Seit einigen Jahren lebt und arbeitet Oswald Bentinck in der Schweiz. Anfang Jahr wollte er seinen Wagen übers Internet verkaufen: Einen vierjährigen VW Touareg Geländewagen. Wert: rund 35‘000 Franken. Bald schon meldete sich ein Marco Sala als ernsthafter Interessent. Sala verlangte, dass der Wagen vor dem Verkauf bei einer Autogarage durchgecheckt werde.
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Man einigt sich: Die Volkswagenvertretung Gloor in Gontenschwil soll die Garage des Vertrauens sein. Bentinck bringt den Wagen persönlich vorbei, deponiert die Schlüssel und schickt die Fahrzeugpapiere eingeschrieben an die Garage.
Oswald Bentinck wird misstrauisch, denn die Zahlung verzögert sich: Sala vertröstet und laviert, die Zahlung sei soeben gemacht worden, das Geld bei ihm abgebucht. Doch es trifft nicht bei Oswald Bentinck ein. Dieser verliert nach einigen Tagen die Geduld. Er ruft die Garage nochmals an und meldet, Sala habe nicht bezahlt. Er komme den Wagen wieder holen. Die Antwort des Garagisten schockierte ihn: «Man sagte mir, ‹oh, Entschuldigung, Herr Sala hat den Wagen gestern geholt›.» So fragte ich: ‹Warum habt ihr ihm den Wagen gegeben?› Die Antwort, die ich bekam, war: ‹Keine Bange, Sie bekommen ihr Geld, wir kennen ihn aus dem Dorf›», berichtet Oswald Bentinck.
Autogarage lehnt eine Haftung ab
«Kassensturz» besuchte die Garage Gloor und wollte wissen, warum sie das Auto ohne Oswald Bentincks Einverständnis herausgegeben hatte. Doch der Chef und die Angestellten wollen sich nicht äussern. Stattdessen schreibt der Anwalt per E-Mail, es sei gar nicht klar, wer damals den Wagen gebracht habe. Zudem habe Marco Sala den Auftrag für den Fahrzeug-Check gegeben. Und: Es habe keine verbindliche Abmachung mit Oswald Bentinck gegeben betreffend der Herausgabe des Fahrzeugs.
Oswald Bentinck widerspricht vehement: «Es war 100-prozentig klar für die Garage, denn ich schaute den Wagen zusammen mit dem Garagisten an. Ich sagte ihm unmissverständlich, er soll den Wagen nicht herauszugeben, bis ich bestätige, dass ich das Geld bekommen habe!»
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Doch wo ist Oswald Bentincks Wagen? Marco Sala tauchte ab und mit ihm das Fahrzeug. Im Internet findet Oswald Bentinck Warnungen vor Marco Sala. Dieser sei ein notorischer Betrüger und entwende Autos. Weitere Geschädigte schicken Polizei-Akten. Daraus geht hervor: Marco Sala wurde mehrfach wegen Betrugs zu Gefängnisstrafen verurteilt und ist hoch verschuldet.
Einen Steinwurf von der Garage Gloor entfernt wohnt Marco Sala. «Kassensturz» will von ihm wissen, wann er Oswald Bentinck endlich das Geld für den Wagen gibt. Vergeblich. Ein Nachbar berichtet, Marco Sala sei ein paar Tage zuvor von der Polizei abgeholt worden.
Schon wenige Tage nachdem er mit dem Auto verschwunden war, wird Oswald Bentinck im Internet fündig. Das Fahrzeug wechselte innerhalb kurzer Zeit viermal die Hand, stand mal in Schlieren bei Auto Issa und jetzt in Volketswil bei Auto Eberhard. Die Garage bietet sein Auto zum Kauf an.
Mit dem eigenen Wagen auf Probefahrt
Oswald Bentinck gibt sich für «Kassensturz» als Interessent aus. Er will eine Probefahrt machen – mit seinem eigenen Auto, das ihm Marco Sala abgeluchst hat. Ein erster Augenschein bestätigt Oswald Bentinck: Der Wagen ist noch genau so, wie er ihn der Garage Gloor anvertraut hatte: Die Winterreifen sind noch drauf, die Scheuerstellen des Kindersitzes an der Rückbank und die kleine Beule an der hinteren Stossstange ebenfalls noch da.
«Kassensturz» hat mit Auto Eberhard gesprochen. Der Garagist sagt, er kenne die Vorgeschichte des Fahrzeugs nicht. Er habe es von einer anderen Autogarage rechtens erworben. Das Auto gehöre ihm.
Für «Kassensturz»-Rechtsexpertin Gabriela Baumgartner sind die Ausführungen von Herrn Bentinck plausibel. Für sie ist klar: Die VW-Vertretung Gloor habe mit dem Wagen von Oswald Bentinck auch Sorgfaltspflichten übernommen und kann somit haftbar gemacht werden für den Schaden, der Oswald Bentinck entstanden ist. Sie begründet: « Die Garage hat entgegen Oswald Bentincks Anweisungen gehandelt. Er hat klar gesagt, das Auto dürfe nicht herausgegeben werden. Das haben sie nicht befolgt. Und zweitens ist es aber auch so, dass die Garage gewusst hat, dass Herr Bentinck Eigentümer ist und nicht Herr Sala. Und ohne ein Einverständnis eines Eigentümers darf man gar kein Eigentum herausgeben. Aus diesem Grund kann man sagen, die Garage hat fahrlässig gehandelt und die Sorgfaltspflichten missachtet. Und darum haftet sie.»
Nachdem sich «Kassensturz» eingeschaltet hat, haben sich Oswald Bentinck und die Garage Gloor geeinigt. Es sei eine Lösung gefunden worden, nämlich dass beide Parteien vorläufig gemeinsam den Schaden tragen, bis Marco Sala zur Verantwortung gezogen wird. Die Garage bestreitet alle Vorwürfe und betont überdies: «Oswald Bentinck und die Garage Gloor AG sind beide Opfer des Herrn Marco Sala.»