannten Pflichtlagern. Gelagert werden die Lebensmittel, Erdölprodukte und Heilmittel aber nicht in staatlichen Lagerhäusern, sondern bei der Privatwirtschaft.

In den kommenden Tagen und Wochen fällt das Bundesamt für wirtschaftliche Landesversorgung BWL einen Entscheid. Es geht darum, ob der Pflichtlagerbestand eines bestimmten Antibiotikums freigegeben werden darf, um den europaweiten Lieferengpass dieses Produkts zu beseitigen.

Schliesslich sind Pflichtlager dazu da, die Versorgungssicherheit möglichst lange aufrecht zu erhalten. Der Bundesrat schreibt vor, welche Produkte der obligatorischen Pflichtlagerhaltung unterstellt sind. Das Sortiment wird laufend angepasst.

Seit zehn Jahren gibt es beispielsweise keine vorgeschriebene Mindestmenge mehr für Kakaobohnen oder Seife. Bei den Heilmitteln wird das Sortiment laufend angepasst. Gelagert werden muss unter anderem Zucker und Reis, Benzin, Dieselöl und Antibiotika.

Kriege, Katastrophen, Computerpannen

Die Pflichtlagerpolitik des Bundes hat sich verändert, sagt Lucio Gastaldi, Sektionschef Pflichtlager im Bundesamt für wirtschaftliche Landesversorgung: «Während dem Kalten Krieg waren die Lager eine Art Kriegsvorbereitung, davon sind wir jetzt weit entfernt. Trotzdem hat die Bedeutung der Pflichtlager in den letzten Jahren wieder zugenommen, weil die Märkte viel störungsanfälliger geworden sind.»

Pflichtlager-Produkte

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Ernährung

Zucker, Reis, Speiseöle und Fette, Kaffee, Getreide (4 Monate)

Energie

Benzin, Diesel, Heizöl, (4,5 Monate), Flugpetrol (3 Monate)

Heilmittel

Antibiotika, Neuraminidase-Hemmer, Hämostiatika, Insuline, Analgetika/ Opiate, Blutbeutel, Atemschutz-Masken, Operations-Handschuhe (2 bis 6 Monate)

Gastaldi nennt als Beispiel den November 2010. Damals sei der Flughafen in Genf wegen eines Generalstreiks in Frankreich nicht mehr mit genügend Flugpetrol versorgt worden. Das habe aber gar niemand bemerkt, weil es dank den Beständen aus den Pflichtlagern gar nie zu einem Engpass gekommen sei.

Unternehmen, die mit einer gewissen Menge eines bestimmten Artikels handeln, müssen ein Pflichtlager halten. Mit diesem System hat der Bund Gewähr dafür, dass die Ware im Umschlag ist und kein Problem mit Ablaufdaten auftritt.

Unternehmen, die Pflichtlager haben, werden von Selbsthilfeorganisationen aus ihren Branchen finanziell unterstützt. Schliesslich sei es wirtschaftlich nicht attraktiv für ein gewinnorientiertes Unternehmen der Privatwirtschaft, ein Lager mit einer Mindestmenge zu unterhalten. Das Ziel der Konzerne sind nämlich möglichst tiefe Lagerkosten.

Die effektiven Kosten für die Pflichtlagerhaltung bezahlt der Konsument, der im Notfall von der Versorgung profitieren würde. Jeder Schweizer und jede Schweizerin bezahlt jährlich 15 Franken (120 Millionen Franken). Das Geld wird direkt auf die Verkaufspreise der Produkte geschlagen.

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