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Umwelt und Verkehr Ikea-Tochter rodet schützenswerten Wald

Die borealen Wälder in Russland spielen für das Erdklima eine sehr wichtige Rolle. Trotzdem rodet die Ikea-Tochter Swedwood für ihre Muttergesellschaft riesige Flächen kahl. Und das mit dem Segen der Zertifizierungsstelle FSC.

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Sie sind nicht nur wunderschön anzusehen, sondern auch unverzichtbar für den Erhalt des Erdklimas: Die borealen Wälder Russlands, südlich der Tundra.

Das Problem: Lediglich ein Fünftel dieser Wälder sind noch Urwälder. Und sie werden immer weniger. Jährlich werden mindestens 150 Quadratkilometer nur schon im europäischen Teil Russlands zerstört. Nach einem Eingriff erholen sich die borealen Wälder nur sehr langsam.

Die russische Republik Karelien, nahe der Grenze zu Finnland, ist noch voll von solchen Wäldern. Doch das könnte sich ändern. Die Ikea-Tochter Swedwood Karelien hat hier rund 300‘000 Hektaren Wald gepachtet. Eine Fläche, fast doppelt so gross wie der Kanton Zürich. Von hier aus beliefert Swedwood den Möbelriesen Ikea mit Hölzern von hoher Qualität. Doch: Ausgerechnet in diesem Gebiet befinden sich besonders schützenswerte Waldgebiete.

Schützenswerte Wälder werden kahlgerodet

Nichtsdestotrotz bewirtschaftet die Ikea-Tochter die gepachteten Wälder schonungslos mit grossen Maschinen, die alles kahlschlagen. Das ist viel kostengünstiger, als nur einzelne Bäume von Hand zu fällen. Pro Tag schafft eine Fällmaschine rund 800 Bäume. Zurück bleibt der totale Kahlschlag.

Bagger in Wald
Legende: Fällmaschinen hinterlassen ein Bild der Zerstörung SRF

«Kassensturz» wollte sich zusammen mit dem deutschen Konsumentenmagazin «Plusminus» vor Ort ein Bild machen. Auf dem Gelände wurde das Kamerateam von einem Wachmann abgewimmelt, konnte aber ohne Erlaubnis weiterfilmen – und wurde bald fündig: Die für das Klima so wichtigen Waldbestände werden schonungslos zerstört. Und noch schlimmer: GPS-Aufnahmen belegen, dass Swedwood Karelien auch besonders schützenswerte, alte Wälder einfach kahlrodet.

Russland als wichtiger Ikea-Lieferant

Das ist für den Naturschutz verheerend, wie Waldexpertin Asti Roesle vom Greenpeace-Büro in Moskau erklärt: «Die Swedwood-Wälder sind so genannte besonders schützenswerte Wälder. Das heisst, es hat dort eine sehr hohe Anzahl seltener Pflanzenarten, die auf der roten Liste stehen. Und in Russland müssen laut Gesetz Arten, die auf dieser Liste stehen, geschützt werden.»

Das Holz dieser Wälder gelangt auch in die Schweiz, zu Ikea. Rund 15 Millionen Einkaufswillige besuchen die Möbelausstellung jedes Jahr. Russland gehört bei Ikea zu den drei wichtigsten Holzlieferanten weltweit.

Der Möbelriese verspricht hohe Umweltstandards, auch in Sachen Holz. So heisst es zum Beispiel im Ikea-Nachhaltigkeitsbericht: «Ikea akzeptiert kein illegal geschlagenes Holz oder Holz aus intakten Naturwäldern.» Hinzu kommt: Die Ikea-Tochter Swedwood besitzt ein FSC-Zertifikat. Das heisst, sie dürfte in besonders schützenswerten Wäldern nur nach nachhaltigen Kriterien Holz fällen. Doch die Kahlschlag-Bilder aus Karelien zeigen etwas anderes.

Ikea und FSC wollen über die Bücher

«Kassensturz» zeigte sie David Affentranger von Ikea Schweiz. Er rechtfertigt sich: « Ich möchte nochmals ganz klar festhalten, dass Ikea kein illegal geschlagenes Holz und Holz aus intakten Naturwäldern akzeptiert. Zudem ist unsere Swedwood-Fabrik in Karelien erst FSC-zertifiziert worden und erst vor kurzem von FSC überprüft und als gut befunden worden.» Affentranger ergänzt, dass man diese Vorwürfe selbstverständlich ernst nehme. Ikea werde daher diese mit Swedwood und mit einem externen Zertifizierer überprüfen. «Falls es wirklich zu Unregelmässigkeiten gekommen ist, dann werden wir sofort handeln.»

Ikea-Logo
Legende: Das wertvolle Holz gelangt auch zu Ikea Schweiz SRF

Auch FSC International will aufgrund der Vorwürfe den Fall Swedwood noch einmal überprüfen lassen. Die Zertifizierungsstelle streitet aber gar nicht erst ab, dass die Ikea-Tochter besonders schützenswerte Wälder kahlrodet. Sie schreibt «Kassensturz»: «Tatsächlich schützt Swedwood Karelien bis zu 35 Prozent der Wälder mit hohem Erhaltungswert. Das ist mehr als alle anderen Firmen in Karelien.» Zu Deutsch heisst das: Unter dem Deckmantel der FSC schlägt die Ikea-Tochter 65 Prozent der akzeptierten schützenswerten Wälder einfach kahl.

«Korruption schlägt sich auch auf FSC nieder»

Kann man sich auf dieses Zertifikat überhaupt noch verlassen? Asti Roesle von Greenpeace meint dazu: «Wir beobachten, dass Firmen in intakte und besonders schützenswerte Waldgebiete eindringen und dieses Holz dann als ökologisch auf dem europäischen Markt verkaufen wollen.» Dabei müsse man bedenken, dass Russland stark von Rechtlosigkeit und Korruption geprägt sei. «Und das schlägt sich auch im FSC-System nieder.»

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