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Konsum Versandhandel: Der Mini-Preis gilt fürs Maxi nicht

Versandhäuser diskriminieren ihre Kunden mit Ab-Preisen. Gross steht in den Modekatalogen der kleinste Preis – dabei schliesst er bereits Normalgrössen aus.

Je grösser ein Kleid, umso grösser sein Preis: Dieser Trick ist für viele traditionelle Versandhäuser Praxis. Bis heute lassen Mode-Versandhäuser wie Veillon, Quelle, Peter Hahn, Mona, Jelmoli oder Ackermann ihre Preise springen. Bei Veillon etwa kostet ein Blazer 289 Franken – sofern man Konfektionsgrösse 36-40 trägt. Bereits ab Normalgrösse 42 ist das gleiche Kleid 30 Franken teurer. Ganze 60 Franken mehr müssen Kundinnen schliesslich für die Grösse 48 hinblättern.

Fadenscheinige Argumente

«Kassensturz» hat die Versandhäuser mit dem Vorwurf der diskriminierenden Preispolitik konfrontiert. Vor der Kamera wollte sich keine der betroffenen Firmen dazu äussern, selbst schriftlich bezog nur eine Minderheit Stellung. Die Argumente der Versandhäuser sind so vielseitig wie fadenscheinig. «Quelle Schweiz» macht die «breite heterogene Sortimentsvielfalt» für die gestaffelten Preise verantwortlich. Die «Witt-Gruppe» schreibt von einer «langjährigen Praxis» im Versandhandel.

Preise variieren bereits ab Normalgrösse
Legende: Preise variieren bereits ab Normalgrösse SRF

Der «Bader-Versand» rechtfertigt sich, dass «für die grossen Grössen wesentlich mehr Stoff benötigt wird.» Das klingt plausibel – zunächst. Doch der Verbandspräsident der Schweizer Modegeschäfte zweifelt an den Argumenten der Versandhäuser – insbesondere bei den Preissprüngen bereits ab Normalgrösse 40. «Ich kann mir gut vorstellen, dass eine solch abgestufe Preisgestaltung rein aus Marketinggründen erfolgt», schreibt Ulrich Stalder.

Die Erklärungen der Versandhäuser werden zudem rissig, betrachtet man die Preispolitik der herkömmlichen Geschäfte. Das Modehaus «Vögele» etwa zeigt, dass ein breites Sortiment und einheitliche Preise durchaus vereinbar sind. «So ist die Kommunikation fairer und klarer. Der Kunde zahlt immer den gleichen Preis –  ob für XS oder für XL», äussert sich Sprecher Rudolf Scheben gegenüber «Kassensturz».

Druck auf Versandhäuser steigt

Auch beim Verband für Versandhandel argumentiert  Patrick Kessler mit dem breiten Sortiment in den Katalogen. Der Präsident räumt aber ein, dass dieses Ab-Preis-System der Vermarktung dient. «Ich glaube Textilhandel ist letztlich immer Marketing», sagt er. Es sei logisch, dass ein Unternehmen den tiefsten Preis auslote. Gemäss Kessler tendieren die Modehäuser aber die Preise zu vereinheitlichen. Als Grund nennt er den zunehmenden Konkurrenzkampf mit den herkömmlichen Geschäften. Diese verkaufen ihre Ware immer mehr online – und dies wie in ihren Filialen zu einheitlichen Preisen. 

Alle Preise auf niedrigen Preis gesetzt

Dass die Branche an ihrem weit verbreiteten Preissystem zu zweifeln beginnt, zeigen erste Anpassungen. Das Versandhaus «Heine» hat seine Preise im aktuellen Katalog vereinheitlicht. Man habe diese Änderung «aus Gründen der Kundenzufriedenheit» umgesetzt, schreibt die Firma. Die Preise seien für alle Grössen auf den niedrigen Preis gesetzt worden.

Auch die Firma «Waschbär», zur Triaz-Gruppe gehörend, hat ihren neuen Katalog angepasst. «Betrachtet man die Grössen 36 bis 44, sind solche Preissprünge nicht gerechtfertigt», erklärt Sprecherin Barbara Engel.

Der Versandhandel erzielt im Textilbereich in der Schweiz bis zu einer Milliarde Umsatz pro Jahr. 80 Prozent der Firmen sitzen in Deutschland. Der Prozess der Preisbildung ist laut dem Eidgenössischen Büro für Konsumentenfragen gesetzlich nicht verankert. Der Verband des Versandhandels führt einen Ehrenkodex, der sich jedoch nicht auf die genannte Preispolitik bezieht.

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