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Umwelt und Verkehr Sushi-Boom fördert Überfischung der Meere

Im letzten Jahr wurden in der Schweiz 9,1 Kilogramm Fisch pro Kopf gegessen. Ein neuer Rekord. Dazu trägt auch der Sushi-Boom bei. Die japanischen Fisch-Häppchen werden immer beliebter. Die Beliebtheit von Sushi beschleunigt aber die Überfischung der Meere.

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In immer mehr Schweizer Städten haben in den letzten Jahren Sushi-Restaurants eröffnet. Der japanische Sushi-Koch Kentaro Onishi arbeitet seit 10 Jahren im Restaurant Ginger in Zürich, einer der ersten Sushi-Bars im Land. Besonders beliebt bei den Schweizer Gästen seien die Sushi-Varianten Nigiri, Maki und Uramaki. Anders als in Japan verwende er in der Schweiz aber weniger Fischsorten. «Hier brauche ich vor allem Thun, Lachs, Kingfish und Crevetten.»

20 000 Sushi-Portionen pro Tag

Sushi sind auch zum Mitnehmen beliebt. Produziert werden diese in industriellen Sushi-Betrieben. Sushi Mania in Vuadens (FR) etwa bereitet pro Tag 20 000 Sushi-Portionen zu. Um solche Mengen zu bewältigen, werden auch Maschinen eingesetzt.

Die Take-Away-Sushi sind maximal 2 Tage haltbar. Der Grund: Sie werden auf 0 bis 2 Grad gekühlt. «Bei diesen tiefen Temperaturen hat der Reis die Tendenz auszutrocknen und härter zu werden», sagt Marc Durst, Direktor von Sushi Mania. «So verliert das Produkt mit der Zeit an Geschmack.»

Sushi-Boom beschleunigt Überfischung

Die Fischhäppchen kommen bei den Konsumenten immer besser an. Coop konnte in den letzten 12 Monaten den Absatz auf 90 Tonnen verdoppeln. Migros verkaufte letztes Jahr gar 100 Tonnen.

Dieser Boom ist schlecht für die Fische. «Man weiss, dass bereits 4 von 5 Fischen weltweit überfischt sind oder kurz davor stehen», sagt Mariann Breu, Fischerei-Expertin bei WWF Schweiz. «Sushi trägt natürlich ganz klar zu diesem Problem bei.»

Blauflossenthun vor dem Aussterben

Besonders bedroht ist der Blauflossenthun, auch Roter Thun genannt. Wegen der extremen Befischung ist sein Bestand im Atlantik und im Mittelmeer in den letzten 40 Jahren um mehr als 80 Prozent geschrumpft. Er steht sogar kurz vor dem Aussterben.

Die Schweizer Grossverteiler verzichten inzwischen auf den Verkauf von Blauflossenthun. Stattdessen bieten sie Gelbflossenthun an. Auch dieser ist aber nicht unproblematisch. «Beim Gelbflossenthun kommt es darauf an, woher er kommt und mit welcher Methode er gefischt wurde», so Mariann Breu.

Noch kaum nachhaltiges Sushi bei Grossverteilern

Bei Coop macht das Angebot an nachhaltigem Frisch- und Tiefkühlfisch inzwischen insgesamt ein Drittel aus. Beim Sushi sind es erst 5 Prozent. «Wir wollen den Anteil an Bio- und MSC-Sushi stark ausbauen», sagt Christian Guggisberg, Leiter Einkauf Food bei Coop. Das MSC-Label steht für nachhaltig gefischten Fisch aus Wildbeständen. Allerdings sei es schwierig, die gewünschten Mengen an nachhaltigem Thunfisch zu beschaffen, so Guggisberg.

Migros bietet gar keine nachhaltigen Sushi an. «Unser Lieferant ist aktuell daran, sein Sortiment umzustellen», verspricht Martina Bosshard von Migros. Dann werde man die Bio- und MSC-Label auch auf den Sushi der Migros finden.

Umstrittene Labels

Auch Globus bietet keine nachhaltiges Sushi an. Das sei aber in Planung, so Globus. Bei Manor sind 60 Prozent des Sushi-Angebotes mit nachhaltigem Fisch produziert. Manor verwendet dafür Fisch mit dem Label «Friend of the Sea» (FOS).

Sowohl MSC wie auch FOS sind aber nicht über jeden Zweifel erhaben. Umweltschutz-Organisationen bemängeln, dass MSC auch die Befischung von Beständen zulasse, die stark geschrumpft seien. Ausserdem erlaube MSC umstrittene Fangmethoden wie Schleppnetze. Bei FOS wird eine mangelnde Transparenz kritisiert.

Grosse Unterschiede in der Gastronomie

Verwenden Sushi-Restaurants Thun, Lachs und Kingfish aus nachhaltiger Produktion? «Kassensturz» wollte es genauer wissen und befragte dazu 22 Restaurants. Einzig die Sushi-Bar TomTom in Winterthur gibt an, überhaupt keinen nachhaltigen Fisch anzubieten. Dies entspreche keinem Kundenbedürfnis, so die Begründung.

10 Sushi-Restaurants sagen, teilweise bis mehrheitlich zertifiziert nachhaltigen Fisch zu verarbeiten. 10 weitere Betriebe erklären, dass sie ausschliesslich nachhaltigen Fisch verwenden. Die Angaben lassen sich allerdings kaum überprüfen.

Im Zweifelsfall nachfragen und verzichten

«Im Hinblick auf die Überfischung sollte man Fisch nicht alltäglich geniessen», rät WWF-Expertin Mariann Breu. Beim Einkauf oder im Restaurant sollte man darauf achten, keine überfischte Art zu wählen. Bei Zuchtfischen empfiehlt sich das Bio-Label. Eine gute Wahl seien Fische aus Schweizer Gewässern. «Schweizer Süsswasserfische sind nicht überfischt, und man kann sie bedenkenlos geniessen», so Breu.

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