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Umwelt und Verkehr Airlines verweigern Annulations-Abgeltung

Gestrichene Flüge in letzter Minute sind für Reisende ein Ärger. Sie haben darum gemäss den gültigen Passagierrechten Anrecht auf Entschädigung. Doch viele Airlines verstecken sich hinter faulen Ausreden und drücken sich um die Ausgleichszahlung.

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Lufhansa-Kunde und Kleinunternehmer Emanuel von Heeren ist verärgert. Bereits dreimal hat die Lufthansa kurzfristig einen Flug annulliert. Und dreimal hat sich die Fluggesellschaft geweigert, dafür die vorgesehene Entschädigung zu zahlen.

Emanuel Von Heeren kritisiert: «Ich glaube, das zuständige Büro der Lufthansa hat den Auftrag, so viele Claims wie möglich mit fadenscheinigen Entschuldigungen abzuwimmeln, so dass die Lufthansa nicht bezahlen muss».

Airlines müssen zahlen

Annullierte Flüge sind ärgerlich und verursachen den Passagieren Probleme. Bei einer Annullation muss die Fluggesellschaft für die Beförderung und für die Betreuung der Fluggäste aufkommen. Zudem sind Fluggesellschaften, die Flüge kurzfristig annullieren, verpflichtet, ihren Kunden eine Entschädigung zu bezahlen, eine so genannte Ausgleichszahlung. Das schreiben die auch in der Schweiz gültigen Passagierrechte der EU vor.

Entschädigung von 125 bis 600 Euro

Airlines müssen für kurzfristig annullierte Flüge zwischen 125 und 600 Euro bezahlen. Vito Roberto, Professor für Privatrecht an der Universität St. Gallen und Spezialist für Flugrecht erklärt: Die Fluggesellschaften müssen nur in Ausnahmefällen keine Entschädigung bezahlen.

«Eine Ausnahme besteht nur dann, wenn ein unabwendbares, unvorhersehbares Ereignis besteht.» Darunter fallen gemäss Vito Roberto aussergewöhnliche Umstände wie Streik, besondere Wetterbedingungen oder absolut nicht vorhersehbare technische Mängel. 

Gehäufte Annullierungen bei der Swiss

Auffällig ist: Viele Airlines machen bei einer Annullierung gerade solche unvorhersehbare Ereignisse geltend, um keine Ausgleichszahlung leisten zu müssen. So im Fall von Swiss-Kunde Werner Ritschard aus Basel: Von insgesamt acht Flügen zwischen Basel und Brüssel wurden vier kurzfristig annulliert ─ angeblich wegen aussergewöhnlicher technischer Probleme.

«Ich kann mir nicht vorstellen, dass das eine Verkettung von blöden Umständen ist und das zu diesen technischen Problemen geführt hat», erklärt Ritschard. Er vermutet, dass die schlechte Auslastung dieser Flüge der wahre Grund für die Annullierungen sei.

Die Swiss widerspricht

Myriam Ziesack von Swiss widerspricht: Die Swiss annulliere keine Flüge aus kommerziellen Gründen. Ziesack erklärt gegenüber «Kassensturz»: Bei den gehäuften Ausfällen der Flüge von Werner Ritschard handle es sich um einen aussergewöhnlichen Einzelfall.  «Wir halten uns an die gesetzlichen Vorgaben.

Im Fall von Herr Ritschard ist es ganz klar so, dass die unvorhersehbaren technischen Ursachen Schuld gewesen sind für die Ausfälle der Flüge.» Deshalb habe die Swiss dem Kunden Ritschard keine Entschädigung bezahlt.

Strafverfahren des BAZL

Wenn eine Fluggesellschaft die Ausgleichszahlung verweigert, können sie Fluggäste beim Bundesamt für Zivilluftfahrt BAZL beschweren. Das BAZL hat diesen Sommer gegen 14 Fluggesellschaften ein Strafverfahren wegen möglicher Verletzung der Passagierrechte eingeleitet. Anton Kohler vom BAZL erklärt, dass die Behörde praktisch täglich Beschwerden von Konsumenten wegen annullierten Flügen erhalte.

Das BAZL untersuche dann diese Fälle. «Wenn wir den Eindruck haben, die Fluggesellschaft hätte die Entschädigung zahlen müssen, sagen wir das der Fluggesellschaft. Wenn sie trotzdem nicht bezahlt, können wir ein Strafverfahren eröffnen, so wir wie es diesen Sommer gemacht haben.»

Die Swiss sagt, sie sei vom Strafverfahren des BAZL nicht betroffen. Die Lufthansa begründet, warum sie bei den drei Annullierungen von Emanuel von Heeren keine Ausgleichszahlungen leistet, so: Eine Annullierung sei auf einen unvorhersehbaren technischen Defekt zurückzuführen, einmal sei es nur eine Verspätung gewesen und ein Flug sei wetterbedingt annulliert worden.

So kommen Passagiere zu ihrem Recht

Auch bei überbuchten Flügen und bei grossen Verspätungen müssen die Airlines gemäss den in der Schweiz gültigen Fluggastrechten der EU eine Ausgleichszahlung leisten. Die Fluggesellschaft muss die Passagiere von sich aus auf ihre Rechte aufmerksam machen und die Entschädigung zahlen. Macht sie das nicht, können Passagiere bei der Airline die Entschädigung einfordern. Verweigert die Airline die Zahlung, können sich Kunden beim Bundesamt für Zivilluftfahrt BAZL beschweren. Zahlt die Fluggesellschaft immer noch nicht, bleibt nur noch der Weg ans Zivilgericht am Schweizer Sitz der Airline.

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