Phosphordünger enthält zu viel giftiges Kadmium. Das zeigen Marktkontrollen des Bundesamts für Landwirtschaft (BLW). In Zusammenarbeit mit den Kantonen liess der Bund 44 phosphorhaltige Mineraldünger auf Schwermetalle untersuchen.
Die Resultate sind alarmierend: Nur 24 der 44 Dünger hielten den gesetzlichen Grenzwert ein. Fünf weitere Dünger überschritten den Kadmium-Grenzwert knapp. 15 der 44 getesteten Dünger enthielten deutlich mehr Kadmium als vom Gesetz erlaubt, das ist ein Drittel.
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Jeder dritte Phosphor-Dünger ist illegal
Der zuständige Abteilungsleiter beim BLW, Samuel Vogel, sagt dazu: «Das ist kein gutes Resultat. Diese Dünger hätten nicht verkauft werden dürfen.» Welche Firmen gegen das Gesetz verstossen haben, geben die Behörden nicht bekannt.
Klar ist aber: Das Problem betrifft nicht nur einzelne schwarze Schafe. Rund die Hälfte der getesteten Firmen brachten illegalen Dünger auf den Markt.
Das Problem ist der Phosphor. Der wertvolle Rohstoff ist je nach Herkunft mehr oder weniger mit Kadmium belastet, das natürlicherweise im Gestein vorkommt. Weltweit grösster Phosphor-Lieferant ist Marokko. Die Erde in Marokkos Phosporminen gilt als besonders kadmiumhaltig.
Mit dem Dünger gelangt Kadmium aus Phosphorminen auch auf Schweizer Äcker. Besonders Gemüse, Kartoffeln und Getreide nehmen Kadmium auf. So gelangt das Schwermetall auch in die Nahrung.
Kadmium ist ein Langzeit-Problem
Der Human-Toxikologe Rex Fitzgerald sagt, Kadmium könne die Nieren schädigen: «Nach Aufnahme versucht der Körper das Schwermetall auszuscheiden. Doch es sammelt sich in der Niere an. Auf Dauer geht so die Filterfunktion der Nieren kaputt.» Deshalb gibt es einen Grenzwert.
Auch in Böden und in Sedimenten baut sich Kadmium schwer ab. Ein Langzeit-Problem für Bauern, die den Dünger ausbringen. Martin Rufer vom Bauernverband erfährt von «Kassensturz» von den jüngsten Grenzwert-Verletzungen beim Phosphor-Dünger.
Er fordert die Düngerindustrie zum Handeln auf: «Es darf nicht sein, dass uns Dünger verkauft wird, der nicht den schweizerischen Vorschriften entspricht. Wir wollen Sorge tragen zum Boden. Fruchtbare Böden sind das Kapital der Landwirtschaft», so Martin Rufer.
Problem seit langem bekannt
Besonders stossend: Das Problem ist den Behörden und der Düngerindustrie seit Langem bekannt. Schon 2002 kontrollierten die Kantone Phosphor-Dünger. 37 Prozent verletzten damals den Grenzwert. Verstösse gab es auch 2004 in der letzten Marktkontrolle des Bundes. Die Resultate wurden aber nie publiziert.
Samuel Vogel vom BLW räumt ein, dass die Aufsicht strenger werden muss. Der Bund plant weitere Marktkontrollen und will den Kadmium-Grenzwert besser durchsetzen. «Die Kantone müssen risikobasiert mehr kontrollieren und Verstösse sanktioneren. Da ist bisher einiges schiefgelaufen.»
Dünger-Industrie wiegelt ab
Vor allem in der Pflicht sei nun aber die Düngerbranche. Bund, Kantone und Industrie haben ein Konzept für verbesserte Kontrollen in den Betrieben ausgearbeitet. Die Kantone wollen die Umsetzung dieser Selbstkontrollen abwarten und dann wieder selbst Dünger testen.
Der Interessenverband der Dünger-Branche, Agricura, relativiert die Gesetzesverstösse. Nur Spezialdünger hätten die Grenzwerte verletzt. Auch der grösste Düngerimporteur, die Fenaco-Tochter Landor, sagt, nur zwei Spezialprodukte hätten die Grenzwerte leicht überschritten.
Industrie: «Grenzwert ist zu tief»
Für die Industrie ist der Grenzwert das Problem: «Wir sind noch sehr weit weg von den europäischen Grenzwerten», sagt Heinz Mollet von der Fenaco. Die Schweizer Grenzwerte verunmöglichten die Beschaffung von gesetzeskonformem Spezialdünger teilweise, schreibt auch Agricura-Geschäftsführer Max Zulliger.
Er fordert weniger strenge Gesetze: «Die Düngerbranche setzt sich schon seit Jahren dafür ein, dass die europäischen Kadmium-Grenzwerte auch für die Schweiz Gültigkeit haben sollen und sie wird sich auch weiterhin dafür einsetzen.»
Bund hält an Grenzwert fest
Samuel Vogel vom BLW betont, es handle sich sehr wohl um ein Branchenproblem. Die Kontrollen der Behörden deckten den Markt ab. Für den Bund kommt ein weniger strenger Grenzwert nicht in Frage – aus Vorsorge: «Es besteht die Gefahr, dass sich das Kadmium anreichert im Boden und dass es höhere Gehalte in Nahrungsmitteln geben könnte.» Es sei viel günstiger, heute sauberen Dünger auszubringen, als später mögliche Umwelt- und Gesundheitsschäden zu beheben.
Die Verletzung der heutigen Kadmium-Grenzwerte stelle kein unmittelbares Gesundheitsproblem für die Bevölkerung dar. Zu diesem Schluss kommt der Toxikologe Rex Fitzgerald. Aber: Risikogruppen, wie etwa Kinder oder Raucher, seien sowieso schon viel Kadmium ausgesetzt. Deshalb sei es wichtig, dass möglichst wenig Kadmium in die Umwelt gelangt.