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Lügen und Abzocke rund um die Uhr
Aus Kassensturz vom 06.03.2012.
abspielen. Laufzeit 11 Minuten 41 Sekunden.
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Multimedia Lügen und Abzocke rund um die Uhr

Schamanen, Kartenleger und Wahrsager der Sendung «Eso-TV» animieren die Zuschauer täglich zum Anrufen: Für 4.50 Franken pro Minute bieten sie auch gefährliche Lebenshilfe an. Mit teilweise illegalen Methoden nehmen die Wahrsager Menschen in schwierigen Lebenslagen aus.

Die Esoterik-Werbesendung «Eso-TV» täuscht die Zuschauer mit gefälschten Telefonanrufen. Hellsichtige und «wahrsagende» Schamanen, Kartenleger, spirituelle Medien und Wahrsager sagen den Zuschauern auf dem Schweizer Sender 3+ für 4.50 Franken pro Minute was sie tun sollen.

Die allermeisten selbsternannten Beraterinnen und Berater bei «Eso-TV» haben etwas gemeinsam: Sie überschätzen sich masslos und haben den Glauben, übersinnliche und mystische Fähigkeiten zu haben. Doch nachprüfbare Qualifikationen haben sie nicht.

Sie sind Vertreter einer Gilde, die den Aberglauben extrem fördert. Also den Glauben, dass irgendwelche komische Karten über das Schicksal etwas aussagen können.

Opfer sind zumeist Frauen

Die meisten Anruferinnen sind Frauen zwischen 40 und 65 Jahren. Viele von Ihnen stecken in Krisen uns sind entsprechend empfänglich für das esoterische Geschwätz von «Eso-TV». Statt selber zu entscheiden holen sie sich Rat bei dubiosen Esoterikern. «Kassensturz» kennt Personen, die mehrere Tausend Franken in sinnlose Beratungen investiert haben.

«Eso-TV» ist in 20 Ländern tätig

«Eso-TV» sendet täglich auf 3+ und «Star TV». Es ist eine international verflochtene Firma mit Sitz in Malta und Fernseh-Shows in 20 Ländern. Für die Schweiz «arbeiten» 50 Berater und Beraterinnen. Finanziert wird die Sendung hauptsächlich durch kostenpflichtige Telefon-Nummern. Wer eine Beraterin kontaktieren will, zahlt 4.50 Franken pro Minute.

Moderatoren rufen selbst an

Das Aushängeschild ist René Hürter. Er selbst nennt sich gerne Flathan. Ausgerechnet bei Star-Moderator René Hürter sinkt das Niveau bedenklich nahe an den absoluten Tiefstand/Nullpunkt.

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«Kassensturz»-Interview mit Wahrsager Flathan (René Hürter) in Budapest
Aus Kassensturz vom 06.03.2012.
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«Kassensturz» hat Sendungen der letzten zwölf Monate angeschaut. Neben allerlei abstrusen und falschen Prognosen ist vor allem die Täuschung mit Anrufen aus der eigenen Reihe aufgefallen: Moderatoren rufen unter falschem Namen als Zuschauer in die Sendung an.

Dabei bestätigen sie der Moderatorin eine unglaubliche Trefferquote bei den Prognosen: «Super, woher wissen Sie das.» «Unglaublich, das stimmt genau. Alle müssen Sie anrufen. Sie sind eine unglaublich gute Wahrsagerin.» Die Anrufer werden getäuscht.

«Das ist Betrug, wenn die Täuschung arglistig ist», sagt Strafrechtsprofessor Christof Riedo von der Universität Freiburg ist das Betrug: «Es zeigt die Machenschaften. Es geht den Produzenten der Sendung darum, die Leute zu motivieren anzurufen. Und das machen sie, in dem sie den Leuten eine Qualität einer Leistung vortäuschen, die es so natürlich wahrscheinlich nicht gibt.»

Mann auf Laptopbildschirm
Legende: Flathan (René Hürter) in Action SRF

«Eso-TV» schreibt: «Diese Vorgänge sind uns nicht bekannt und sind verboten! Wir werden aber dem nachgehen und gegebenenfalls sanktionieren. Derzeit wissen wir davon nichts!»

Bakom nimmt nicht Stellung

Weshalb unterbindet diese Betrügereien niemand? Zuständig ist das Bakom. Das Bakom vergibt sowohl die teuren 0900-Nummern und ist auch zuständig für TV-Sender. Ein Interview beim Bakom erhält Kassensturz nicht.

Denn das Bakom streitet ab zuständig zu sein: «Wir sind nicht zuständig – und haben entsprechend keine Kompetenz -, Betrug zu erkennen und solche Tätigkeiten zu unterbinden.» Erst wenn ein Strafgericht Betrug feststelle, «können wir aufgrund des entsprechenden Urteils die Rufnummer entziehen.»

Auch Behörden unternehmen nichts

Was «Eso-TV» bietet, gilt gemäss Strafrechtsprofessor Christof Riedo als gewerbsmässiger Betrug und wäre somit ein Offizialdelikt. Das bedeutet: Strafverfolgungsbehörden müssten von sich aus eine Untersuchung einleiten.

Der K-Tipp hatte schon vor Monaten die Staatsanwaltschaften von Basel, Bern, Zürich sowie die Kantonspolizei St. Gallen gefragt, ob gegen «Eso TV» eine Untersuchung laufe. Doch dem ist nicht so.

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