Daunen sind kleine Wunder der Natur: Die feinen Federn wachsen unter dem äusseren Federkleid, bilden also quasi die Unterwäsche der Vögel. Sie halten im Sommer Hitze ab, im Winter schützen sie vor Kälte. Und wegen dieser Eigenschaften sind insbesondere Gänsedaunen ein beliebter Rohstoff. Sie werden vor allem für Bettwaren verwendet, stecken aber auch in Schlafsäcken und Jacken.
«Von toten Tieren»
So angenehm Daunenprodukte sind, so heikel ist vielfach deren Hintergrund: Unternehmen, die Daunen verarbeiten, sagen zwar fast unisono, sie würden nur Daunen toter Tiere verwenden – Tiere, die zur Fleischproduktion geschlachtet worden seien.
Tierschützer sehen in diesem Versprechen aber einen Haken: Es schliesse nicht aus, dass die Tiere vor der Schlachtung mehrmals lebend gerupft worden sind. Denn Daunen wachsen nach und so kann ein Bauer die Daunen einer Gans mehrmals verkaufen.
Und tatsächlich: Im Namen des Verbandes der Schweizer Bettwarenfabrikanten bestätigt Sandro Corpina, Geschäftsführer von Billerbeck, es sei möglich, dass die Gänse vor der Schlachtung lebend gerupft worden seien. «Diese Kontrolle können wir nicht übernehmen. Sie müsste über die Fleischproduzenten gemacht werden.»
Unübersichtliche Lieferkette
Derzeit wissen Bettwarenfabrikanten also kaum, woher die Daunen stammen, die sie verarbeiten. Sie kontrollieren ihre Lieferkette ab Schlachthof. Es sei nicht möglich, die gesamte Lieferkette bis zum Schlüpfen der Küken zurück zu kontrollieren, sagt Sandro Corpina dem Konsumentenmagazin «Espresso» von Radio SRF 1.
Zu tun habe dies mit der riesigen Menge an Daunen, die in der Bettwaren-Industrie verarbeitet werde. «Tausende von Farmen bringen ihre Tiere in die Schlachthöfe, wo sie geschlachtet werden. Dort fallen die Daunen als Nebenprodukt der Fleischproduktion an.» Die Schlachthöfe verkaufen die Daunen weiter an Zwischenhändler, welche sie wiederum an die Bettwarenfabrikanten verkaufen.
Laut Sandro Corpina gibt es bislang nur einzelne Fabrikanten, die rückverfolgbare Produkte in ihrem Sortiment haben. Also etwa eine Bettdecke oder ein Kopfkissen, bei denen der Fabrikant nachweisen kann, von welchen Farmen die darin enthaltenen Daunen stammen. «Das geht nur dann, wenn ganz spezifische Prozesse definiert werden – mit spezifischen Farmen.»
Kommt bald ein Label?
Immerhin: Die Branche scheint erkannt zu haben, dass die aktuelle Situation problematisch ist. So gebe es derzeit europaweit die Bemühung, ein Label zu schaffen, berichtet Sandro Corpina. Dieses soll Kundinnen und Kunden versichern, dass die Herkunft der Daunen dem Fabrikanten bekannt ist. Der Billerbeck-Geschäftsführer hofft, dass dieses bis in zwei Jahren umgesetzt ist.
Etwas zurückhaltender ist der Europäische Verband der Bettfedern- und Bettwarenindustrie (EDFA). Dort heisst es auf Anfrage, man versuche mit verschiedenen Systemen die Rückverfolgbarkeit der Daunen sicherzustellen. Ob das aber gelinge, sei ungewiss.
Einzelne Vorreiter im Outdoor-Bereich
Deutlich weiter sind einzelne Outdoor-Marken. So kontrolliert etwa das schwedische Unternehmen Fjällräven die komplette Lieferkette seiner Daunenjacken. Auch Schöffel oder Patagonia kennen entsprechende Kontrollen.
Weniger Transparenz herrscht im klassischen Modebereich : Zwar versichern auch hier praktisch alle Unternehmen, die Daunen für Daunenjacken stammten von toten Tieren. Jedoch verlassen sich dabei die meisten auf Angaben von Lieferanten. Nun scheint aber Bewegung in die Branche zu kommen: So hat sich beispielsweise H&M dem sogenannten Responsible Down Standard verpflichtet – ein Label, bei welchem die gesamte Lieferkette kontrolliert wird.