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Betreibungswahn: Ricardo-Händler betreibt Kundin wegen Bewertung
Aus Kassensturz vom 23.06.2015.
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Konsum Ricardo-Händler betreibt Kundin wegen negativer Bewertung

Es ist ein perfide Masche: Ein Händler auf Ricardo liefert das bezahlte Kleid nicht aus. Die Kundin bewertet ihn schlecht. Daraufhin betreibt er seine Kundin auf insgesamt über 32‘000 Franken Schadenersatz. «Kassensturz» über ungerechtfertigte Betreibungen und was Betroffene dagegen tun können.

Im August letzten Jahres kaufte Sarah K. auf Ricardo ein Hochzeitskleid zum Schnäppchenpreis von 350 Franken. Als es im Oktober noch nicht da war, erkundigte sie sich bei der Firma Maxxtranszuerich, einem gewissen Carl Dürmüller, nach dem Verbleib. «Ich habe eine kurze Antwort bekommen, es käme, sobald sie es hätten. Dann habe ich gewartet, nochmals nachgefragt und weiter gewartet», erinnert sich Sarah K.

Nach einem halben Jahr war sie so entnervt, dass sie ihn auf der Ricardo-Plattform negativ bewertete: «Kleid am 11.8.14 ersteigert. Fristgerecht bezahlt, bis heute 27.1.15 weder Kleid noch Geld erhalten.»

Abstruse Schadenersatzforderungen

Jetzt reagierte Verkäufer Carl Dürmüller blitzschnell. Sie solle sofort die negative Bewertung löschen, sonst werde er 500 Franken pro Tag als Schadenersatz verrechnen wegen Geschäftsschädigung, schrieb er.

Tatsächlich schickte ihr Dürmüller verschiedene Rechnungen, die grösste über astronomische 31‘000 Franken. Danach betrieb er Sarah K. über 1285 und über 31‘000 Franken. «Ich hatte einen sauberen Betreibungsauszug, deshalb tun mir diese beiden Betreibungen richtig weh», sagt sie.

Dürmüller ging mit Reisebüro Konkurs

«Kassensturz» berichtete schon vor 15 Jahren mehrmals negativ über Carl und Silvia Dürmüller. Damals führten sie das mittlerweile Konkurs gegangene Reisebüro Dürmüller in Zürich. Heute versuchen sich Dürmüllers im Online-Versandhandel, bieten Kleider und Accessoires an.

Laut Ricardo haben sie auf der Internet-Plattform über 7000 Artikel verkauft. Zu ihrem Geschäftsgebahren auf Ricardo mögen sich Dürmüllers vor der Kamera nicht äussern. Sie schreiben: «99,57% aller Bewertungen waren positiv. Das ist ein sehr guter Wert. Natürlich gab es vereinzelt auch Reklamationen oder Lieferverzögerungen. Das gibt es in jedem Geschäft. Wo der Kunde nicht auf die Ware warten wollte, haben wir das Geld zurückerstattet. Unseres Wissens sind alle Reklamationen erledigt.»

Tatsächlich sind die Bewertungen auf Ricardo überwiegend positiv. Auf negative Bewertungen wie «konnte nicht liefern», «habe es nicht bekommen» oder «Ware nie verschickt worden» antwortete Dürmüller jedoch ungehalten mit Kommentaren wie: «Rache-Bewertungen sind süss» oder «reine Rachebewertung».

Ricardo sperrte drei Accounts

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Simon Marquard gibt Tipps für sicheres Einkaufen
Aus Kassensturz vom 23.06.2015.
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Ende Mai aber wurden die beiden Accounts «Maxxtranzueri» und «Maxxtranszuerich» von Ricardo gesperrt. Über ein Dutzend Kunden hatten sich über Dürmüller beklagt. «Er hat beispielsweise aufgrund negativer Bewertungen, die er bekommen hat, mit Schadenersatz gedroht, das ist etwas, das wir nicht tolerieren können», sagt Ricardo-Mediensprecher Simon Marquard.

«Ausserdem hat er auch gegen unsere Allgemeinen Geschäftsbedingungen verstossen. Deshalb mussten wir seine Konten definitiv blockieren.» Doch kaum gesperrt, eröffnete Dürmüller ein neues Konto auf der Gratisinserate-Plattform der Ricardo-Tochter OLX.ch und bot dort als «Online Shop» seine Kleider an. Auch dieses Konto wurde mittlerweile gesperrt.

Kundin reagierte mit Strafanzeige

Betreibung löschen

Box aufklappen Box zuklappen

Einen Eintrag im Betreibungs-Register kann man nun leichter löschen lassen. Das hat das Bundesgericht entschieden. Lesen Sie dazu «So verschwindet ein Eintrag im Betreibungsregister».

Dürmüller drohte Sarah K. wegen ihrer negativen Online-Bewertung mehrfach. Zum Beispiel per Mail mit: «Das wird Sie Geld kosten – garantiert.» Er schickte ihr Schadenersatzforderungen und betrieb sie zweimal. Sie war zuerst fassungslos, dann reagierte sie mit einer Strafanzeige wegen Betrugs.

«Wenn man im Recht ist, muss man sich einfach wehren. Sonst machen solche Leute mit dieser Tour immer weiter, und das ist nicht fair», sagt Sarah K. «Es sollten sich viel mehr Leute wehren, dann hätten wir nicht so viele Gauner im Internet.»

Carl Dürmüllers Anwalt schlug der Ricardo-Kundin nun einen Deal vor: Dürmüller zieht seine beiden Betreibungen mit den Schadenersatzforderungen zurück und zahlt ihre Unkosten, wenn Sarah K. ihre Strafanzeige zurückzieht. Die Kundin ist mit diesem Deal einverstanden.

Wie handeln Sie sicher auf Ricardo? Ricardo-Mediensprecher Simon Marquard im Interview.

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