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Der Schwindel mit den Öko-Bechern
Aus Kassensturz vom 11.10.2011.
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Umwelt und Verkehr Der Schwindel mit den Öko-Bechern

Eine bessere Umwelt dank Joghurtbechern aus Bio-Kunststoff. Das verspricht die Werbung von Danone. «Kassensturz» wollte wissen, ob die neue Joghurtverpackung wirklich so grün ist. Ergebnis: Aus ökologisch Sicht ist das Danone-Produkt nicht besser als normale Plastikbecher.

Wenn alle dasselbe verkaufen, muss man sich von der Konkurrenz abheben. Das hat sich auch der Joghurt-Hersteller Danone gesagt und etwas Neues erfunden: Zwar ist immer noch Joghurt drin, aber der Becher ist neu. Er besteht aus dem Bio-Kunsststoff PLA, naturnah hergestellt aus Mais.

Werbung verspricht eine bessere Umwelt

Die Werbebotschaft: Wer Danone-Joghurt kauft, hilft der Umwelt. Der Konzern nennt konkrete Zahlen: «Im Vergleich zum bisherigen Activia-Polystyrol-Becher auf Erdölbasis schont der neue Becher aus PLA die fossilen Ressourcen um 43 Prozent und erzeugt 25 Prozent weniger CO2.»

«Kassensturz» misstraute dieser Werbung und liess von der Eidgenössischen Materialprüfungs- und Forschungsanstalt Empa die Ökobilanz berechnen.

Der Empa-Wissenschaftler Roland Hischier zeigte sich wenig begeistert. Zwar schneide der Danone-Becher in Sachen Treibhauseffekt oder beim Verbrauch von fossilen Rohstoffen besser ab, aber eben nicht überall: «Es gibt andere Umweltaspekte wie zum Beispiel die Überdüngung oder der Toxizitätsbereich, wo der Danone-Becher drei bis viermal schlechter dasteht, als ein klassischer Kunststoff-Becher.» 

Eigene Studie zeigt keine rumreichen Resultate

Stimmt nicht, sagt der Joghurt-Konzern. Koen Burghouts, CEO von Danone Schweiz meint: «Die Empa bezieht sich auf Durchschnittsdaten von einer Datenbank, und das ist für uns nicht seriös genug. Wir haben eine Gesamt-Ökobilanz erstellt. Das geht vom Anbau mit Futtermais bis zur Entsorgung durch die Konsumenten. Das ist etwas total anderes als die Empa macht.»

Tatsächlich liess Danone beim unabhängigen Institut Ifeu eine Studie erstellen. Fredy Dinkel, Physiker bei der auf Umwelt-Analytik spezialisierten Firma Carbotech, hat sie studiert und festgestellt: Auch in diesem Bericht ist der Danone-Becher zwar in drei Umweltbereichen besser als der Plastikbecher. Aber: In insgesamt vier Bereichen schneidet er schlechter ab!

Danone-Werbung beschönigt

Dinkel kritisiert, Danone verheimliche die negativen Punkte ihrer Studie: «In gewissen Belangen haben die Becher eine geringere Umweltbelastung, in anderen tatsächlich eine höhere. Eigentlich interpretiert die Werbung diesen Bericht nicht korrekt.» Peinlich ist: In der eigenen Studie steht sogar, dass diese Resultate «keinesfalls für gesamtökologische Aussagen herangezogen werden können». 

Problematisch ist auch, dass der für die Becherproduktion verwendete Mais zu 85 Prozent gentechnisch verändert ist. In den Bechern selber hat es zwar keine veränderten Organismen mehr. Aber wer die Becher einsetzt, unterstützt die Gentech-Industrie. Und die ist in der Schweiz eher verpönt.

Nicht das Gelbe vom Ei

Gar nichts mit Gentechnologie am Hut hat die Bio-Fastfoodkette Hitzberger. Auch hier kommt der Bio-Kunststoff zum Einsatz: Becher, Salatschalen, Besteck, Röhrli, alles besteht aus PLA. Das führt zu 20 Prozent höheren Verpackungskosten. Für eine bessere Umwelt nimmt der Bio-Take-Away das gerne in Kauf. Andy Schwarzenbach, Geschäftsführer von Hitzberger AG ist über die Neuigkeiten daher wenig erfreut. Man habe keine Ahnung gehabt, dass diese Becher ökologisch nicht das Gelbe vom Ei seien. «Wir waren der Meinung, dass pflanzliche Verpackungsmaterialien eine kluge Alternative zu Plastik sind. Wenn es aber neue Möglichkeiten gibt, sind wir sehr gerne bereit, umzusteigen.» Immerhin: Dank der umweltbewussten Hitzberger-Kunden gelangt der Bio-Kunststoff in die Wiederverwertung.

Die Ökobilanz

Eine Ökobilanz listet alle Umweltbelastungen auf, die ein Produkt über seinen gesamten Lebenszyklus verursacht. Sie ist ein Hilfsmittel, um das Lebenswegdenken für Produkte bezüglich den ökologischen Auswirkungen praktisch handhabbar und in Zahlen fassbar zu machen.

Die Methode erfasst alle wesentlichen Umweltbeeinträchtigungen von der Gewinnung der Rohstoffe über die Herstellung und den Gebrauch eines Produktes bis zu dessen Entsorgung.

Die Auseinandersetzung mit der Methode der Ökobilanzierung trägt dazu bei, das ganzheitliche Denken - in Wirtschaft, Verwaltung und Öffentlichkeit - zu vertiefen. Sie ergänzt die sektoriellen Ansätze im Umweltschutz wie Luftreinhaltung, Gewässerschutz, Bodenschutz, etc. (Bafu)

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