«Das ist ein absoluter Affront mir gegenüber», nervt sich «Espresso»-Hörer Jürgen Tschanz. Weil er geschäftlich während eines halben Jahres vermehrt unterwegs ist, wollte er das Monats-GA der SBB beziehen. In einem Brief teilte ihm das Bahnunternehmen jedoch mit, dass er die Bonitätsprüfung nicht bestanden hätte.
«Für eine Hypothek und einen Leasing-Vertrag reicht meine Bonität aus – für ein Monats-GA der SBB aber nicht?» Jürgen Tschanz kann das nicht verstehen. Als er beim GA-Center in Brig nachfragt, kann er es kaum glauben. Er sei beim Inkassobüro Intrum Justitia registriert. Deshalb bekomme er das Generalabonnement nicht. Er solle sich direkt mit Intrum Justitia in Verbindung setzen.
Seit Jahren Ärger mit Intrum Justitia
Service:
Er wisse, dass er bei Intrum Justita registriert sei. Allerdings für Forderungen, die nicht gerechtfertigt seien. «Ich wurde auch nie von Intrum Justitia betrieben. Ein Beweis, dass diese sechs Jahre alten Forderungen ungerechtfertigt sind», erklärt sich Tschanz. Er könne denn auch nicht verstehen, dass sich die SBB auf diese Datenbank der Intrum Justita stützen.
Auch «Espresso»-Hörerin Michelle Haller hat aufgrund einer Intrum Justitia Bonitätsprüfung der SBB Probleme. Aber: Weil sie nicht registriert ist. «Aufgrund der durchgeführten Adressprüfung durch Intrum Justitia AG können wir Ihren Antrag nicht ausführen», heisst es im Schreiben der SBB. Die Solvenz sei zwar positiv geprüft worden. Allerdings könne die Inkassofirma die Adresse, an der sie lebe, nicht bestätigen.
«Probleme, weil ich nicht registriert bin»
Michelle Haller schüttelt den Kopf. «Ich bin solvent und nicht bei einem Inkassobüro registriert. Und deshalb soll ich das Monats-GA nicht erhalten? Das ist doch absurd.» Die «Espresso»-Hörerin ist seit mehreren Jahren Kundin der SBB. Seit fünf Jahren hat sie Jahr für Jahr das GA bezahlt. Im Moment, in dem sie das GA monatlich bezahlen möchte, gibt es Probleme.
Bonitätsprüfung ausgelagert
Eigentlich seien die SBB an einer unmittelbaren Barbezahlung interessiert, heisst es vom Bahnunternehmen. Aufgrund der Möglichkeit, dass das Generalabonnement auch monatlich bezahlt werden kann, sei eine Bonitätsprüfung zwingend. Grund sei das Plastikkärtchen, welches aus Kosten- und Effizienzgründen für zwölf Monate ausgestellt werde.
Angesprochen auf die umstrittene Datensammlung des Inkassobüros Intrum Justitia, geben die SBB die Verantwortung ab. Sie habe die Aufgabe der Bonitätsprüfung ausgelagert. «Unser Vertragspartner ist die Swiss Post Solutions und nicht Intrum Justitia», erklärt sich die SBB gegenüber dem Konsumentenmagazin «Espresso» auf Radio SRF1. Die Tochterfirma der Schweizerischen Post bezieht die Daten jedoch beim umstrittenen Inkassobüro.
Kunden ziehen Konsequenzen
Auf die Frage, was sie Kunden sagt, die sich unter Generalverdacht gestellt sehen, schreiben die SBB: «Wir wollen nicht, dass Kunden einerseits in eine Zwangslage kommen und andererseits eine Überschuldung eintreten könnte.» Als Lösung bei einer negativen Bonitätsprüfung schlagen die SBB vor, eine andere Rechnungsstellungsadresse anzugeben.
Für «Espresso»-Hörer Jürgen Tschanz ist indes klar: «An mir gewinnt die SBB nach diesem Debakel bestimmt keinen neuen Kunden.»